Salzgitter ist Spitzenreiter: In keiner anderen Stadt suchen mehr Flüchtlinge ihre Heimat
Die Stadt Salzgitter genießt einen besonders guten Ruf unter den Flüchtlingen, die das Asylverfahren durchlaufen haben und eine feste Bleibe in Niedersachsen suchen: In keiner anderen Stadt werden mehr Zuwanderer heimisch als hier – die Stahlstadt liegt mit Abstand vorn. In der Landesregierung wird vermutet, dies könnte mit dem besonders hohen Angebot an günstigen Wohnungen in Salzgitter zusammenhängen, eine „syrische Community“ bilde sich hier. Für die Stadt ist das aber nicht nur positiv, denn alle Schwierigkeiten der Integration zeigen sich hier besonders deutlich. Hinzu kommen die fast schon traditionellen Probleme – eine hohe Verschuldung und die besondere Abhängigkeit von der Stahlfabrik und von VW. Gibt es dort Exportprobleme, wie in jüngster Zeit öfter, so schlägt das vor allem auf die Gewerbesteuereinnahmen Salzgitters durch. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat jetzt nach einem Besuch in der Region angekündigt, demnächst mit Oberbürgermeister Frank Klingebiel (CDU) und dem SPD-Landtagsabgeordneten Stefan Klein (SPD) über mögliche Lösungen zu sprechen. „Salzgitter hat offenbar insgesamt im Moment ein besonderes Päckchen zu tragen“, sagte Weil in einem Interview der Braunschweiger Zeitung.
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Bisher unbeachtet geblieben in der Landespolitik ist ein besonderer „Salzgitter-Effekt“ in den Statistiken der Bundesagentur für Arbeit über die „Auswirkungen der Migration von Flüchtlingen und Asylbewerbern“. In dem Bericht für den Monat Februar 2017, der dem Rundblick vorliegt, ist von 135.900 Flüchtlingen die Rede, die seit Januar 2015 nach Niedersachsen gekommen sind. Von ihnen haben 120.100 einen Asylantrag gestellt. 60.800 seien damit erfolgreich gewesen, 46.000 Menschen aus dieser Gruppe hätten sich inzwischen als arbeitssuchend gemeldet – darunter 23.600 Syrer, 7300 Iraker und 3700 Afghanen. Der überwiegende Teil dieser Menschen nimmt an Integrations- und Arbeitsmarktkursen teil, sodass die Behörden von 21.300 anerkannten Asylbewerbern ausgehen, die als arbeitssuchend gelten. Im Landesschnitt sind es 58 geflüchtete Arbeitslose, die auf je 10.000 Einwohner kommen – doch regional sind die Unterschiede sehr deutlich.
So kommen in Salzgitter auf 10.000 Einwohner 178,1 arbeitssuchende Flüchtlinge, insgesamt sind es dort derzeit 2370 Menschen, mit Familienangehörigen und Leistungsempfängern kommt man auf rund 5000 Menschen. Die nächsten Städte sind Delmenhorst (126,3 arbeitssuchende Flüchtlinge je 10.000 Einwohner) und Wilhelmshaven (120,4). Auffällig niedrig sind die Zahlen im Vergleich dazu im Kreis Osnabrück (23,2), in der Stadt Braunschweig (24,6) und im Kreis Lüchow-Dannenberg (30,9). Die Arbeitsvermittlung ist in diesen Fällen oft nicht unproblematisch, wie aus der Übersicht der Arbeitsagentur hervorgeht: Für rund ein Drittel fehle eine Angabe zum Schulabschluss, ein knappes Drittel habe gar keinen Schulabschluss.
Die Probleme, die gerade für Salzgitter, aber auch für Delmenhorst und Wilhelmshaven aus dieser Übersicht folgen, sind vielfältig: Wo besonders viele Zuwanderer hinziehen, kann die Gefahr von Ghetto-Bildungen entstehen, sofern keine vorausschauende Integrationspolitik betrieben wird. Weil erklärte, besonders die soziale Integration und die Flüchtlingsintegration solle in Salzgitter unterstützt werden. Dies muss nach Meinung des Ministerpräsidenten aber nicht zwingend höhere Landeszuschüsse für Salzgitter zur Folge haben. Möglich sei auch, die Verteilung innerhalb des „kommunalen Finanzausgleichs“ zu ändern – indem gut gestellte Kommunen weniger, problembehaftete dagegen mehr bekommen. Darüber solle innerhalb der Kommunalverbände diskutiert werden, regt der Regierungschef an.