
Immer mehr Politiker entdecken den Podcast-Trend für sich. Nach seiner Boom-Phase vor gut fünf Jahren, hat das Format inzwischen die Domäne der Medienschaffenden überschritten. Vorreiter dieser Entwicklung waren sicher die SPD-Politiker Lars Klingbeil und Kevin Kühnert mit „Die K-Frage“, mittlerweile sprechen aber auch Gregor Gysi (Linke) und Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) miteinander via Mikrofon in „Gysi und Guttenberg“. Auf niedersächsischer Landesebene setzen die Grünen-Landtagsabgeordnete Sina Beckmann (Friesland) und ihr kommunalpolitischer Kollege Manuel von Heugel neue Standards. Seit über einem Jahr „hosten“ die beiden ihren Podcast mit dem Namen „Politik aufs Ohr“ (hier anhören). Zunächst haben sie wöchentlich selbst miteinander gesprochen. Inzwischen laden die beiden Grünen-Realos auch externe Gäste ein, um über aktuelle politische Themen zu diskutieren. Im März, kurz bevor ihre 50. Folge erschienen ist, waren Sina Beckmann und Manuel von Heugel zu Gast im Politiknerds-Podcast vom Politikjournal Rundblick. In dieser Folge unterhielten sich die beiden Laien-Podcaster mit Rundblick-Redakteur Niklas Kleinwächter darüber, wie man eigentlich einen Politik-Podcast aufzieht.
Nach ihren Motiven gefragt, antwortete Beckmann: „Wir haben den Anspruch, dass wir Politik mal ein bisschen besser erklären.“ Ihr Parteibuch spielt für sie dabei eine untergeordnete Rolle. „Wir sind auch kritisch. Nicht alles, was Grün macht, ist super“, sagt Manuel von Heugel. Es sei zwar nicht ihr Ziel gewesen, an Parteistrukturen vorbeizukommunizieren, doch die klare Positionierung verschafft den beiden auch ein eigenes Profil. „Vor dem Podcast haben mich die Leute anders wahrgenommen“, sagt von Heugel. Beckmann meint, dass in Parteien viele Themen im geschlossenen Raum diskutiert werden, beispielsweise über die Migration. Der Podcast sei für sie ein Format, in dem Menschen mit gegensätzlichen Positionen zusammengeführt werden können. Man könne diskutieren, ohne überzeugen zu müssen, und könne gerade deshalb anschließend wieder friedlich auseinandergehen.
Ein anderes Format als Beckmann und von Heugel hat sich der CDU-Bildungspolitiker Lukas Reinken (Wahlkreis Cloppenburg-Nord) für seinen neuen Podcast überlegt. Drei Pilotfolgen hat er bereits bei Spotify veröffentlicht, mehr sei aktuell in Planung, wie er dem Politikjournal Rundblick verriet. Der Titel seines Politiker-Podcasts gibt den Ton an: „Schluss mit meckern – der Optimisten-Podcast“ (hier anhören). Er sei zwar begeisterter Podcast-Hörer, ihn störe aber immer wieder die „Negativspirale“, in die sich die Gesprächspartner begeben. „Es wird zu oft über die Probleme gesprochen statt über das, was gut läuft“, sagt Reinken. In seinem Podcast unterhält er sich deshalb mit Gästen über neue Ideen und Vorschläge, wie man etwas verbessern könnte. In der Mitte des Tisches steht dann ein Buzzer: Wer meckert, wird mit einem akustischen Signal bestraft.
Die Tagespolitik spiele dabei eine untergeordnete Rolle, die Themen werden vom jeweiligen Gast gesetzt. Bisher waren Jan Gutzeit vom Leichtathletikverband und Franziska Lammert von der Jungen Union seine Gäste. Gesprochen wurde dann über die deutsche Olympiabewerbung und die europäische Integration. Während Gutzeit und Lammert politisch aus Reinkens Lager kommen, zeigt aber schon die dritte Folge, dass er auch über die Parteigrenzen schauen möchte. Da war sein Gast Thore Güldner, ein SPD-Abgeordneter, der wie Reinken im Kultusausschuss mitarbeitet. Anders als Beckmann und von Heugel hat Reinken keinen wöchentlichen Veröffentlichungsrhythmus im Blick. Nachdem die ersten drei Pilotfolgen erschienen sind, plant er gerade gemeinsam mit seiner Social-Media-Referentin die nächste Staffel. Über den Sommer möchte er mehrere neue Folgen am Stück produzieren und diese dann nach und nach veröffentlichen. „Anders ist das mit meinem normalen Arbeitspensum nicht zu schaffen“, sagt Reinken.
Auch in der Regierung wird mit dem Podcast-Format gearbeitet. Kürzlich hat Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) die zweite Folge ihres neuen Video-Podcasts veröffentlicht (hier ansehen). Nachdem in der Premierenfolge Prof. Aladin El-Mafaalani dabei war, sprach Hamburg diesmal mit Stefan Ruppaner, dem ehemaligen Schulleiter der Alemannenschule in Wutöschingen. Ziel der Ministerin sei es, mit ihren Podcast-Gesprächen Anregungen zu neuen Ideen für Niedersachsens Schulen zu geben, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums.
Ein weiterer Landespolitiker trägt sich aktuell mit dem Gedanken, seinen eigenen Podcast zu veröffentlichen. Wie das Politikjournal Rundblick erfahren hat, möchte auch der SPD-Politiker Christoph Willeke (Wahlkreis Goslar) künftig per Mikrofon kommunizieren. Seinen Newsletter habe er bereits abgeschafft, berichtete er über den Stand der Vorbereitungen.