Porzellan aus Fürstenberg: Bald soll nun das Land Niedersachsen direkt die Regie führen
Eine der traditionsreichsten Einrichtungen Niedersachsens rückt künftig noch näher an die politischen Verantwortlichen im Lande heran: Zu den Schritten, die die Nord/LB zur eigenen Gesundschrumpfung übernehmen soll, gehört auch der Verkauf der Porzellanmanufaktur in Fürstenberg. Dies ist eine von zwei wichtigen und symbolträchtigen Beteiligungen. Die andere ist die an der Lotto-Gesellschaft, die lukrativ ist und einen jährlichen Gewinn von neun Millionen Euro verbuchen kann. Im Fall der Glücksspiel-Gesellschaft vollziehen die Akteure nun eine 180-Grad-Wende.
Vor mehr als 20 Jahren hatte das damals noch notleidende Land Niedersachsen seine Anteile an der Lotto-GmbH an die Nord/LB veräußert. Das geschah seinerzeit mit dem Ziel, die eigene Haushaltslage des Landes aufzubessern. Heute ist das Unternehmen mit Sitz in der Südstadt von Hannover weitaus professioneller aufgestellt als damals. Jetzt ist es die notleidende Nord/LB, die Hilfe des – inzwischen finanzielle gesundeten – Landes benötigt.
Was bedeutet nun der Eigentümerwechsel bei Fürstenberg und Lotto-GmbH? Die Porzellanmanufaktur wurde 1747 gegründet und ist damit die zweitälteste derartige Einrichtung in Deutschland – älter ist nur die 1710 gegründete Manufaktur in Meißen im Freistaat Sachsen. Die Herstellung des „weißen Goldes“ war seinerzeit eine Domäne der weltlichen Herrscher, im Fall Fürstenberg wurde ein Auftrag des Herzogs Karl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel umgesetzt. Viel stärker noch als diese ist die Manufaktur in Meißen mit den Mächtigen verbunden. Der sächsische Kurfürst August der Starke hat im 17. und 18. Jahrhundert mit seiner beeindruckenden Kunstsammlung, zu der auch Porzellan zählte, seine eigenen Herrschaftsansprüche unterstrichen und seine Bedeutung hervorgehoben. Bis vor wenigen Jahren wurde in der Manufaktur in Meißen der Beiname „staatlich“ verwendet, damit betonte man einen hoheitlichen Anspruch.
Einen derartigen Auftritt hatte die Manufaktur in Fürstenberg zwar nie, aber die Verbindung zum Land Braunschweig war über Jahrhunderte sehr intensiv – zumal der heutige Kreis Holzminden auch ein Teil des alten Braunschweiger Landesgebietes war. Die Braunschweigische Staatsbank (BStB) übernahm 98 Prozent der Anteile an der Manufaktur, beim Übergang der BStB auf die Nord/LB ging dieser Besitz 1970 auf die Nord/LB über, die Nord/LB-eigene Beteiligungsgesellschaft trägt den beziehungsreichen Namen „Braunschweig GmbH“, der Kreis Holzminden trägt seit jeher zwei Prozent Anteile.
Noch 100 Beschäftigte arbeiten in der Porzellanmanufaktur
Mit dieser historischen Vorprägung wird deutlich, dass die Manufaktur Fürstenberg vor allem im alten Braunschweiger Land fest verwurzelt ist. Wenn nun anstelle der Nord/LB das Land Niedersachsen direkt Eigentümer wird, könnten auch die Kommunen im alten Braunschweiger Land Ansprüche auf Mitsprache und Mitwirkung stellen. Das gilt nicht zuletzt auch im Zusammenhang mit dem bisher ungeklärten Weg, wie die bisher mit der Nord/LB eng verwobene „Braunschweiger Landessparkasse“ (BLSK) herausgelöst und selbstständig stabilisiert werden kann – womöglich über eine Kommunalisierung.
Die Porzellanmanufaktur musste in den vergangenen Jahren unter Umsatzrückgängen leiden, von mehr als 200 Mitarbeitern in den neunziger Jahren sind jetzt rund 100 übrig geblieben. Höherwertiges Porzellan findet auf dem Markt nicht problemlos Käufer. Das Management wurde vor vier Jahren verändert, der Jahresumsatz wird mit 5 Millionen Euro angegeben. Ob das Land die Manufaktur mittelfristig weiterverkaufen wird? Damit ist wohl nicht zu rechnen, aus historischen wie landschaftspolitischen Gründen.
Bei Lotto Niedersachsen geht es um die Hälfte der Anteile
Beim zweiten Unternehmen, das zur Verstaatlichung ansteht, der Lotto-GmbH, geht es um knapp die Hälfte der Anteile. Der Rest wird im Wesentlichen vom Niedersächsischen Fußballverband und vom Landessportbund getragen. Zwar durfte sich das Land bereits im vergangenen Jahr über höhere Einnahmen durch Lotto Niedersachsen freuen. Insgesamt bekam das Land knapp 295 Millionen Euro, rund vier Prozent mehr als im Vorjahr. Und Lotto Niedersachsen ist bei Marketing und Digitalisierungsstrategie bundesweit vergleichsweise gut aufgestellt.
Lesen Sie auch:
Das ist der Niedersachse der Woche
Zugleich aber nagt die Konkurrenzsituation mit Anbietern aus dem Grau- und Schwarzmarkt an den Einnahmen des Deutschen Lotto-und-Toto-Blocks. Zwar haben sich die Einnahmen in den vergangenen Jahren wieder etwas erholt, dennoch sieht man auch bei Lotto Niedersachsen gravierende Auswirkungen durch die illegale Konkurrenz. Die Umsätze von Anbietern des Grau- und Schwarzmarkts wurden 2017 auf rund 700 Millionen Euro geschätzt. Von diesem Umsätzen gehen nicht wie bei Lotto Niedersachsen 40 Prozent ans Land. Bei Lotto befürchtet man, dass diese Asymmetrie dauerhaft daher zu weiteren Einbußen auf Seiten des Unternehmens und dadurch auch des Landes führen könnte.