Rolf Wernstedt, ehemaliger Kultusminister (1990 bis 1998) und Landtagspräsident (1998 bis 2003), feiert heute in aller Stille seinen 80. Geburtstag. Eigentlich hätte es zu ihm ein Empfang mit philosophischen Reden gepasst, doch das muss wegen der Corona-Krise in diesem Jahr ausfallen – vielleicht folgt es ja 2021, wenn er 81 wird. Wernstedt, der in Tangeln in der Altmark aufgewachsen war und 1958 mit 18 in den Westen geflüchtet war, hat seinen Weg in der hannöverschen und niedersächsischen Sozialdemokratie gefunden. Er wurde Studienrat, dann Abgeordneter, und er hat neben der aktuellen Politik immer wieder, bis heute, nach den theoretischen Grundlagen des Handelns gesucht und analytische Erklärungen angeboten.
Die Verzahnung von Wissenschaft und Politik ist ihm nicht nur ein großes Anliegen gewesen, sie hat auch seinen Politikstil entscheidend geprägt. Oft ist Wernstedt, der lange Zeit dem linken Flügel der SPD zugeordnet wurde, ist Abgrenzung zu seinem Weggefährten Gerhard Schröder beschrieben worden – Schröder als Mann der (oft auch populistischen) Tat, Wernstedt als Mann der nachdenklichen, auf Dialog ausgerichteten Überzeugungsarbeit und der geschliffenen Formulierungen. In seinen späten Jahren hat er sich, auch als Honorarprofessor an der Uni Hannover, intensiv unter anderem der DDR-Vergangenheit gewidmet. Das hatte auch biographische Ursachen, denn von seinem neuen Zuhause im Westen ausgehend hatte er seit 1964 immer wieder die alte Heimat Tangeln besucht, und bis 1989 seien ihm dann, wie er später aus den Akten erfuhr, bis zu zwölf Stasi-Spitzel auf den Fersen gewesen.
Die Art und Weise, wie Menschen im System einer Unterdrückung handeln und wie sie später damit umgehen, hat ihn immer sehr stark beschäftigt. Ab und zu sieht man Wernstedt heute noch als Besucher der Landtagssitzungen, aber er drängt sich nicht mit Ratschlägen an die aktiven Politiker auf. Seine Tochter Thela, eine Ärztin, ist inzwischen Abgeordnete der SPD-Fraktion und arbeitet nun dort, wo der Vater früher tätig war.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #085.