20. Juli 2017 · 
Inneres

Pistorius rüstet Hilfsorganisationen für den Katastrophenfall

Ein neuer Beirat, einheitliche Ausrüstung und eine klarere Aufgabenverteilung der Hilfsorganisation im Ernstfall: Innenminister Boris Pistorius hat am Donnerstag ein überarbeitetes Katastrophenschutzprogramm vorgestellt. Es zeigt: Die Landesregierung hat bei vergangenen Ernstfällen hingeschaut. Katastrophenschutz - bei diesem Stichwort kommen erst einmal Bilder von Unfällen in Atomkraftwerken, Großbränden, Überflutungen oder Zugentgleisungen ins Gedächtnis. Doch Katastrophen nach heutigem Maßstab sind viel weiter zu fassen. Die Flüchtlingskrise, der Terror in Europa oder die zunehmende Gefahr durch Cyberattacken auf überlebenswichtige Infrastruktur - diese Szenarien spielten vor ein paar Jahren noch im Katastrophenschutz kaum eine Rolle. "Doch jetzt machen sie deutlich, wie wichtig eine Struktur im Katastrophenschutz ist", sagt Innenminister Pistorius. [caption id="attachment_18516" align="alignnone" width="780"] Ein Mitglied der Johanniter erklärt Innenminister Boris Pistorius den neuen Einsatzwagen für den Katastrophenschutz. Foto: Christian[/caption] Er lobte, Niedersachsen sei eins der wenigen Länder, das auch im Ernstfall auf eine feste Basis freiwilliger Helfer zurückgreifen könne. Doch es fehlt der Überbau. Was, wenn mehrere Einheiten der Hilfsorganisationen wie dem Deutschen Roten Kreuz oder der Johanniter  aus verschiedenen Landkreisen zusammengezogen werden müssen, etwa um tagelang Flüchtlinge erstzuversorgen? Dafür hatten die hauptamtlichen und ehrenamtlichen Helfer bisher weder die Ausrüstung noch die Strategie. Das soll sich nun ändern. Pistorius hat den Erlass zur Gliederung und Sollstärke der Einheiten des Katastrophenschutzes dahingehend geändert, dass nun auch für große Szenarien mit vielen Opfern genau festgelegt ist, wie die Organisationen reagieren müssen. Die kleinste Einheit ist der Einsatzzug Sanität und Betreuung. 31 Einsatzkräfte rücken mit vier Fahrzeugen an und können 25 Verletzte oder bis zu 250 unverletzte Menschen über 24 Stunden betreuen. Ereignet sich ein größeres Unglück, so können zwei dieser Einsatzzüge mit einer Führungsgruppe zusammengezogen werden. Neu geschaffen wurden die Einheiten "Behandlungsplatz 50" und "Betreuungsplatz "500". Bei ersterer können 81 Sanitäter, Ärzte und Helfer 50 Verletzte pro Stunde versorgen. Der "Betreuungssplatz 500" dagegen ist eine Reaktion auf die Flüchtlingskrise, er kommt dann zum Einsatz, wenn bis zu 500 Menschen bis zu 48 Stunden betreut werden müssen. [caption id="attachment_18518" align="alignnone" width="780"] Innenminister Boris Pistorius erklärt vor einem neuen Einsatzwagen die änderungen im Katastrophenschutz. Foto: Christian[/caption] Voraussetzung dafür ist eine einheitliche Technik. Die soll in den kommenden Jahren Schritt für Schritt umgerüstet werden. Das betrifft vor allem die Einsatzfahrzeuge. Rund 2,5 Millionen stellt das Land dafür jährlich zur Verfügung. 6 Millionen Euro hat der Aufbau der neuen "Behandlungsplätze" mit Materialien und Technik bereits gekostet. "Der Großteil floss in die Anschaffung der Materialien, wie zum Beispiel 3000 winterfesten Zelte und Zeltheizungen", sagt Mirko Temmler, Referatsteilleiter Katastrophenschutz. Denn bei der Flüchtlingskrise habe man gemerkt, dass die vorhandenen Zelte des Katastrophenschutzes überhaupt nicht für eine tagelange Unterbringung bei kalten Temperaturen geeignet seien. Lesen Sie auch:   Der CDU-Landtagsabgeordnete Rainer Fredermann vermisst in der Neuordnung des Katastrophenschutzes bisher aber die andere Akteure wie Feuerwehr, Bundeswehr und Technisches Hilfswerk (THW). "Ein Konzept für den Katastrophenschutz muss alle Beteiligte berücksichtigen und nicht ausschließlich die Hilfsorganisationen", kritisiert er. Doch das könnte sich bald ändern. Am 21. Juni hat der neu gegründete Landesbeirat Katastrophenschutz Niedersachsen seine Arbeit aufgenommen. Dort sind neben den Hilfsorganisationen auch die Polizei, die Feuerwehr, die Bundeswehr, das THW und die kommunalen Interessenverbände vertreten. Der Beirat soll das Innenministerium künftig bei der Ausgestaltung des Katastrophenschutzes beraten.    
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

Artikel teilen

Teilen via Facebook
Teilen via LinkedIn
Teilen via X
Teilen via E-Mail
Alle aktuellen MeldungenAktuelle Beiträge
Foto: Ralf Geithe via Getty Images
Personalmangel nach Rechtsstreit: Warum die Abschiebungen teilweise so lange dauern
12. Mai 2025 · Klaus Wallbaum2min
"Halten Sie die AfD für eine normale demokratische Partei?", wurden die Niedersachsen in der aktuellen Allensbach-Umfrage gefragt. Die Antwort fiel relativ eindeutig aus. | Foto: Link
Verfassung ändern, um vor AfD zu schützen? Rot-Grün und CDU wagen sich weit vor
8. Mai 2025 · Klaus Wallbaum4min
NKG-Verbandsdirektor Helge Engelke | Foto: Struck
Klinik-Gesellschaft schlägt Alarm: Lauterbachs Reform braucht Änderung und verzögert sich
12. Mai 2025 · Klaus Wallbaum3min