Spielhallen-Schicksal führt zur Klageflut vor den Verwaltungsgerichten
Wie geht es weiter mit den Spielhallen in Niedersachsen? Rund die Hälfte der 1900 Einrichtungen im Lande steht vor dem Aus – das ist die Folge des 2012 in Kraft getretenen Glücksspiel-Staatsvertrages, der nach einer Übergangsfrist in wenigen Tagen, zum 1. Juli, umgesetzt werden muss. Künftig gilt ein Mindestabstand zwischen zwei Spielhallen von 100 Metern. Der bisher in Niedersachsen angewandte Weg, zwischen den Spielhallen per Losentscheid auszuwählen, ist heftig umstritten. Inzwischen häufen sich Eilanträge vor den Verwaltungsgerichten, alle Augen richten sich auf das Oberverwaltungsgericht, das irgendwann eine wegweisende Entscheidung treffen muss. „Das Wirtschaftsministerium in Hannover hat spät seine Linie verkündet, deshalb ballen sich die juristischen Verfahren jetzt zu einem recht späten Zeitpunkt des Verfahrens“, sagt Professor Florian Heinze, Rechtsvertreter für die Automatenwirtschaft.
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Die Diskussion wird momentan auch von einem Missverständnis überlagert. Das Wirtschaftsministerium hatte am 16. Juni mitgeteilt, dass die Kommunen den Spielhallen ihre Lizenz nicht entziehen sollen, wenn diese „in einem echten Konkurrenzverhältnis“ stehen. Das betrifft damit mehrere Spielhallen in einem Wohngebiet, die den Mindestabstand von 100 Metern nicht erfüllen. Mehrere Spielhallen unter einem Dach aber, in sogenannten „Multi-Komplexen“, bleiben verboten und das Verbot soll dort auch durchgesetzt werden. Nun zeigt sich aber Tage nach diesem neuen Erlass aus dem Haus von Wirtschaftsminister Olaf Lies, dass die Landesregierung keineswegs den Bestand der bisherigen Spielhallen generell vorläufig sicherstellt. Dies gilt lediglich dann, wenn bestimmte Umstände gelten.
Die bisherigen Entscheidungen nach dem Losverfahren, das für so viel Unmut gesorgt hat, werden nicht generell aufgehoben, sondern nur in einigen Fällen. Angenommen, drei Spielhallen liegen in einer Straße im Abstand von jeweils 60 Metern, dann sah das Los bisher vor, dass zwei von ihnen geschlossen werden sollten. Wenn die erste und die dritte vom Los getroffen wurden, wird diese Schließung vorläufig nicht umgesetzt – denn sie liegen ja im Abstand von 120 Metern voneinander entfernt, halten also die Mindestdistanz ein. Wenn die mittlere Spielbank vom Losentscheid betroffen wurde, bleibt dieser gültig. Mit zwei Spielhallen in einem 120-Meter-Abstand sei nämlich „die bestmögliche Gebietskapazität erreicht“, wie es mit Verweis auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts heißt.
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Professor Florian Heinze wird mit seiner Kritik noch grundsätzlicher. Der neue Erlass des Wirtschaftsministeriums führe nicht weiter, weil er auf die „Gebietskapazität“ abhebe. Das sei aber, wie das Verwaltungsgericht Osnabrück entschieden habe, gar nicht maßgeblich. Die Richter in Osnabrück hätten gemeint, dass die Behörden vielmehr eine gründliche Abwägung und Bewertung jeder Spielhalle vornehmen müssten, bevor sie über die Frage entscheiden, welche geschlossen werden soll. Auf solche sachlichen Auswahlkriterien hätten die meisten Kommunen in Niedersachsen aber verzichtet – deshalb komme es jetzt zur Flut von Prozessen. Wie Prof. Heinze sagt, sind von den Vorgängen in den Spielhallen bis zu 5000 Arbeitnehmer landesweit betroffen. Die Landesregierung hatte jüngst erklärt, zwei Drittel der durch Losentscheide ausgewählten Spielhallen, die bestehen bleiben können, seien bedenkenlos – das betreffe 650 Standorte. In bis zu 350 Standorten aber müsse das bisherige Losverfahren wegen der Regel der „Gebietskapazität“ noch einmal überprüft werden.