22. Apr. 2021 · 
Inneres

Pistorius will einheitliche IT-Infrastruktur in der Landesverwaltung

Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat weitere Bemühungen der Großen Koalition angekündigt, die IT-Struktur zu ändern und damit die Landesverwaltung auf stärker zentralisierte Verfahren einzuschwören. In einer von der FDP beantragten Landtagsdebatte sagte er kürzlich, dass „Beharrungsvermögen der Ressorts“ sei stark, und natürlich sei es zunächst verständlich, dass jede Verwaltung möglichst ihre eigene IT-Technik behalten wolle. „Wir werden aber zu mehr standardisierten Verfahren kommen müssen.“ Der CDU-Innenpolitiker Sebastian Lechner gab dem Minister ausdrücklich Recht: „Mehr als 50 verschiedene IT-Stellen und -zentralen, das ist nicht angemessen. Der CIO, der für die Digitalisierung in der Landesverwaltung zuständig ist, sollte mehr Durchgriffsrechte bekommen. Die Ressortzuständigkeiten für die IT-Technik sollte teilweise aufgehoben werden.“

Rechnungshof bemängelte „kritischen Programmstand“

Anlass für die Landtagsdebatte war die eine FDP-Anfrage, die sich auf eine Stellungnahme des Landesrechnungshofes bezieht. Dieser hatte mit Blick auf das Ziel, die Landesverwaltung zielstrebig für neue digitale Formen vorzubereiten, von einem „kritischen Programmstand“ gesprochen. Beklagt wurden eine fehlende entschlossene Führung der Aufgabe, ein häufiger Wechsel der Verantwortlichkeiten und ein Streit zwischen Innenministerium und dem Landesbetrieb IT-Niedersachsen, die sich beide die Zuständigkeit teilten. Es fehlten mindestens 20 Fachkräfte im Ministerium, der Abfluss der Haushaltsmittel geschehe so langsam, dass im vergangenen Jahr 20 Millionen Euro zunächst für andere Zwecke eingesetzt worden waren.

Der Rechnungshof meint, dass die Mittel für die Digitalisierung der Verwaltung insgesamt zu knapp bemessen seien. Das Online-Zugangsgesetz des Bundes (OZG) verlangt, dass bis Ende 2022 die Bürger alle Verwaltungsleistungen auch elektronisch über entsprechende Portale regeln können sollen. Nicht festgelegt ist allerdings, dass auch auf Seiten der Verwaltung die weitere Bearbeitung online geschehen muss. Der LRH-Bericht weckt auch Zweifel, dass dies noch fristgerecht gelingen kann. In 16 Einzelvorhaben gliedert sich die Aufgabe des Innenministeriums, das geht von der elektronischen Akte über ein einheitliches Verwaltungsportal bis zum Aufbau von Langzeitspeichern. Wie Pistorius im Landtag berichtete, sei etwa die Hälfte dieser Projekte schon „auf grün“, die andere „auf einem guten Weg“.

Wir werden in den nächsten Wochen darüber reden, wie viele Stellen wir dafür benötigen.

In der Landtagsdebatte erklärte Christian Meyer (Grüne), er habe Zweifel, ob das Land wirklich wie vorgeschrieben bis Ende 2022 alle Verwaltungsdienstleistungen online anbieten kann. Pistorius antwortete, die Länder hätten unter sich die Aufgaben verteilt, daraus werde am Ende ein Gesamtkonzept. Auf die Nachfrage von Stefan Wenzel (Grüne), ob das Innenministerium jetzt um die rund 100 zusätzlichen nötigen Fachkräfte kämpfen werde, die der Landesrechnungshof als notwendig erachte, sagte Pistorius: „Wir werden in den nächsten Wochen darüber reden, wie viele Stellen wir dafür benötigen.“ Manche der Hinweise des Rechnungshofs seien aber schon veraltet, da das Innenministerium längst bereits Konsequenzen gezogen und Aufgaben neu zugeordnet habe. Den Vorwurf von Jörg Bode (FDP), Niedersachsen sorge in dem hier bearbeiteten Teilgebiet der Gesundheitsverwaltung lediglich dafür, dass Akten auf ein pdf-Dokument übertragen werden können, wies der Innenminister empört zurück. Das sei „eine Diffamierung“, denn in Wirklichkeit gehe man viel weiter.

Grüne fordern Investitionsschub für die Digitalisierung

Der Grünen-Politiker Meyer meinte, das Land brauche jetzt einen Investitionsschub für die Digitalisierung – die bisher zunächst vorgesehen Mittel aber seien teilweise unter Haushaltsvorbehalt gestellt worden, außerdem fehlten den Kommunen 183 Millionen Euro vom Land, damit auch sie die Aufgabe vernünftig erfüllen könnten. Der CDU-Politiker Lechner widersprach und verwies auf das Sondervermögen für Digitalisierung. Gleichzeitig betonte Lechner, künftig müsse man IT-Fachleute in der Landesverwaltung besser bezahlen und auch eine eigene Laufbahnverordnung für die Beamten in diesem Bereich schaffen.

Die Verfügbarkeit personeller fachlicher Ressourcen im Themenfeld Gesundheit ist zurzeit noch zu gering.

In einer Antwort auf detaillierte Fragen mehrerer Grünen-Abgeordneten, angeführt von Stefan Wenzel, räumte das Innenministerium ein, dass die Arbeiten für eine moderne Gesundheitsverwaltung unter der aktuellen Corona-Pandemie leiden. „Die Verfügbarkeit personeller fachlicher Ressourcen im Themenfeld Gesundheit ist zurzeit noch zu gering“, heißt es in der Antwort. Was den Personalbedarf angeht, werde man das im Zuge der Aufstellung des Haushaltsplans für 2022/2023 prüfen und erörtern.

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #076.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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