16. Sept. 2019 · 
Inneres

Polizeireform wird angepasst: Mehr Polizisten sollen in ländliche Gebiete

Länger als ein Jahr ist daran gearbeitet worden, am Donnerstag nun sollen die Resultate präsentiert werden. Innenminister Boris Pistorius (SPD) stellt erst den Mitgliedern des Landtags-Innenausschusses und dann der Öffentlichkeit seine Pläne für Veränderungen der Polizeistruktur in Niedersachsen vor. Das Ministerium selbst spricht von „strategischen Organisationsanpassungen“, hält sich aber gleichwohl noch bedeckt. Wie das Politikjournal Rundblick erfahren hat, stehen mehrere heikle Punkte an: Wird erstens für die Bekämpfung der Cyber-Kriminalität, die einen immer größeren Umfang einnimmt und zur ernsten Bedrohung für die Sicherheit wird, eine organisatorische Stärkung vorgenommen? Werden zweitens die bis zu 1500 zusätzlichen Beamten, die über den Ersatz der pensionierten Kollegen hinaus eingestellt werden, schwerpunktmäßig in den Ballungsräumen eingesetzt oder „in der Fläche“, also in ländlichen Gegenden? Und wird es drittens einen speziellen Zweig der Ausbildung für die Kriminalbeamten geben, wie er bis zur ersten (noch rot-grünen) Polizeireform von 1994 bestanden hatte?

"Hannoversches Modell" kein Vorbild für andere Regionen

In vielen Details rätseln noch die Fachleute, denn erst am Donnerstag wollen der Innenminister, Landespolizeipräsident Axel Brockmann und Landespolizeidirektor Knut Lindenau den Schleier lüften. Es schält sich allerdings schon einiges heraus. An der Grundstruktur, nämlich der Aufteilung der 23.000 Polizeibediensteten auf sechs Polizeidirektionen (Hannover, Braunschweig, Oldenburg, Osnabrück, Lüneburg und Göttingen), darunter 33 Polizeiinspektionen und 89 Polizeikommissariaten, dürfte sich nichts ändern. Daneben gibt es die Zentrale Polizeidirektion, die Hubschrauberstaffel und Bereitschaftspolizei bündelt. Hier wurde wiederholt über eine stärke Dezentralisierung nachgedacht. Im Frühjahr hatte die Polizeidirektion Hannover ein Reformmodell vorgelegt, das die Zusammenlegung der bisher vier Polizeiinspektionen zu nur noch zwei vorsah, außerdem die Zentralisierung der Hunde- und Reiterstaffeln. Mit der Einsparung von Verwaltungsaufgaben kann es so gelingen, mehr Polizisten weg vom Schreibtisch und hin zu Streifendiensten zu bewegen. In Polizeikreisen heißt es allerdings, das „hannoversche Modell“ beziehe sich ausschließlich auf die Landeshauptstadt, eine flächendeckende Fusion mehrerer Polizeiinspektionen sei also nicht zu erwarten. In einer Hinsicht allerdings könnte Hannover schon Vorbild sein für andere: Dort soll der Einsatz- und Streifendienst Zug um Zug von besonderen Aufgaben entlastet werden (etwa die Begleitung von Demonstrationen). Einspringen müssten dann gestärkte „Verfügungseinheiten“, die auch bei Drogen- und Verkehrskontrollen gerufen werden.

Mehr Polizisten in Lüneburg, Göttingen und Osnabrück

Wahrscheinlich ist, dass Pistorius einen Schwerpunkt auf die Stärkung der ländlichen Bereiche legen wird – also die Personalverstärkung vor allem in den Polizeidirektionen Lüneburg und Göttingen, womöglich auch Osnabrück (wegen der Grenze zu den Niederlanden). Damit dürfte der Großteil der zusätzlichen Polizeibeamten wohl nicht im Ballungsraum Hannover eingesetzt werden. Bei der Cyberkriminalität geht es um zwei Fragen, ob nämlich in jeder Inspektion geschultes Personal vorhanden sein soll – und ob es im Landeskriminalamt eine eigene Abteilung für diesen Bereich geben wird, in der das Fachwissen konzentriert wird. Die CDU pocht außerdem auf eine Sonder-Laufbahn für IT-Spezialisten im Sicherheitsbereich – also den Versuch, mit guten Gehältern und guten Karrierechancen junge Leute für diese Tätigkeiten bei der Polizei anzulocken. Hierfür müssten sich wohl zunächst noch die Innen- und Finanzpolitiker der Koalition einig werden. Wenn es in der Vergangenheit darum ging, die Polizeireformen von 1994 und 2004 zu überprüfen, spielte auch immer die Frage der „zweigeteilten Laufbahn“ eine Rolle. Die Kriminalpolizisten kritisierten, dass sie seit 1994 keinen eigenen Ausbildungszweig mehr hatten. Inzwischen hat sich die Debatte beruhigt, da auch der Bund deutscher Kriminalbeamter (BdK) nicht mehr für die Rückkehr zur alten Form kämpft – was früher regelmäßig die Gegenwehr der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ausgelöst hatte. Inzwischen gibt es aber wieder – ohne große Aufregung, eher unauffällig – eine Sonder-Ausbildung von bislang 25 jungen Polizisten, die in der Polizeiakademie Nienburg für die direkte Verwendung bei der Kripo geschult werden. Im kommenden Jahr sollen es dann schon 75 sein, dann an allen Standorten der Polizeiakademie. Damit kommt das Land den Wünschen der Kriminalpolizei stark entgegen.
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Dieser Artikel erschien in Ausgabe #161.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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