Wer kennt das nicht: Da wollen Sie nur ein bisschen im Schicki-Micki-Club mit Ihren Kumpels abhängen, ein paar Flaschen Schampus schlürfen und feiern. Doch plötzlich spielt jemand einen italienischen Techno-Song und schwuppdiwupp grölen Sie alle zusammen ausländerfeindliche Parolen. Genau so ist es Moritz N. passiert, der gegenüber der „Bild“ betont, dass er „weltoffen und tolerant“ erzogen worden sei und „viele Freunde mit Migrationshintergrund“ habe. Moritz, das ist der vorurteilsfreie Kosmopolit aus dem Sylter Nazi-Skandal-Video, der mit der linken Hand den Hitler-Bart andeutet, während er die rechte zum Hitler-Gruß hebt.

Doch Moritz, der vom Alkohol betrogen wurde und aufgrund des Videos angeblich seinen Job verloren hat, ist nicht das einzige Opfer bei diesem Skandal. Auch die Betreiber des „Pony“-Clubs, in dem das Ganze stattgefunden hat, fühlen sich hintergangen. Schließlich hatte der Nobelschuppen bis dato ein fast perfektes Einlasskontrollsystem, um ausländerfeindliche Gäste draußen zu halten. Moritz und seine Freunde haben aber offenbar dessen einzige Schwäche ausgenutzt: „Die sahen aus, wie alle anderen. Die trugen keine Springerstiefel oder hatten Glatzen“, wird einer der Clubchefs in der „Bild“ zitiert. 

So weit ist es schon gekommen: Nach dem Nazi-Video-Skandal haben die Club-Betreiber ein Video veröffentlicht, um zu beweisen, dass nur ein sehr kleiner Teil der Gäste die ausländerfeindlichen Parolen gegrölt hat. | Quelle: Instagram

„Hätten wir die Gesänge mitbekommen, hätten wir sofort reagiert“, schreiben die Betreiber in einer Stellungnahme auf ihrer Homepage. Okay, dass in einem Club mit mehreren hundert Gästen eine Gruppe, die Nazi-Parolen brüllt, nicht zwangsweise dem Personal auffällt, ist nicht völlig unwahrscheinlich. Dass der DJ unter einer Million Songs aber ausgerechnet den Titel auswählt, der derzeit als Partyhit Nummer Eins der rechten Szene gilt, ist nicht so optimal. „Wir werden die Playlist der DJs vorher checken, ob Lieder einen Bezug zur rechten Szene haben“, verspricht der Clubchef nach dem Skandal in der „Bild“.

Die Qualität dieser Prüfungen will ich aber mal vorsichtig anzweifeln. Das zur Diskussion stehende „L’Amour toujours“ wird seit über einem halben Jahr von Rechtsextremen als „Remigrationshymne“ missbraucht, was in Schleswig-Holstein bereits im Januar 2024 zu einem Riesenskandal führte und auch darüber hinaus immer wieder in den bundesweiten Nachrichten thematisiert wurde. Die „Pony“-Betreiber versichern auf ihrer Homepage jedoch: „Uns war wirklich nicht bewusst, dass dieses Lied dermaßen in den Schmutz gezogen wird.“



Um Hass, Bildungsdefizite und Volksfeste geht es heute auch im Rundblick. Das sind die Themen der aktuellen Ausgabe:

Wo beginnt der Hass? In Göttingen laufen die Fäden bei der Bekämpfung von „Hass-Kriminalität“ in Niedersachsen zusammen. Oberstaatsanwalt Frank-Michael Laue berichtet, mit welchen Tricks die Täter den Ermittlern die Arbeit schwer machen.

Was ist Bildung wert? Die Träger der Erwachsenenbildung haben vor dem Landtag demonstriert, um auf die leeren Kassen im System hinzuweisen. Selbst voll ausgelastete Bildungsanstalten sind von Schließung bedroht.

Was wäre wenn? Auf dem Heimweg von einem Volksfest in Bodenfelde kam 1974 der CDU-Direktkandidat Günter Ludwig bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Für die Landtagswahl zwei Wochen später und die Landespolitik in Niedersachsen hatte diese Tragödie erhebliche Auswirkungen.


Einen skandalfreien Start in die Woche wünscht
Ihr Christian Wilhelm Link