TagesKolumne: Aber bitte mit Butter
Räumen Sie schnell ihre Tiefkühltruhe leer oder kaufen Sie sich besser noch gleich eine neue, um so viel Butter wie möglich einzufrieren. Denn das rahmige Hüftgold in spe ist so teuer wie noch nie in Deutschland und könnte nach Einschätzung von Experten sogar weiter im Preis steigen. „Ich rechne damit, dass der Preis die 3-Euro-Marke sprengt“, zitiert „Focus Online“ den Einkaufschef einer großen Supermarkt-Kette in Deutschland, der aufgrund der Sprengkraft seiner Prognose offenbar lieber anonym bleiben will. Butter ist schließlich nicht irgendein Lebensmittel, sondern gehört zusammen mit Benzin und dem Oktoberfestbier in den Warenkorb der Dinge, die die Volksseele besonders bewegen und deren aktuelle Preise lebenspraktische Politiker stets parat haben müssen.
Seit Sommer 2023 ist der Preis für das halbe Pfund Butter von 1,39 auf 2,39 Euro gestiegen. Je nachdem, wen Sie fragen, bekommen Sie für diesen rekordverdächtigen Preisanstieg unterschiedliche Erklärungsansätze: Die Ausbreitung der Blauzungenkrankheit, die anstehende Weihnachtszeit, die geringeren Butter-Importe nach Deutschland, die gestiegene Nachfrage nach Käse, die aktuelle Kursentwicklung der Kryptowährung Bitcoin oder das Erscheinen von Asteroid 2024 PT5 am Nachthimmel. Weil niemand wirklich weiß, wie sich der Butterpreis eigentlich zusammensetzt, funktioniert jeder dieser Erklärungsansätze eigentlich gleich gut – solange man nicht zu sehr ins Detail geht.
In den ZDF-„Heute“-Nachrichten am Sonnabend wurde Hans Foldenauer vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) nach den Gründen für die Preisexplosion gefragt. „Wir haben die Situation, dass die Menge der Milchanlieferungen rückläufig ist, wir liegen rund 2 Prozent unter der Vorjahresmenge. Dazu kommen niedrigere Fettgehalte in der Milch, was in der Summe dazu führt, dass das Angebot in der Butterproduktion niedriger ist als vor Jahresfrist“, erklärte der BDM-Sprecher. Die dazugehörige Erklärung, wie man von einer ganz normalen Fluktuation bei der Milchproduktion zu einem Rekordanstieg beim Butterpreis kommt, ist offenbar dem Schnitt zum Opfer gefallen. Vielleicht fehlt aber auch der Teil, wo Foldenauer erklärt, dass jede dritte Kuh in Deutschland nur noch heiße Luft statt Milch gibt. In den letzten 30 Jahren schwankte der durchschnittliche Fettgehalt in der Milch nämlich zwischen 4,08 und 4,22 Prozent. Dass dieser Durchschnittswert auf einen Wert fallen kann, der eine 40-prozentige Preiserhöhung bei der Butter begründen kann, wage ich zu bezweifeln.
Anders als die Butterpreisentwicklung ist der heutige Rundblick zu Ihrem Glück allererste Sahne. Das sind die Themen:
◼ Milchmädchenrechnung: Der Landesrechnungshof kritisiert die Haushaltspolitik der rot-grünen Landesregierung. „Das Land bleibt leider auf halber Strecke stehen“, kommentiert LRH-Präsidentin Sandra von Klaeden die Finanzplanung bis 2028.
◼ Die saure Milch der frommen Denkart: Die Universität Osnabrück hat den Abschlussbericht über die Fälle sexualisierter Gewalt im Bistum Osnabrück vorgelegt. Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass seit 1945 mehr als 400 Kinder missbraucht wurden.
◼ Die Kuh, die man melken will, muss man auch füttern: Das Kinderkrankenhaus Auf der Bult zählt zu den wichtigsten Kinderkliniken in Deutschland, schreibt aber trotzdem rote Zahlen. Gelingt dem neuen Finanzchef Stephen Struwe-Ramoth die finanzielle Sanierung des Hauses?
Einen fettarmen Start in die Woche wünscht
Ihr Christian Wilhelm Link
Dieser Artikel erschien am 07.10.2024 in der Ausgabe #173.
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