3. März 2025 · 
TagesKolumne

TagesKolumne: Glogo Helau!

All jene, in deren Haushalt kleine Kinder leben, haben sich vermutlich schon gut vorbereitet auf diesen Montag, den 3. März. Da heißt es nämlich in vielen Familien: Früher raus aus den Federn. Es ist „Rosenmontag“ – und das heißt: In vielen Kindergärten oder Grundschulen müssen die Kleinen heute verkleidet erscheinen. Als Prinzessin, Fee, Pirat oder – ganz ulkig – als Bundeskanzler. Das Anlegen des Kostüms und das Schminken kostet Zeit. Rosenmontag in Niedersachsen? Diejenigen, die meinen, dass der Karneval doch eigentlich ins Rheinland gehört und nördlich von Hildesheim nichts verloren hat, geraten zunehmend ins Abseits. Denn mit der medialen Ausbreitung, die durch das Internet begünstigt wird, werden kulturelle Grenzen weniger wichtig. So wird in Norddeutschland Ende Oktober Halloween gefeiert – und im Februar oder März eben auch Fasching.

Karneval in Braunschweig (Foto aus 2020) | Foto: geogif via Getty Images

Nun gibt es einige Orte, in denen das viel ausgeprägter ist als andernorts. Rund um Hannover etwa leben viele Karneval-Muffel. Sie treffen sich zwar in Hallen, aber die Umzüge, die sind eher mäßig. In Damme am Dümmer hingegen fiebert der ganze Ort auf den Karneval hin, dort gehört das wie im Rheinland zum Leben dazu. Und dann ist da noch Braunschweig, die zweitgrößte Stadt des Landes, die mit Stolz darauf verweist, den „größten Karnevalsumzug Norddeutschlands“ zu veranstalten. Das hat, angesichts der beständigen Braunschweig-Hannover-Konkurrenz, immer auch etwas von Kräftemessen mit der Landeshauptstadt. Mögen die Hannoveraner den größten Schützenumzug der Welt haben – die Braunschweiger können zur Faschingszeit mit einem eigenen Superlativ mithalten.

Warum gerade Braunschweig? Schon im Mittelalter hat es den „Schodovel“ hier gegeben. Aber der richtige Aufschwung kam erst mit der Zeit, als Gerhard Glogowski, damals erst 33 Jahre alt, 1976 ehrenamtlicher Oberbürgermeister in Braunschweig wurde. Der Sozialdemokrat, der später Innenminister und für kurze Zeit auch Ministerpräsident wurde, stärkte zielstrebig und konsequent den Karneval-Gedanken in seiner Stadt. Sein Ziel war es, einen richtigen Umzug auf die Beine zu stellen. Er sprach Kindergärten und Schulen an, denn viel Publikum war nötig – und gerade die Kinder lassen sich leicht begeistern, wenn „Helau“ gerufen wird. Er holte die Karnevalsvereine an einen Tisch und motivierte sie – und er fragte die Unternehmer und Bankiers, die als Sponsoren unerlässlich waren. „Nach und nach“, berichtete Glogowski vor wenigen Jahren in der „Braunschweiger Zeitung“, hätten sich mehr und mehr Leute vom Karneval-Gefühl anstecken lassen. Anfangs, gestand Glogowski ein, habe er sogar die Besucherzahlen etwas manipuliert, um von wachsendem Zuspruch reden zu können. Irgendwann sei das dann gar nicht mehr nötig gewesen, der Umzug sei zum Selbstläufer geworden.

Und warum das alles? Gerade eingeschult, zog Glogowski 1950 als Siebenjähriger mit seinen Eltern nach Bonn. Sein Vater war der Fahrer der SPD-Größen Kurt Schumacher und Erich Ollenhauer, bei Herbert Wehner am Küchentisch hat er seine Schulaufgaben gemacht. Erst mit 19 hat Glogowski Bonn wieder verlassen – und damit ist klar: Seine Kindheit und Jugend war auch vom Karneval geprägt, er muss diese Zeit als intensiv und glücklich erlebt haben. Daraus wird das Bedürfnis gewachsen sein, dieses in seinem Erleben höchst angenehme Ereignis auch nach Braunschweig zu übertragen. Es ist ihm, zumindest ansatzweise, gelungen. Wie sagte er vor Jahren in dem Interview? „Die Braunschweiger sind genauso lustig wie die Bonner. Sie zeigen es nur nicht so gern.“

Womit wir nun bei den Themen des heutigen Rundblicks wären, die auch nicht gerade lustig sind:

  • Die versprochene Beschleunigung der Vergabe von EU-Fördermitteln kommt nicht so schnell wie erhofft voran. Bisher wurde 2025 noch kein Förderbescheid erteilt.


  • Die Kommunalfinanzen bleiben angespannt, wie aus Darstellungen der Landesbehörde für Statistik hervorgeht.


  • Die Behindertenbeauftragte Annetraud Grote ist ein Jahr im Amt. Anne Beelte-Altwig beschreibt, was sie bisher erreicht hat und was noch nicht.

Ich sage „Helau“ und „Alaaf“ – und freue mich insgeheim darauf, dass übermorgen schon wieder Aschermittwoch ist. Damit rückt der Frühling etwas näher.

Klaus Wallbaum

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #041.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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