"Image des Standorts Deutschlands hat gelitten"
Die „Diesel-Hysterie“ ist Schmidt zufolge inzwischen in der Realwirtschaft angekommen. „Wir registrieren 40 Prozent Absatzeinbrüche in den betroffenen Zulieferer-Betrieben, Kurzarbeit und Stellenabbau.“ Es gebe eine extreme Verunsicherung der stark mittelständisch geprägten Zuliefererindustrie im Hinblick auf die Fortexistenz bisheriger Geschäftsmodelle. Der Verbands-Hauptgeschäftsführer warnte davor, E-Autos politisch ohne die Akzeptanz der Verbraucher in den Markt zu drücken. „Wenn die produzierten E-Fahrzeuge vom Markt nicht angenommen werden, wird auf Halde produziert, und die Autos können dann nur noch mit enormen Preisnachlässen in den Markt gepumpt werden.“ Das sei auch eine große Gefahr für die niedersächsische Autoindustrie. Schmidt sprach von einem „Ritt auf der Rasierklinge“.Möchten Sie den Inhalt von www.facebook.com laden?
Frust gibt es bei den Unternehmern auch über die Energiepolitik. Der Ausstiegsbeschluss bei der Kohle werde von vielen hinsichtlich der Ernsthaftigkeit sowie Realisierbarkeit hinterfragt. Dabei gehe es um nicht weniger als die Sicherheit der Energieversorgung der größten Volkswirtschaft Europas. Die Entwicklung habe auch dazu geführt, dass es in großen internationalen Unternehmen eine zunehmende Skepsis gegenüber dem Standort Deutschland gebe. „Das Image des Standorts hat arg gelitten.“
Weniger Neu-Einstellungen, weniger Investitionen
Gleichzeitig gerät der Industriemotor in Niedersachsen ins Stottern. „Wir erwarten 2019 mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Stagnation. Weiteres Wachstum erscheint uns ausgeschlossen“, prognostiziert Schmidt. Bedeutende Teile der Industrie seien von der Überhol- auf die Kriechspur gewechselt. Aus der Umfrage gehe hervor, dass sich die konjunkturellen Perspektiven in den vergangenen drei Monaten markant verschlechtert hätten. Inzwischen erwarten 43 Prozent der befragten Unternehmen, dass die Zahl der Auftragseingänge zurückgeht. Vor wenigen Monaten waren es noch 30 Prozent. [caption id="attachment_38845" align="alignnone" width="780"]
Es fehlt am digitalen Know-How
Trotz des leichten Pessimismus bei der Entwicklung der Mitarbeiterzahlen wird die Industrie gleichzeitig immer noch durch den grassierenden Fachkräftemangel ausgebremst. Ein Viertel der kleineren und mittleren Betriebe in der Metall- und Elektroindustrie beklagt Produktionsengpässe aufgrund fehlender Fachkräfte. Es bleibe ein bedeutendes und zentrales Problem, heißt es bei Niedersachsenmetall. Der Mangel an Fachkräften wirkt sich vor allem auf die künftige Entwicklung von Unternehmen negativ aus. Für digitale Geschäftsmodelle fehlt es auf dem Arbeitsmarkt an Informatikern, Wirtschaftsingenieuren und Softwareentwicklern.
Es gibt ein erschreckendes Maß an politischer Führungslosigkeit. Wir verfügen nicht über eine kraftvolle Bundesregierung.
Das ist laut Schmidt das Wachstumshindernis Nummer eins und führt auch zu einem nur durchschnittlichen digitalen Know-How in der Unternehmen. Der Verband rief die befragten Firmen dazu auf, ihren digitalen Reifegrad auf einer Skala von 1 bis 10 selbst einzuschätzen. Rund vier Fünftel der Unternehmen sehen sich zwischen 1 und 5, also unter dem Durchschnitt. „Dadurch können wir auch keinen Investitionsschub starten. Es fehlen uns die einfach die Fachleute“, so Schmidt.