In der größten niedersächsischen Stadt, der Landeshauptstadt Hannover, werden voraussichtlich am 10. November die Bürger zur Neuwahl des Stadtoberhauptes aufgerufen werden. Am Dienstag hatte Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) einen vorläufigen Schlussstrich unter die mehr als ein Jahr dauernde „Rathausaffäre“ gezogen. Er teilte in einer kurzen Erklärung mit, den Rat um einen vorzeitigen Ruhestand aus besonderem Grund bitten zu wollen.

Ich war und bin mir keines Fehlverhaltens bewusst, aber die Entscheidung liegt beim Gericht“, sagte Schostok am Dienstag in Hannover – Foto: nkw

Falls der Rat diesem Ansinnen Mitte Mai mit Dreiviertelmehrheit zustimmen wird, wovon auszugehen ist, müsste das Innenministerium als Kommunalaufsichtsbehörde über die Entbindung Schostoks von seinen Pflichten entscheiden. Der 54-jährige hätte dann ab sofort Anspruch auf ein Ruhegehalt von 35 Prozent seiner bisherigen monatlichen Bezüge nach B9  plus Zulage (11.302,93  Euro). Schostok bezieht sich damit auf Paragraph 54 der niedersächsischen Kommunalverfassung, die dies als Alternative zu einem Abwahlverfahren vorzeichnet. Dieser Schritt kommt immer dann in Betracht, wenn der Bürgermeister oder Landrat zu der Ansicht gekommen ist, dass das Vertrauen der Volksvertretung in seine Amtsführung fehlt.

Genau eine solche Erklärung hatte Schostok auch abgegeben. Er teilte erneut mit, dass er eigentlich sein Amt mit voller Kraft weiter hätte ausüben wollen. „Ich war und bin mir keines Fehlverhaltens bewusst, aber die Entscheidung darüber liegt nun beim zuständigen Gericht“, betonte der scheidende OB. Auf die gegen ihn gerichtete Anklage wegen schwerer Untreue ging der SPD-Politiker nicht ein. Da ihm aber „die tragenden politischen Kräfte des Rates erklärtermaßen ihre Unterstützung versagen“, beantrage er seine Versetzung in den Ruhestand.

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Nun ist folgender Ablauf vorgesehen: Erst muss der Rat entscheiden, was voraussichtlich am 16. Mai geschehen wird. Danach wird dies der Kommunalaufsicht im Innenministerium zugeleitet, von dort ist eine Zustimmung notwendig – was eine Formsache sein dürfte. Danach wäre ein halbes Jahr für die Neuwahl Zeit. In der internen Zusammenkunft der Fraktionschefs des Rates mit dem OB waren mehrere Termine abgewogen worden, unter anderem Anfang September. Ein Trend für den 10. November als ersten Wahltermin zeichnet sich allerdings im Rat, der den Termin zu entscheiden hat, inzwischen ab. Eine mögliche Stichwahl der beiden Bewerber mit den meisten Stimmen könnte dann am 24. November stattfinden.

SPD und CDU suchen nach geeigneten Kandidaten

In den Parteien hat unterdessen die Kandidatensuche begonnen, mit schnellen Ergebnissen wird allerdings nicht gerechnet. Die SPD dürfte sich auf einen Bewerber aus der eigenen Partei konzentrieren, vorzugsweise aus Hannover – denn jeder Import könnte als Signal fehlinterpretiert werden, man habe keine geeignete Persönlichkeit in Hannover selbst mehr zu bieten. Dass der ehrenamtliche Bürgermeister Thomas Hermann in Betracht käme, der Schostok in den kommenden Monaten bei repräsentativen Anlässen vertreten wird, ist höchst unwahrscheinlich. Manche plädieren für den Ordnungsdezernenten Axel von der Ohe, andere raten zu einer Frau. Auch der Name von Europaministerin Birgit Honé war genannt worden, doch das wäre höchst unwahrscheinlich.

Wer kann Oberbürgermeister: Axel von der Ohe, Mareike Wulf, Birgit Honé oder Petra Bahr? – Foto: LHH/CDU-Nds/MB/Landeskirche Hannovers

In der CDU gibt es einige, die sich bemühen, die Vize-Vorsitzende der Landtagsfraktion, Mareike Wulf, doch zu einer Bewerbung zu überreden. Andere wiederum raten dazu, sich lieber nach einem erfahrenen Verwaltungsexperten umzusehen – da Schostoks Abgang offenbarte, wie schicksalhaft die Karriere eines verwaltungsunerfahrenen Oberbürgermeisters enden kann. Auch der Name der Landessuperintendentin Petra Bahr war genannt worden – doch auch das ist unwahrscheinlich, da sie stark in die Kirchenarbeit eingebunden ist. Bahr gilt als glänzende Rhetorikerin und leitete zwischen 2014 und 2017 die Hauptabteilung Politik der Konrad-Adenauer-Stiftung. Nicht ausgeschlossen wäre eine parteipolitisch unabhängige Persönlichkeit des bürgerlichen Lagers, die von CDU und FDP ins Rennen geschickt wird.


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