
Prof. Hubert Meyer, Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages (NLT), hat wenige Wochen vor seiner Verabschiedung in den Ruhestand eine schonungslose Analyse der kommunalen Finanzverfassung zu Papier gebracht. In der "Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht" (NVwZ) schildert der Jurist zunächst die Tatsache, dass bei wachsenden Steuereinnahmen das starke Ausgabenwachstum die deutschen Kommunen immer mehr in die roten Zahlen treibe. Die 37 niedersächsischen Kreise hätten in diesem Jahr ein Defizit von 1,2 Milliarden Euro angehäuft, das deute auf strukturelle Fehlentwicklungen hin. Das Grundgesetz lege fest, dass die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten ausführen. In Niedersachsen und den anderen Flächenländern gelte nun der Grundsatz der "Konnexität". Das heißt, dass das Land sämtliche den Kommunen übertragene Ausgaben auch vollständig finanzieren müsse. In der Praxis geschehe das aber nicht. So hätten Kreise und kreisfreie Städte für die Krankenhäuser einen "Sicherstellungsauftrag", der die Finanzierung des laufenden Betriebs pro forma nicht umfasse, da dies Aufgabe des Bundes und der Kassen sei. Tatsächlich aber müssten die Kommunen einspringen, da der Bund die Kliniken nicht ausreichend finanziere. Bei den Kindergärten müsse das Land eigentlich knapp 60 Prozent der Personalkosten tragen, doch diese Abmachung treffe wegen der Inflation und der Tarifsteigerung schon lange nicht mehr zu - die Zeche müssten die Kommunen übernehmen. Besonders bitter bewertet Prof. Meyer die Wirkung der Schuldenbremse. Dem Bund seien enge Grenzen vorgegeben, den Ländern - bisher - ebenfalls. In Niedersachsen sei das so gelöst worden, dass das für die Kommunalaufsicht zuständige Land den Kommunen scheinbar großzügig eine Ausweitung der Kommunalschulden gestattete. Die Last sei also an die Kommunen weitergereicht worden. Der NLT-Hauptgeschäftsführer spricht von einem "toxischen Gemisch": Einerseits dürfe der Bund nicht in die Zuständigkeit der Kommunen eingreifen, andererseits müssten die Länder wegen der Konnexität den Kommunen alle Kosten erstatten. In der Folge geschehe ein Verdrängungseffekt zu Lasten der Kommunen, der begleitet werde mit einer Erlaubnis der höheren Kommunalverschuldung. Dies werde dann noch, wie in Niedersachsen 2024 geschehen, vom Staatsgerichtshof als zulässig sanktioniert. Nötig sei eine Gemeindefinanzreform, die den Kommunen mehr Geld zuweist - etwa über eine Revitalisierung der Gewerbesteuer, eine höhere Grundsteuer oder einen höheren Anteil an der Einkommensteuer. All das sei schwer umzusetzen, daher komme auch ein höherer Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer in Betracht.