26. Juni 2019 · Bildung

Quereinsteiger und Turbo-Ausbildung sollen Fachkräftemangel in Kindertagesstätten beheben

Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) möchte die Zahl der Erzieher in Niedersachsen erhöhen, indem er die Ausbildung vielfältiger und attraktiver gestaltet. Wie viele Fachkräfte in Niedersachsens Kindertagesstätten insgesamt fehlen, lässt sich zwar nicht genau beziffern – doch der Bedarf ist nach Einschätzung von Experten steigend. Um diesen decken zu können, verfolgt die Landesregierung bereits seit 2018 mit dem sogenannten Niedersachsen-Plan eine Strategie, um mehr Fachkräfte für Kindergärten zu gewinnen. Nachdem im vergangenen Jahr zunächst 500 zusätzliche Ausbildungsplätze für sozialpädagogische Bildungsgänge an berufsbildenden Schulen geschaffen wurden, folgen nun zahlreiche weitere Maßnahmen. Zum einen hat das Kultusministerium finanzielle Hürden für die Ausbildung abgebaut: Das Schulgeld wird ab dem kommenden Schuljahr abgeschafft, ein Modell zur Ausweitung des vergüteten Praxisteils in der Ausbildung wird eingeführt. Zwar erhalten die Auszubildenden standardmäßig nur den Mindestlohn. Man sei aber dabei, mit den Sozialpartnern über einen Tarifvertrag zu reden, heißt es aus dem Kultusministerium. Zum anderen sollen die Wege zum Erzieherberuf durchlässiger und flexibler gestaltet werden. So ist die Ausbildung in Zukunft auch in einer zweieinhalb- oder dreijährigen berufsbegleitenden Variante in Teilzeit möglich. Mit Hochschulreife oder einer entsprechenden Vorbildung kann die Ausbildungszeit sogar auf ein Jahr verkürzt werden. Auch soll ein Quereinstieg aus einem ähnlichen Beruf deutlich erleichtert und berufliche Vorerfahrung (etwa aus dem Bundesfreiwilligendienst oder dem Freiwilligen Sozialen Jahr) einfacher anerkannt werden.

Wir tun gut daran, die Qualität der Ausbildung sehr hoch zu halten. Es würde aber niemand verstehen, wenn wir die Qualität hochhalten und dann aber reihenweise Gruppen dichtmachen müssen.


„Wir haben damit die kürzeste berufsvorbereitende Ausbildung bundesweit – ohne die Qualität zu schmälern“, lobt Kultusminister Tonne sein Konzept. Sein vorrangiges Ziel ist es aber, die offenen Stellen besetzen zu können. „Wir tun gut daran, die Qualität der Ausbildung sehr hoch zu halten. Es würde aber niemand verstehen, wenn wir die Qualität hochhalten und dann aber reihenweise Gruppen dichtmachen müssen.“ FDP und Grüne im Landtag kritisieren den Kultusminister für seinen Niedersachsen-Plan. „Von einer echten Qualitätssteigerung in den Kindertagesstätten hat sich Minister Tonne nun endgültig verabschiedet. Stattdessen geht es nur noch darum, möglichst schnell Betreuungspersonal zu rekrutieren“, sagt der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Björn Försterling. Der Kultusminister „verschlechtert die Ausbildungsbedingungen und schafft Chaos in der Ausbildungslandschaft“, klagt Julia Willie Hamburg, bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Die beiden Oppositionsparteien fordern stattdessen in einem gemeinsamen Antrag, die Arbeitsbedingungen der bereits ausgebildeten Erzieher deutlich zu verbessern. „Wenn Fachkräfte von ihrem Beruf leben können, werden sie auch weiter in ihrem Beruf arbeiten“, sagt Hamburg, und Försterling stellt fest: „Die Rahmenbedingungen ließen sich nur mit der dritten Kraft im Kindergarten verbessern.“
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Dieser Artikel erschien in Ausgabe #119.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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