Vor einem Jahr sah Stiebel Eltron noch wie ein sicherer Sieger der Wärmewende aus. Nach dem Gaspreisschock erlebte das Holzmindener Heiztechnikunternehmen wie auch die ganze Branche einen sprunghaften Anstieg der Wärmepumpen-Nachfrage mit immer neuen Verkaufsrekorden. Von der Politik initiiert, einigten sich Industrie und Handwerk auf das Ziel, ab 2024 mindestens 500.000 neue Wärmepumpen pro Jahr in Deutschland zu installieren. „Mit dem Klimaschutz schaffen wir buchstäblich Arbeitsplätze. Das ist ein industrieller Booster, der sich hier in Deutschland und in Europa in konkreter Wertschöpfung vor Ort, in industrieller Fertigung und in Aufträgen für die Handwerker bemerkbar macht“, freute sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach dem zweiten Wärmepumpen-Gipfel im Dezember 2022.

Die damals im Raum stehenden gesetzlichen Forderungen und Fördermaßnahmen waren nach einhelliger Expertenmeinung durchaus geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Im vergangenen Jahr jedoch haben die Diskussionen darüber dem Wärmepumpen-Hochlauf einen Bärendienst erwiesen. „Die Aufgeregtheit um das Gebäudeenergiegesetz und die lange unklare Fördersituation haben dazu geführt, dass viele Verbraucher verunsichert waren und es auch noch sind“, stellt Stiebel-Eltron-Chef Kai Schiefelbein ernüchtert fest. Die Auftragslage seit Herbst vergangenen Jahres bezeichnet er als „katastrophal“, die Aussicht auf Besserung befinde sich in weiter Ferne. „Es wird voraussichtlich einige Monate dauern, bis sich der Markt erholt“, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung und bereitet die Mitarbeiter ab März auf Kurzarbeit vor. Von den rund 2400 Beschäftigten in Holzminden wird voraussichtlich jeder Dritte betroffen sein.

Im November 2023 hatten mit Vaillant und EBM-Papst bereits zwei weitere große deutsche Wärmepumpen-Hersteller auf Kurzarbeit umstellen müssen. Seitdem herrscht in der eigentlich auf Wachstum eingestellten Branche große Verunsicherung. „Der jüngste Einbruch im Dezember 2023 ist besonders alarmierend – im Vergleich zum Vorjahr haben wir im Dezember einen Absatzrückgang um über 40 Prozent verzeichnen müssen“, berichtet Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP). Er sagt: „Falls sich die Rahmenbedingungen nicht verbessern und die Politik nicht aktiv eingreift, rechnen wir eher mit einem gleichbleibenden oder sogar rückläufigen Absatz im Jahr 2024.“ Eine repräsentative Umfrage im Auftrag von Stiebel Eltron bekräftigt diese Befürchtungen: 67 Prozent der Verbraucher haben demnach das Vertrauen in die staatliche Förderung verloren, 73 Prozent halten die Förderbedingungen für nicht transparent genug.

Dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) die Anträge für die neue Wärmepumpen-Förderung überhaupt erst ab 27. Februar entgegennimmt, stellt ein zusätzliches Problem dar. Die Verzögerung sei zwar verständlich, weil die KfW diese Aufgabe vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) übernimmt und erst Kapazitäten aufbauen muss. „Das bedeutet aber, dass es voraussichtlich mindestens bis Mai oder Juni dauern wird, bis Anträge in nennenswerter Zahl positiv beschieden sind. Und wenn der Markt dann wieder anzieht, wird man voraussichtlich wieder monatelang auf Termine warten müssen“, sagt Schiefelbein und verweist auf mögliche Kapazitätsengpässe im Handwerk.

Zwar können die Förderanträge für den Wärmepumpen-Einbau auch rückwirkend eingereicht werden, doch der Geschäftsführer der Stiebel-Eltron-Gruppe weiß: „Der Endkunde sagt sich: Ich fange lieber erst an, wenn ich einen positiven Bescheid in der Hand habe.“ Um diese Situation zu entschärfen, springt das Unternehmen seit Mitte Januar mit einer eigenen Fördergarantie in die Bresche. „Wer in seinem selbstgenutzten Einfamilienhaus einen Heizungstausch plant, dem garantieren wir nach Prüfung des Projektes die Auszahlung der Fördersumme bei Ablehnung des Förderantrags durch die KfW“, erklärt Schiefelbein. Ist das nicht ein ziemlich riskantes Versprechen? „Nein, denn wir verlangen nichts anderes als der Gesetzgeber auch. Wir verlangen allerdings auch nicht weniger“, sagt er. Vor dem Sanierungsvorhaben prüfen die Stiebel-Eltron-Mitarbeiter, ob und in welchem Umfang die Förderung berechtigt ist – erst danach gibt es die Garantieurkunde.

Mit der Wärmepumpen-Förderung selbst ist Schiefelbein grundsätzlich zufrieden. Den Vorwurf, dass die neue Förderkulisse unübersichtlich sei, teilt er nicht. „Ich finde, dass sie in einigen Punkten sogar an Klarheit gewonnen hat“, sagt er. Kritisch bewertet er jedoch die lange Laufzeit des „Klima-Geschwindigkeitsbonus“ für den Austausch einer alten fossilen Heizung, der bis 2028 bei 20 Prozent festgeschrieben ist und erst danach um jährlich 3 Prozent sinkt. „Wir hätten uns gewünscht, dass der Bonus bereits ab 2025 abschmilzt“, sagt Schiefelbein. Durch die nun gültige Regelung werde Tempo kaum belohnt und zudem der Eindruck erweckt, dass der Heizungstausch problemlos bis 2027 warten kann. Wer so denkt, könne jedoch ein böses Erwachen erleben.
„Ab 2027 werden die fossilen Brennstoffe im Preis seriöser Prognosen zufolge massiv steigen“, warnt der Stiebel-Eltron-CEO. Hintergrund ist die verschärfte Emissionshandelsrichtlinie der EU. Diese führt nicht nur einen Emissionshandel für Gebäude, Straßenverkehr sowie Industrie- und Energieanlagen (EU-ETS 2) ein, sondern sorgt auch für eine neue Dynamik bei den CO2-Preisen. Die Experten der Denkfabrik „Agora Energiewende“ halten einen Anstieg von derzeit 45 Euro auf über 200 Euro pro Tonne für möglich. Benzin würde sich in diesem Szenario um 38 Cent pro Liter verteuern, der Erdgas-Preis könnte um 3 Cent pro Kilowattstunde steigen.

Vertrauen in die staatliche Förderung allein reicht laut Schiefelbein aber nicht aus, um die Wärmewende voranzutreiben. Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) berichtet zwar von einem anhaltenden Boom auf dem Heizungsmarkt. Unter den 1,3 Millionen Wärmeerzeugern, die im vergangenen Jahr verkauft wurden, befinden sich allerdings nur 356.000 Wärmepumpen – der Anteil an Gas- und Ölheizungen ist mehr als doppelt so hoch. Aus Sicht des Stiebel-Eltron-CEO ist das ein von der Politik selbst verursachtes Problem.
„Die Wärmepumpe ist das effizienteste Heizsystem – aber durch den vom Staat künstlich hoch gehaltenen Strompreis wird der Effizienzvorteil, den das bessere System bietet, in Sachen Betriebskosten zunichte gemacht“, kritisiert der promovierte Thermodynamiker. Im Vergleich zur Gasheizung verbrauche eine Wärmepumpe zwar nur ein Drittel der Energie, allerdings sei Heizstrom derzeit auch fast dreimal so teuer wie Erdgas. „Was uns fehlt, sind halbwegs faire Energiepreise. Seit Jahrzehnten sind fossile Brennstoffe künstlich günstiger und Strom teurer gemacht worden. Diese Ungleichheit muss sich dringend ändern“, fordert Schiefelbein.
Ziel der Politik müsse es sein, dass der Strompreis pro Kilowattstunde maximal doppelt so hoch ist wie der Kilowattstundenpreis für Öl oder Gas. „Ein Verhältnis von 1 zu 2,5 wäre gerade noch in Ordnung, danach aber beginnt die Todeszone für die Wärmepumpe“, sagt Schiefelbein. Grüne Heiztechnologie rechne sich zwar selbst unter diesen Umständen, weil im Vergleich zur Gasheizung weniger Verschleiß und niedrigere Wartungskosten – etwa durch Schornsteinfeger-Gebühren – anfallen. „Diese Ausgaben sind aber nicht im Kopf der Menschen.“ Zudem sei die Hürde für den Systemumstieg trotz staatlicher Förderung hoch, da eine neue Heizung nach Haus und Auto eine der teuersten Anschaffungen überhaupt sei.

Das größte Potenzial zum Senken der Strompreise sieht der Chef von Stiebel Eltron bei der Stromsteuer (2,05 Cent) und der Mehrwertsteuer (4,4 bis 7,6 Cent), die beim Strom mit dem Höchstsatz von 19 Prozent zum Tragen kommt. „Die Melkkuh der Nation sind nicht etwa die Autofahrer, sondern die Stromkunden“, sagt Schiefelbein und drängt auf einen schnellen Systemwechsel. „Wir wollen zwar das Wärmesystem auf Strom umstellen, leisten uns aber den Luxus, das Ziel, worauf wir hinauswollen, enorm teuer zu machen“, wundert sich der Konzernchef und hat ein ganz einfaches Rezept für das Erreichen der Klimaziele im Gebäudesektor: „Wer die Wärmewende möchte, muss Strom günstiger machen.“

Die Basisförderung beträgt 30 Prozent und wird beim Umstieg auf eine Wärmepumpe auf jeden Fall fällig. Wer bisher mit Öl, Kohle, Nachtspeicher oder einer mindestens 20 Jahre alten Gasheizung heizt, bekommt noch einen „Geschwindigkeitsbonus“ von 20 Prozent obendrauf. Für Hauseigentümer, die ein zu versteuerndes Haushaltseinkommen von weniger als 40.000 Euro haben, gibt es zudem noch einen „Einkommensbonus“ von 30 Prozent, damit sich auch Rentner oder einkommensschwache Hauserben den Heizungswechsel leisten können. Der Einsatz von natürlichen Kältemitteln oder von Erdreich oder Grundwasser als Wärmequelle wird mit einem „Effizienzbonus“ von fünf Prozent belohnt. Theoretisch könnten Verbraucher also auf eine Förderquote von 85 Prozent kommen, was aber reine Theorie bleibt.

Praktisch hat der Gesetzgeber den Höchstfördersatz bei 70 Prozent gekappt und auch für die förderfähigen Kosten gibt es eine Höchstgrenze. „Das bedeutet konkret: Man bekommt für ein Einfamilienhaus maximal 70 Prozent von 30.000 Euro – also 21.000 Euro. Die maximale Basisförderung beträgt dementsprechend 30 Prozent von 30.000 Euro – also 9.000 Euro“, erklärt Stiebel-Eltron-CEO Kai Schiefelbein. Die Höhe der Förderung sei mit Augenmaß gewählt worden. „Mit 30.000 Euro ist man bei einem Einfamilienhaus auf der relativ sicheren Seite“, sagt Schiefelbein. Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) sieht das kritischer. Der Verband moniert die Halbierung der förderfähigen Investitionskosten bei der Heizungsmodernisierung von 60.000 Euro auf 30.000 Euro und fordert eine Anhebung auf mindestens 45.000 Euro.














