
Der Börsengang von Porsche ist wohl aus Sicht der Akteure ein voller Erfolg gewesen. Mehr als 9 Milliarden Euro nehme die Mutter, der Volkswagen-Konzern, dadurch ein, hieß es gestern. Damit sei dem Sportwagenhersteller „der größte deutsche Börsengang seit der Telekom“ gelungen – und die Telekom-Aktien kamen schon vor mehr als 25 Jahren auf den Markt, der spätere Verlauf war damals eher ernüchternd gewesen. Die spannende Frage wird nun sein, wie groß der Geldsegen am Ende für das Land Niedersachsen, einem der größten VW-Anteilseigner, sein wird. Doch das Finanzministerium in Hannover hat am Donnerstag allzu hochtrabende Erwartungen gedämpft: Zunächst fließt das Geld nicht dem Landeshaushalt zu, sondern der landeseigenen Hannoverschen Beteiligungsgesellschaft (HannBG), die verschiedene Unternehmensbeteiligungen des Landes hält. Dann ist noch die Frage, wie stark der Betrag durch Versteuerung sinken wird – denn für ihren Gewinn zahlt die HannBG Köperschafts-, Gewerbe- und Kapitalertragsteuer. Ein erheblicher Anteil der zusätzlichen Einnahmen geht auch an die Volkswagenstiftung, einer gemeinnützigen Stiftung, die Forschung und Lehre finanziell unterstützt. Sie verfügt derzeit über ein Kapital von rund 3,9 Milliarden Euro.
Das Land Niedersachsen ist einer der größten Anteilseigner bei VW und übt 20 Prozent der Stimmrechte bei dem Konzern aus (bei einem Anteil von knapp zwölf Prozent). Über das VW-Gesetz ist geregelt, dass bahnbrechende Entscheidungen in der Hauptversammlung einer Mehrheit von 80 Prozent bedürfen – das Land hat also ein Vetorecht. Größter VW-Anteilseigner ist die Porsche-Holding, das Emirat Katar hält einen Anteil von 10,5 Prozent. Vor Monaten war spekuliert worden, ob Volkswagen im Vorfeld kräftiger Investitionen (für E-Mobilität und Batteriezellenfabriken) eine Kapitalerhöhung benötige. In diesem Fall hätte das Land vor der Frage gestanden, ob es zur Sicherung der Sperrminorität dabei mitziehen muss. Diese Debatte wird aber aktuell offenbar nicht geführt. Es heißt nun, dass mit dem Porsche-Börsengang, der VW kräftige Einnahmen beschert, zwei Pläne verknüpft seien – zum einen lege man Milliardenbeträge für die geplanten Investitionen zurück, zum anderen wolle man eine Sonderdividende ausschütten. Darüber soll die VW-Hauptversammlung befinden, mit der für Dezember gerechnet wird.
Allgemein wird damit gerechnet, dass ein Landesanteil an der Sonderdividende in Höhe von rund einer Milliarde Euro an die HannBG überwiesen werden könnte. Nun ist aber denkbar, dass es bei einer sich zuspitzenden Krise womöglich gar nicht zu einer Dividendenzahlung kommt, da der Konzern das Geld dann vielmehr für Notfälle zurücklegen muss. Viel hängt davon ab, unter welchem Stern die nächste VW-Hauptversammlung steht. Die andere Frage ist, wie hoch im Fall einer Dividendenauszahlung die Einnahmen für die HannBG tatsächlich wären – und dann auch, wie vordringlich die HannBG diese Beträge für eigene Zwecke ausgeben wird.
Die HannBG hält für das Land Anteile an der Nord/LB, der Salzgitter AG, der Hannover-Messe und dem Flughafen Hannover-Langenhagen. Manche dieser Unternehmen dürften auch in Zukunft noch einen erheblichen Finanz- und Sanierungsbedarf haben, der womöglich vorrangig befriedigt werden muss. Erst danach wäre denkbar, dass das Land ein Darlehen bei der HannBG für den eigenen Haushalt aufnimmt. Eine Sonderregel gibt es für die Volkswagenstiftung, die Anspruch auf die Hälfte der dem Land zustehenden Sonder-Dividende hätte, ausgezahlt im Voraus in einer sogenannten „Als-ob-Dividende“. Zu diesem Zweck müsste das Land vermutlich in Vorleistung treten, denn die Brutto-Dividende muss direkt aus dem Landeshaushalt an die Stiftung überwiesen werden. Eine offene Frage ist auch, ob die Volkswagenstiftung diese Einnahme in Form von Bargeld oder Vermögensanteilen an VW oder Porsche haben will.