TagesKolumne: Hygge
Meines Wissens nach hat noch niemand richtig beantworten können, was ihr Geheimnis ist: Warum sind die Dänen immer so entspannt und gemütlich? Lifestyle-Ratgeber behaupten, dass es an den vielen Kerzen liege, an den begnadeten Designern, an diesem oder jedem Zimtschnecken-Rezept. Aber da Sie gerade den Rundblick lesen und nicht die „Living at Home“, stimmen Sie mir vielleicht zu, dass noch mehr dahinterstecken muss. Neulich startete die Techniker Krankenkasse einen neuen Erklärungsversuch. Zu ihrem Herbstempfang hatte sie Olaf Meyer, Senior Commercial Advisor Health an der Königlichen Dänischen Botschaft in Berlin, eingeladen. Bei dieser Gelegenheit outete sich auch Gesundheitsminister Andreas Philippi als Hygge-Fan. „In Dänemark glaubt man von den Politikern, dass sie es gut mit einem meinen“, seufzte er. Guter Punkt, würde ich sagen. Davon können Politiker im Rest der Welt tatsächlich nur träumen. Philippi zeigte sich bei der Gelegenheit hoffnungsvoll, seine Kabinettskolleginnen und -kollegen überzeugen zu können, dass der Bundesgesundheitsminister es gut mit uns meint – und die Krankenhausreform im Bundesrat durchzuwinken.
In Dänemark, erklärte Olaf Meyer, gibt es keine gesetzlichen Krankenversicherungen. Das Gesundheitswesen wird vom Steuerzahler finanziert und von den Kommunen gewuppt. Denen gelingt es, die Kosten niedrig zu halten: durch eine sagenhaft kurze Verweildauer im Krankenhaus, durch konsequente Digitalisierung und ein System von „Familienärzten“. Dabei wird jedem Dänen bei der Geburt ein Arzt zugeteilt, den er mit jedem Anliegen zuerst aufsuchen muss, bevor er gegebenenfalls zum Spezialisten gehen darf. Ich war geneigt, das prima zu finden. Die Schleswig-Holsteinerin neben mir rutschte nervös auf ihrem Stuhl. Wenn man das System kennt, sei nicht alles so rosig, erzählte sie. Die Krankenhäuser in der Fläche wurden rigoros geschlossen. Und wer sagt, dass man sich bei dem zugeteilten Familienarzt auch gut aufgehoben fühlt? Vielleicht hat das Geheimnis der Dänen damit zu tun: einfach mal Dinge so zu nehmen, wie sie sind, auch wenn das längst nicht optimal ist. „Regierungen können wechseln“, sagte Olaf Meyer. „Aber die Dänen halten an ihrem Gesundheitssystem fest.“
Da wir hier aber nicht in Dänemark sind, verraten wir Ihnen heute wieder, wer in Niedersachsen was gar nicht optimal findet. Ob Sie damit leben können, müssen Sie selbst entscheiden:
- Kommunale Unternehmen sollen eine Gleichstellungsbeauftragte samt Vertreterin einstellen. Kommunalvertreter finden das überflüssig und teuer.
- Das organisierte Verbrechen ist digital höchst aktiv, doch dem Staat sind im Netz die Hände gebunden, kritisiert Innenministerin Daniela Behrens.
- Die Krankenhausreform hat ihre Schwächen. Warum der Bundesrat sie trotzdem passieren lassen sollte, erklärt Klaus Wallbaum.
Ich wünsche Ihnen einen hyggeligen Dienstag!
Ihre Anne Beelte-Altwig
Dieser Artikel erschien am 19.11.2024 in der Ausgabe #204.
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