So fährt die Politik die Autoindustrie gegen die Wand
Am Freitagmittag treffen sich am Rande der Bundesratssitzung in Berlin wieder die Ministerpräsidenten der Autoländer Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg. Die drei Länder haben vereinbart, angesichts des Wandels in der Autobranche intensiv zusammenzuarbeiten. Aber in welche Richtung der Wandel die Branche treibt, scheint am Ende des Jahres wieder offener zu sein als zuvor. Inzwischen mehren sich die Zweifel an der Strategie des Volkswagen-Konzerns, der für die Zukunft konsequent auf Batteriebetrieb setzt, zumal sich in China gerade der Wind dreht.
Was Branchenberater eine „stärkere Ausdifferenzierung der Antriebsarten“ nennen, ist nichts anderes als die Folge des chinesischen Förderstopps für Elektromobilität. Dadurch ist der E-Auto-Markt in China in den vergangenen Monaten bereits eingebrochen. FDP-Fraktionsvize Jörg Bode fordert die Politik auf, sich die Entwicklung in China genau anzusehen und die Lehren daraus zu ziehen. „Auch hier müssen die Regelwerke, die zu einem Desaster in der Automobilwirtschaft führen, abgeschafft werden“, fordert Bode im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick.
Die Krise wurde „politisch verursacht“
Es könne nicht sein, dass batteriebetriebene Fahrzeuge mit einem CO2-Wert von Null angesetzt, alternative Kraftstoffe aber nicht gleichwertig behandelt würden. „Das Regelwerk setzt die falschen Signale“, meint Bode.
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Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer von Niedersachsenmetall, sieht in der „politisch gewollten Einführung der Elektromobilität mit der Brechstange einen Mitauslöser für die Friktionen im Automobilsektor“. Die aktuelle Krise sei politisch verursacht worden, meint Schmidt. „Wenn man merkt, dass neu gesetzte Regeln das Spiel verzerren und kaputt machen, darf man nicht den Spielern die Schuld geben, sondern sollte nochmal ernsthaft über die Sinnhaftigkeit der Regeln nachdenken.“
Auch Jörg Bode sieht im aktuellen Umbruch in der Branche politische Ursachen. „Die Politik will, dass das E-Auto stärker gefördert wird. Dadurch werden Produktionsprozesse komplett geändert und Arbeitsplätze massiv abgebaut.“ Das werde gerade von der Großen Koalition vorangebracht, die aber sowohl im Bund als auch im Land keine Antwort darauf habe, was das für diejenigen bedeute, die in der Branche derzeit ihre Brötchen verdienten.
Und im Zusammenhang mit der Autoindustrie verdienen viele Menschen ihre Brötchen. Schmidt schätzt, dass der Fahrzeugbau in den Automobilländern Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern dort bis zu 25 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung beiträgt. Eine Krise in der Branche wirke sich in diesen Ländern noch viel drastischer aus.
Wenn man merkt, dass neu gesetzte Regeln das Spiel verzerren und kaputt machen, darf man nicht den Spielern die Schuld geben, sondern sollte nochmal ernsthaft über die Sinnhaftigkeit der Regeln nachdenken.
Die Einschläge kommen schon seit Monaten nicht nur näher, sie sind in der Zuliefererbranche bereits da. Der Automobildienstleister SD Automotive aus Georgsmarienhütte mit aktuell rund 270 Mitarbeitern stellte im Januar den Antrag auf ein Insolvenzverfahren und arbeitet noch an einem Sanierungskonzept. Das Unternehmen Wegener und Stapel Fördertechnik aus Bergen im Kreis Celle stellte im April einen Insolvenzantrag. Und von der Insolvenz des Anlagenbauers Eisenmann in Baden-Württemberg dürfte nach Angaben der Landesregierung auch die Eisenmann Thermal Solutions in Bovenden im Kreis Göttingen betroffen sein.
Verbraucher stimmen mit den Füßen ab
Die Krise ist schon da, auch deshalb wundert sich Bode über einen, wie er sagt, „Gestaltungsmangel“ in der Landespolitik. In einer Antwort der Landesregierung auf eine FDP-Anfrage ist zwar vom „tiefsten Umbruch in der Geschichte der Automobilindustrie“ und einem „disruptiven Strukturwandel“ die Rede, der „vorausschauend begleitet und gestaltet“ werden müsse. Konkrete Maßnahmen sucht man allerdings so gut wie vergebens, es wird lediglich immer wieder auf den „Strategiedialog Automobilwirtschaft“ hingewiesen, in dessen Rahmen sich Politik und Hochkaräter der Branche lediglich zweimal in diesem Jahr getroffen haben.
Der Strategiedialog sei richtig und wichtig, aber bei einem so großen Umbruch absolut nicht ausreichend, meint Bode. Schmidt sagt, der von Landesregierung und Tarifpartnern initiierte Strategiedialog sei ein wichtiges Instrument, um den gewaltigen Veränderungsprozess in der Branche zu moderieren und die Folgen für Standort, Unternehmen und Beschäftigte zu ordnen.
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Während in China die Regierung derweil den Kurswechsel eingeleitet hat, stimmen hierzulande die Verbraucher mit den Füßen ab. Ob es am Ende wirklich zu der vielbeschriebenen „Verkehrswende“ kommt, ist den aktuellen Prognosen zufolge unsicher. Die Bundesregierung geht in einer aktuellen Prognose davon aus, dass der motorisierte Verkehr von 2010 bis 2030 um knapp vier Prozent wachsen wird.
„Es wird mehr Verkehr geben“, meint auch Bode. „Die Verbraucher kaufen weiterhin die Autos, die sie mögen, zum Beispiel SUVs. Da prallen Realität und politische Positionierung hart aufeinander.“
Auch Schmidt sieht Zweifel in aktuellen Umfragen bestätigt. Demnach sehen 80 Prozent Elektromobilität zwar positiv, aber ebenfalls 80 Prozent meinen, für sie komme die Anschaffung eines E-Autos gar nicht oder eher nicht in Frage. „Die Deutschen scheinen kaum bereit, ihr Mobilitätsverhalten grundlegend zu ändern“, sagt Schmidt. Für Volkswagen wäre das nach der Kehrtwende in China eine weitere Herausforderung