POLITIKNERD der Woche (09/2023): Jan Hägerling
In der Landjugend war Jan Hägerling einfach, weil alle da waren. Und von jetzt auf gleich wurde er zum Landesvorsitzenden und dann zum Bundesvorsitzenden der Jugendorganisation für das Leben im ländlichen Raum. Jetzt gestaltet der 26-Jährige Politik zwischen Scheunenfest und Bundesministerium und schaut dabei schon längst nicht mehr von außen auf den politischen Betrieb. Wir präsentieren den Politiknerd Nummer Neun:
„Zuhause war einfach jeder in der Landjugend, deshalb war es für mich völlig normal, dass ich da auch hingegangen bin“, erinnert sich Jan Hägerling daran, wie es so langsam los ging mit seinem Engagement. Der Jugendverband, der in Niedersachsen 10.000 und bundesweit rund 100.000 Mitglieder zählt, hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine Interessenvertretung für die Jugend im ländlichen Raum zu sein. An der Basis, in den Ortsgruppen, geht es dabei zunächst erstmal um Geselliges und Freizeitbeschäftigung: Osterfeuer, Scheunenfeten, Grünkohlwanderung, Zeltlager. Jan Hägerling hat das alles mitgemacht und macht es noch. In seinem Dorf, Ahnsbeck im Landkreis Celle, gibt es zudem noch die sogenannte 72-Stunden-Aufgabe. Dabei gibt der Gemeinderat etwas vor, und die Jugend hat dann drei Tage Zeit, um diesen Vorschlag für das Dorf umzusetzen. Das stiftet Gemeinsinn, man lernt, zusammenzuhalten.
Für Jan Hägerling war die Beschäftigung mit dem eigenen Dorf aber irgendwann nicht mehr genug. Er hat sich umgehört, wo es noch andere Landjugend-Gruppen gibt, und was jenseits der eigenen Grenzen so los ist. Dabei hat er sogar die Landesgrenzen hinter sich gelassen und nahm 2015 an einem Austauschprogramm mit dem britischen Pendant teil, dem englischen Young Farmers Club. Bei einer Veranstaltung der Landjugend Niedersachsen berichtete er dann über seine Erfahrungen und so nahmen die Dinge ihren Lauf.
Wie es dann manchmal so kommt in ehrenamtlichen Strukturen, erhält der, der sich vorwagt, dann auch rasch die höheren Weihen. Deshalb wurde Jan Hägerling Ende 2017 nicht nur in den Landesvorstand, sondern direkt zum Co-Vorsitzenden des paritätisch besetzten Spitzenduos gewählt. „Ich wurde gefragt, ob ich Lust habe, mitzumachen“, schildert er im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Im erste Moment habe er abgelehnt, aus Zeitgründen. Aber dann sei ihm ein Zitat eingefallen, dass er auf einer Fortbildung aufgeschnappt hatte: „Wenn die Zeit kommt, in der man könnte, ist die vorüber, in der man kann.“ Also hat er es gemacht.
Auf Landesebene wird die Beschäftigung der Landjugend schon deutlich politischer. Dabei geht es nicht nur um Agrarthemen, sondern vorrangig um die Organisation von Bildungsangeboten für die Mitglieder. Aus Mitgliedsbeiträgen und über das Sozialministerium finanziert gibt es dann Seminare zu Rhetorik, Ernährungsbildung, Handwerk aber auch Nachhaltigkeit und Mobilität, was ja gerade im ländlichen Raum ein ganz besonderes Thema für junge Menschen ist.
Im November 2020 ging es für Jan Hägerling dann noch eine Ebene weiter nach oben, da wurde er zum Co-Bundesvorsitzenden der Landjugend gewählt. „Auf Bundesebene ist es dann nur noch politisch“, sagt er, der seitdem ständig zwischen Celle und Berlin hin- und herpendelt. In dieser Funktion ist es nun seine Aufgabe, die bundespolitischen Rahmenbedingungen bei der Agrar- und Jugendpolitik mitzugestalten und dabei vor allem die Perspektive der ländlichen Berufsstandsjugend zu vermitteln, also die Sicht des jungen Handwerks, der jungen Landwirte, der jungen Hauswirtschafter und so weiter.
Sein ehrenamtliches Engagement, das ihn neben seinem Hauptjob als selbständiger Groß- und Außenhandelskaufmann (in einem kombinierten Betrieb mit Tischler und Heizungstechnik) im Schnitt pro Tag mindestens eine Stunde beschäftigt, trifft er schon mal Landes- und Bundesminister wie die frühere Landesagrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) aber auch die Bundesminister Cem Özdemir und Lisa Paus (beide Grüne) sowie die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Besonders stolz ist Jan Hägerling aber nicht auf das, was er erlebt, sondern auf das, was er erreicht hat. „Das Schönste ist es, wenn man ein Anliegen von Zuhause mit nach Berlin nehmen kann“, sagt er. Dazu zählt für ihn eine politische Initiative, die es nun möglich macht, dass auch Vereine ohne anerkannte Gemeinnützigkeit Bundesfördermittel für ihre Arbeit erhalten können. Immerhin eine Viertelmillion wurde dafür bereitgestellt. In dem Gremium, in dem er dafür geworben hat, war das nicht unumstritten, schließlich wirkt darin auch das „Bündnis für Gemeinnützigkeit“ mit. Es sei ihm aber gelungen, das zu tun, was sein großes Hauptanliegen ist: „Gräben schließen und Horizonte öffnen.“
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