1. Apr. 2025 · Parteien

Stephan Weil tritt im Mai zurück – und will die Amtsgeschäfte an Olaf Lies übergeben

Nach den Vorstellungen der rot-grünen Koalition in Niedersachsen soll in der nächsten Landtagssitzung am 20. Mai der bisherige Wirtschaftsminister Olaf Lies (57) zum neuen Ministerpräsidenten gewählt werden. Amtsinhaber Stephan Weil (66), der das Amt seit zwölf Jahren ausübt, kündigte am Dienstagmorgen in der SPD-Vorstandsklausur seinen Rückzug aus der aktiven Politik an. Er will am 20. Mai als Ministerpräsident zurücktreten – und vier Tage später dann auch das Amt des SPD-Landesvorsitzenden abgeben. Weil und Lies traten am Dienstagvormittag in der Sitzung der Grünen-Landtagsfraktion auf. Dabei hat nach Angaben von Teilnehmern die klare Bereitschaft geherrscht, mit einer neuen Regierung unter Olaf Lies in die zweite Phase der Legislaturperiode zu ziehen. Der Wechsel an der Spitze geschieht zur Halbzeit der fünfjährigen Wahlperiode, die nächsten Landtagswahlen sind planmäßig im Herbst 2027.

Stephan Weil (links) gibt sein Amt an Olaf Lies ab. | Foto: Link

Am Dienstagnachmittag traten Weil und Lies gemeinsam vor die Presse im Kurt-Schumacher-Haus, der SPD-Zentrale in Hannover. Weil sagte, dass er sich „nach reiflicher Überlegung“ entschieden habe, sich aus der ersten Reihe der Landespolitik zurückzuziehen. Diese Entscheidung beruhe „vor allem auf persönlichen Erwägungen“. Er sei zwar gesund, wolle es aber auch bleiben. So leide er unter Schlafstörungen. Der Wahlkampf, den er früher so geliebt habe, bereite ihm nicht mehr viel Freude. Das gelte vor allem für den zurückliegenden Bundestagswahlkampf und auch für das Ergebnis, das seine SPD erzielte. Nach 20 Jahren Tätigkeit in der Spitzenpolitik „mit ununterbrochenem Druck und einem hohen Maß an Fremdbestimmung“ sei es nun Zeit, sich zu verändern. Gleichzeitig erwähnte Weil auch politische Überlegungen. Die Herausforderungen bräuchten Politiker, die in einer längeren Perspektive denken und handeln könnten als er, der mit 66 Jahren nah am Pensionsalter sei. Er sei froh, fügte Weil hinzu, dass er zu keiner Zeit aus dem Amt gedrängt werde und es ihm gelinge, aus freien Stücken zu gehen – „ohne kollektive Seufzer der Erleichterung“.

Lies erklärte als sein vorrangiges Ziel, die Koalition mit den Grünen fortzuführen - „auch nach der Landtagswahl 2027“. Das neue Amt nehme er „mit Respekt und Demut an“. Er hoffe auch auf eine „fraktionsübergreifende Zusammenarbeit der Demokraten“, womit er die CDU meinte. So wie die Grünen als Oppositionspartei den „Niedersächsischen Weg“ mitgetragen hätten, habe es die CDU als Oppositionspartei bei der Staatsbeteiligung für die Meyer-Werft getan. Dies sei ein gutes Zeichen. Die noch offenen Fragen – etwa Personalien der neuen Regierung – würden „in den nächsten Tagen geklärt“.

CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner sagte, Weil habe sich in den zwölf Jahren seiner Amtszeit „verdient gemacht für Niedersachsen“, dafür zolle er ihm „persönlich große Anerkennung und Respekt“. Trotzdem sei die Begründung für den Rücktritt widersprüchlich, zumal er neben persönlichen Gründen auch politische Erwägungen erwähnt hatte. Wenn Weil einen Anstoß für seinen Schritt im Ergebnis der Bundestagswahl sehe, dann dränge sich der Eindruck auf, es handele sich „um ein parteitaktisches Manöver“ des Ministerpräsidenten. Lechner hielt Weil „einen klaren Wortbruch“ vor, da die SPD die Landtagswahl 2022 mit der klaren Ansage gewonnen habe, dass Weil weitere fünf Jahre lang an der Spitze der Regierung bleiben wolle. Auf Nachfragen sagte Lechner, Neuwahlen wären aus seiner Sicht „jetzt die redliche Option“, denn Lies komme nach den derzeitigen Plänen „durch einen Hinterzimmer-Deal in sein Amt“. Der AfD-Fraktionsvorsitzende Klaus Wichmann kommentierte Weils Rückzug mit den Worten: „Stephan Weil geht und hinterlässt ein Land voller drückender Probleme.“

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #063.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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