Knappe Mehrheitsverhältnisse im Landtag und ein drohender (oder tatsächlicher) Koalitionsbruch? Das hat es in Niedersachsen schon öfter gegeben. Ein Überblick:

1970: Es gab eine Große Koalition im Landtag unter Ministerpräsident Georg Diederichs (SPD). Die CDU, damals stärkste Fraktion, versuchte, mit Hilfe von FDP und Fraktionslosen (sowie möglicherweise auch mit Duldung der NPD) eine bürgerliche Koalition zu bilden und die SPD in die Opposition zu schicken. Im Februar 1970, wenige Monate vor der Landtagswahl im Juni, trat die SPD-Politikerin Maria Meyer-Sevenich zur CDU über. Das hätte der CDU fast die Möglichkeit gegeben, kurz vor der Landtagswahl mit einem konstruktiven Misstrauensvotum Diederichs zu stürzen. Doch am Ende kam es nicht dazu – denn im Mai 1970 verstarb Meyer-Sevenich an einer Diabetis-Erkrankung.

1976: Als Ministerpräsident Alfred Kubel Anfang 1976 altersbedingt ausscheiden wollte, nominierte die SPD/FDP-Koalition Finanzminister Helmut Kasimier als Nachfolgekandidaten. In geheimer Wahl im Landtag erreichte aber nicht er, sondern CDU-Kandidat Ernst Albrecht die meisten Stimmen. Albrecht konnte aber keine Regierung bilden, da es offiziell noch eine SPD/FDP-Landtagsmehrheit gab und diese in offenen Probeabstimmungen auch stets eine Mehrheit erhielt. Nach Kasimier nominierte die SPD Karl Ravens, aber auch er unterlag in geheimen Abstimmungen Albrecht. Erst kam es zu einer Minderheitsregierung, dann zu Schwarz-Gelb.

1989: CDU und FDP hatten eine Einstimmenmehrheit im Landtag. Im September 1989, neun Monate vor der Landtagswahl im Juni 1990, verlor die CDU/FDP-Fraktion im Landtag ihre Mehrheit, weil der Abgeordnete Kurt Vajen, der mit den rechtsextremen Republikanern geliebäugelt hatte, aus der CDU-Fraktion ausgeschlossen wurde. Zum Sturz von Albrecht kurz vor der Landtagswahl kam es nur deshalb nicht, weil der gerade erst im September 1989 in den Landtag nachgerückte SPD-Abgeordnete Oswald Hoch aus der SPD ausscherte, fraktionslos blieb und erklärte, der CDU/FDP-Regierung im Landtag die Mehrheit sichern zu wollen.

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