Fünf Finanzminister hat er in seiner Zeit erlebt – und dazu etliche schwierige Situationen, etwa rund um die Nord/LB. Zum Abschied blickt Thomas Mang, der Präsident des Sparkassenverbandes Niedersachsen (SVN), auf seine 22-jährige Amtszeit zurück.

Rundblick: Der SVN ist immer einer der größeren Träger der Nord/LB gewesen – und Sie selbst haben etliche schwierige Situationen in der Landesbank mitgemacht. Wie würden Sie die Rolle Ihres Verbandes beschreiben?
Mang: Ja, es gab mehrere schwierige Momente. 2004 hatten die niedersächsischen Sparkassen 1,1 Milliarden Euro mobilisiert mit dem Ziel, einen Gleichstand der Beteiligungen mit dem Land Niedersachsen zu bekommen. Das gelang zwar, aber wenige Jahre später konnten wir an einer weiteren Kapitalerhöhung nicht mitwirken – und das Land wurde wieder stärker. Ich würde rückblickend sagen, dass wir Sparkassen immer eher auf die Bremse getreten haben, wenn es um Kosten und Risiken geht – mit Blick auf die Leistungsfähigkeiten unserer Mitglieder.
Rundblick: Die leidigen Schiffskredite haben alles verhagelt, oder?
Mang: Die Lehre daraus ist: Investitionen dürfen nicht zu konzentriert angegangen werden – es darf kein „Klumpenrisiko“ entstehen. Zusätzlich erschwert wurde alles noch dadurch, dass die Nord/LB hier auch die Engagements der Bremer Landesbank übernehmen musste. Auf der anderen Seite muss man aber auch sagen, dass die Nord/LB in der Finanzkrise 2007 und 2008 nicht an schwierigen Geschäften beteiligt war. Da war die Bank vorsichtig genug.

Rundblick: Derzeit wird die Nord/LB von ganz vielen Eigentümern getragen, darunter von einem Verbund aller übrigen Landesbanken und einem Verbund aller Sparkassen. Da sitzen doch die Konkurrenten mit im Boot – kann das auf Dauer gutgehen?
Mang: Es ist 2019 in einem Kraftakt gelungen, die Nord/LB zu retten. Der SVN musste als einer der Alteigentümer 330 Millionen Euro frisches Geld mobilisieren, und das haben wir mit dem Ziel investiert, die Landesbank wieder zu stabilisieren und vorsichtig wieder an den Markt zu bringen. Andere Interessen, etwa aus dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband, zielten offensichtlich mehr darauf, die Nord/LB klein zu halten und sie womöglich in einem Folgeschritt in einem größeren Gebilde aufgehen zu lassen. Aus unserer Sicht muss die Nord/LB wieder eine gewisse Stärke entwickeln. Denn wenn es irgendwann in Zukunft zu einer Neuordnung der deutschen Landesbanken kommt, dann sollte sie stark genug sein, um eine wichtige Rolle zu spielen. Insofern unterstützt der SVN den vorsichtigen Wachstumskurs des Nord/LB-Vorstandes, der ohne große Ausweitung der Bilanzsumme und mit überschaubarem Risiko geschieht. Auch die Schwerpunkte in Erneuerbaren Energien und in der Unterstützung des Transformationsprozesses der Wirtschaft tragen wir voll mit. Die Nord/LB benötigen wir Sparkassen als Knowhow-Träger und Konsortialpartner.

Rundblick: Der frühere Chef des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes hat mal das Modell eines einzigen deutschen Zentralinstitutes für die Sparkassen entworfen. Ist das realistisch?
Mang: Das glaube ich zur zurzeit nicht. In allen Landesbanken haben die jeweiligen Länder derzeit einen dominanten Einfluss. Man müsste die Länder schon aus den Landesbanken herauskaufen – aber für die Sparkassenorganisationen wäre das wohl unbezahlbar.
Rundblick: Es wird schon lange über eine Verselbstständigung der Braunschweigischen Landessparkasse (BLSK) diskutiert. Bis Jahresende soll dazu ein neutrales Gutachten vorliegen. Was erwarten Sie?
Mang: Als SVN lieben wir Sparkassen in kommunaler Trägerschaft. Aber historisch ist die BLSK nie eine kommunale Sparkasse gewesen, trotz der Zuständigkeit für circa 800.000 Menschen in ihrem Geschäftsgebiet. Vor 15 Jahren haben wir ein Modell entwickelt, das eine stärkere Eigenständigkeit der BLSK unter dem Dach der Nord/LB vorsieht. Was für die Zukunft sicher nicht geht, wäre eine BLSK in der Trägerschaft des SVN. Wir sind der Verband für alle niedersächsischen Sparkassen – dann können wir nicht gleichzeitig eine neue Sparkasse als Träger übernehmen. Zudem darf eine Herauslösung der BLSK aus der Nord/LB nicht das Sparkassensicherungssystem belasten. Was ist nun möglich? Ich halte eine stärkere Verselbstständigung der BLSK unter dem Dach der Nord/LB für möglich – wenn auch Personalfragen, Kreditmanagement und das Backoffice stärker als bisher von Braunschweig aus gesteuert werden. Dafür wäre aber ein deutlicher Kapazitätsaufbau bei der BLSK erforderlich. Und warum sollte nicht auch mehr kommunaler Einfluss auf die Geschäftspolitik der BLSK in einem solchen Modell möglich sein?
Rundblick: Noch mal zu den Sparkassen. Werden diese in den kommenden Jahrzehnten überleben – oder sind sie irgendwann einmal zu schwach dazu?
Mang: Das Modell der Sparkassen entspricht der stark dezentralen Wirtschaftsstruktur in Deutschland. Es geht um die Partnerschaft für Unternehmen und Privatpersonen in eng umgrenzten Gebieten. Die Tradition, also die Verwurzelung in der Region, muss mit Modernität, also digitaler Technik und neuen Vertriebswegen, kombiniert werden. Eine Herausforderung wird bleiben – die deutsche Politik muss das europäisch dominierte Aufsichtssystem für die Banken so beeinflussen, dass das dort wenig geliebte deutsche Sparkassenwesen nicht totgetrampelt wird.
Rundblick: In 22 Jahren haben Sie fünf Finanzminister erlebt – von SPD, CDU und Grünen. Sind Ihnen besondere Episoden in Erinnerung geblieben?
Mang: Hartmut Möllring, der 2003 neuer Minister wurde, war für uns schon ein harter Brocken, im Zusammenhang auch mit der Nord/LB gab es manche Diskussionen. Aber er hat uns ein Sparkassengesetz beschert, das deutliche Deregulierung vorsieht. Reinhold Hilbers führte vor der Nord/LB-Rettungsaktion 2019 die entscheidenden Gespräche. Er war ein extrem harter Verhandler für die Interessen der Nord/LB und des Landes Niedersachsen. Dieser Aufgabe ist er voll gerecht geworden. Sein Nachfolger Gerald Heere muss die Stellung der Nord/LB verteidigen. Wir stehen in dieser Frage an seiner Seite.
Rundblick: Demnächst wird Ihr Nachfolger, der bisherige Diepholzer Landrat Cord Bockhop, hier seine Arbeit beginnen. Wenn Sie zurückschauen: Was würden Sie als „Highlights“ Ihrer Amtszeit bezeichnen?
Mang: Da gibt es einiges zu berichten. Die Fusion der Landesbausparkassen Nord und West ist zu nennen, oder im vergangenen Jahr der große Sparkassentag in Hannover. Als ich mein Amt angetreten hatte, beendeten wird die Gespräche über eine Fusion mit dem Sparkassenverband Schleswig-Holstein. Gleichzeitig starteten wir Gespräche über einen Zusammenschluss der Finanz-IT – und das ist gelungen mit drei bundesweiten Standorten in Frankfurt/Main, Münster und Hannover. Hannover ist dabei der größte. Auch das Wirken der Sparkassenstiftung für die Kulturförderung möchte ich an dieser Stelle erwähnen.
Rundblick: Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger?
Mang: Weiterhin starke Sparkassen für unser Bundesland Niedersachsen. Dabei benötigt man Diplomatie, Mut und Entschlossenheit.
