Die Führungsspitze der SPD-Landtagsfraktion hat verärgert auf die Art und Weise reagiert, wie die FDP und insbesondere ihr Fraktionsvorsitzender Stefan Birkner in der gegenwärtigen Corona-Krise auftreten. „Die sachliche Kritik an Entscheidungen der Regierung oder an den Details in der Corona-Verordnung ist richtig und sinnvoll. Davon höre ich manchmal sogar zu wenig. Aber mit dem ständigen Vorwurf, die Abläufe seien nicht rechtmäßig und würden nicht dem Parlamentarismus entsprechen, überzieht die FDP auf Dauer“, betonte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Wiard Siebels. Er fügte hinzu, die FDP überschreite „eine Grenze“. Das sei nicht weit entfernt von Auftritten mancher Politiker im Bundestag, die den Vergleich zu den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ziehen und von einer angeblichen Entmachtung der Volksvertretung sprechen. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Johanne Modder ergänzte: „Die Kritik der FDP ist mittlerweile schwer zu ertragen. Wir lassen uns regelmäßig im Sozialausschuss des Landtags unterrichten, außerdem haben wir einen Corona-Sonderausschuss gebildet, der die Folgen der Pandemie aufarbeiten soll. Das heißt, dass wir alle Möglichkeiten einer sehr guten Beteiligung des Landtags bereits geschaffen haben.“ Das werde von der FDP ignoriert.
Der Landtag kommt am morgigen Freitag, auf Wunsch von FDP und Grünen, noch einmal zusammen. Erneut wird es eine Unterrichtung der Landesregierung geben, an die sich eine Aussprache der Vertreter der Landtagsfraktionen anschließt. Dies wird wiederum eine Sondersitzung sein, die nur deshalb zustande kommt, weil SPD und CDU – absprachegemäß – den von FDP und Grünen geäußerten Wunsch nach einer solchen Zusammenkunft nachkommen. Die nächste reguläre Sitzung des Landtags ist dann in der nächsten Woche, sie soll von ursprünglich drei auf zwei Tage verkürzt werden. Wie Modder erläuterte, ist die öffentliche Debatte über das Agieren des Landtags in der Corona-Krise nach ihrer Wahrnehmung durchaus zwiegespalten. So richtig und sinnvoll eine intensive parlamentarische Begleitung der Regierungsarbeit sei, so sehr häuften sich auf der anderen Seite auch kritische Hinweise von Bürgern, die Widersprüche erkennen: „Ich werde gefragt, warum die Politik den Menschen sagt, sie sollten zuhause bleiben und Kontakte vermeiden, während der Landtag immer wieder lustig zusammenkommt.“ SPD-Fraktionsgeschäftsführer Siebels reibt sich vor allem an Formulierungen in einem Brief, den Birkner kürzlich an den Ministerpräsidenten geschickt hat. Darin heißt es: „Die offenkundig nicht gegebene Bereitschaft der Landesregierung und auch der Regierungsfraktionen, ihre Konzepte und Überlegungen gegenüber den gewählten Volksvertretern öffentlich darzustellen und zu debattieren, führt zu einer nachhaltigen Schwächung des Parlamentarismus und beschädigt damit die für eine demokratisch verfasste Gesellschaft zentrale Institution.“ Siebels meint, das gehe „zu weit“, denn in mittlerweile etlichen Sondersitzungen des Landtags seit Ausbruch der Pandemie habe es immer wieder einen Meinungsaustausch über die politischen Strategien der Parteien in dieser Krise gegeben. Birkner tue so, als finde das nicht statt.
Homeoffice-Pflicht in der Kritik: Ministerpräsident Stephan Weil begrüßte gestern die zwischen Ministerpräsidenten und Kanzlerin vereinbarte Pflicht für Unternehmen, Mitarbeitern Homeoffice zu ermöglichen, „sofern die Tätigkeiten es zulassen“. Weil sagte, jedes Unternehmen müsse das zunächst selbst definieren, bei einer Kontrolle komme die Gewerbeaufsicht in Betracht. Auf die Frage, ob auch Zeitungsredaktionen und Anwaltsbüros verpflichtet sein könnten, deren Arbeitsplätze oft geschützte Räume für vertrauliche Gespräche sind, sagte Weil: „Das wird man differenziert beurteilen müssen. Es gibt sicher Arbeiten, die vor Ort erledigt werden müssen.“ Die Arbeitgeberverbände hatten sich wiederholt beklagt, der Staat greife ins Direktionsrecht des Arbeitgebers ein – und greife damit unzulässig in das Wirtschaftsleben ein. Klagen würden die Folge sein.
Celler OB verteilt FFP-2-Masken: Der Celler Oberbürgermeister Jörg Nigge (CDU) will alle Schüler, die trotz Aufhebung der Präsenzpflicht in die Grundschulen kommen wollen, mit kostenlosen FFP-2-Masken ausstatten. „Drei kindgerechte Masen pro Schüler sind bereits geordert“, erklärte Nigge. Auch die Lehrer würden berücksichtigt.
Impf-Reihenfolge in der Diskussion: Bisher wird der Impfstoff an die Landkreise und kreisfreien Städte strikt nach Einwohnerzahl verteilt. Das hat in kleinen Einheiten, etwa der kreisfreien Stadt Emden, zu Unmut geführt – denn dort kommt alle 32 Tage eine neue Lieferung an, während im benachbarten Aurich diese für alle neun Tage geplant ist. Soll man nun den Verteilschlüssel stärker daran ausrichten, wo hohe Neuinfektionen auftreten – oder nach der Anzahl der älteren Einwohner? Die SPD diskutiere intensiv darüber, erklärte Fraktionschefin Modder. Fraktionsgeschäftsführer Siebels meinte, der Einwohnerschlüssel sei vermutlich der gerechteste. Das Sozialministerium habe die anderen Varianten geprüft – und festgestellt, dass große Abweichungen kaum zu erwarten seien.