30. Nov. 2021 · 
Gesundheit

Nun doch die Notlage: Landtag kommt zu einer Sondersitzung zusammen

Vergangene Woche hatte es noch Streit in der Koalition über die Frage gegeben, ob der Landtag die „konkrete Gefahr der epidemischen Ausbreitung“ formell feststellen soll. Das bezieht sich auf Paragraph 28a, Absatz 8 des Bundesinfektionsschutzgesetzes. Die CDU war dafür und drängte sogar auf eine Sondersitzung des Landtags, die SPD blieb zurückhaltend. Am Dienstag haben nun Sozialministerin Daniela Behrens und Innenminister Boris Pistorius (beide SPD) die Verständigung im Kabinett mitgeteilt: Der Landtag kommt am 7. Dezember zu einer Sondersitzung zusammen, um die von der CDU verlangte Feststellung zu treffen.

Foto: nkw

Wie Behrens betonte, dient das dann zur Vorbereitung einer „Warnstufe III“, die weitere Einschränkungen notwendig machen soll – Verbot von Freizeitvergnügungen, Schließung von Diskotheken und Clubs, Beschränkung der Teilnehmerzahl bei Veranstaltungen, Verbot von Alkoholkonsum an bestimmten öffentlichen Plätzen oder auch Einschränkung von Kontakten. Was allerdings dann gegenüber früheren Begrenzungen vom Land nicht verordnet werden darf, sind Schließungen von Gaststätten und Hotels, pauschale Ausgangsbeschränkungen, das Verbot von Versammlungen und Gottesdiensten, von der Sportausübung und von Schulunterricht in Präsenz. 

Gesundheitsministerin Behrens plant sogenannte "Hotspot"-Regelung

Die Festlegung im Landtag soll geschehen, da die Ampel-Koalition im Bundestag Mitte November die bisherige Rechtsgrundlage gestrichen hatte – nämlich die „epidemische Notlage von nationaler Tragweite“, die den Ländern ein weitgehendes Handeln mit Regierungsverordnungen ermöglichte und dabei auch die Maßnahmen beinhaltet hatte, die der Landtag nun nach Paragraph 28a des Bundesinfektionsschutzgesetzes nicht mehr verfügen kann – also Versammlungsverbote beispielsweise. Behrens plant allerdings eine sogenannte „Hotspot-Regelung“, die es ermöglicht, in einigen Landkreisen mit einer sehr hohen Inzidenz schon weitergehende Beschränkungen anzuordnen, obwohl die „Warnstufe III“ auch dort noch nicht gilt. Das könnte nach gegenwärtigem Stand die Kreise Cloppenburg, Vechta und Wittmund betreffen, in denen die Inzidenz heute schon über 350, in Cloppenburg sogar über 400 liegt. Dort wären dann vermutlich weitere private Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte denkbar, etwa dergestalt, dass diese nur mindestens einen Haushalt und zwei weitere Personen im privaten Umfeld treffen dürfen.

Vom 1. Dezember an hat Niedersachsen zunächst fast landesweit die „Warnstufe II“, die sich an einer bestimmten Belegung der Intensivbetten, an der Zahl der Corona-Infizierten in den Kliniken und an der Inzidenz bemisst. Diese „Warnstufe II“ heißt, dass sich privat in Gebäuden nur maximal 15 Personen (geimpfte und genesene) treffen dürfen, es müssen in fast allen Einrichtungen FFP2-Masken getragen werden. Für den Besuch von Veranstaltungen, Gaststätten, Theatern und Sportstätten ist 2Gplus verbindlich – Genesene und Getestete müssen noch täglich ein zertifiziertes Testergebnis vorzeigen. Behrens rechnet nun nicht damit, dass die „Warnstufe III“ in den kommenden Tagen schon in Niedersachsen gilt. Sobald sie verbindlich wird, dürfen Besucher-Obergrenzen für Großveranstaltungen (etwa 5000) festgelegt werden, dann dürfen auch Diskotheken geschlossen und Weihnachtsmärkte untersagt werden. 

Wegen Corona-Verordnung: NLT-Geschäftsführer kritisiert Arbeit der Landesregierung scharf

Mehr Kontrollen: Innenminister Pistorius kündigte ab sofort schärfere Kontrollen der Polizei an – vor allem in Gaststätten, wo es um Impf- und Testnachweise geht, aber auch in Bussen und Bahnen. „Die Zeit der Ermahnungen ist vorüber, jetzt drohen Bußgelder im Einzelfall mit bis zu 20.000 Euro“, sagte er.

„Die Zeit der Ermahnungen ist vorüber, jetzt drohen Bußgelder im Einzelfall mit bis zu 20.000 Euro.“

Boris Pistorius

Kommunen verärgert: Scharfe Kritik an der Arbeit der SPD/CDU-geführten Landesregierung übt der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages (NLT), Prof. Hubert Meyer. Die neue Corona-Verordnung, die künftig in Niedersachsen gilt und die 2Gplus-Regel bei der aktuellen Warnstufe für weite Bereiche verbindlich vorgibt, wirke auf ihn „wie aus der Zeit gefallen“. „Wollen wir wirklich volle Fußballstadien, offene Diskotheken und Shisha-Bars, während die Situation in den Krankenhäusern und Intensivstationen jeden Tag bedrückender wird?“, fragte er und drückte damit aus, dass er es für falsch hält, auf die „Warnstufe III“ zu warten. Der Hinweis der Landesregierung, die Lage in Bayern und Sachsen sei viel schlimmer, Niedersachsen stehe vergleichsweise gut da und brauche daher nicht Vorreiter einer Verschärfung sein, überzeugt den NLT-Hauptgeschäftsführer nicht. „Es wird doch nur eine Frage der Zeit sein, bis auch bei uns die Situation so wird wie in den anderen Ländern“, sagte Meyer im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Nötig sei zudem, die Impfungen wesentlich zu verstärken. Behrens kündigte an, dass dies geschehen wird – der Bund habe erneut betont, es gebe genügend Impfstoff. Dieser wird an den pharmazeutischen Großhandel geliefert, der wiederum Arztpraxen und Landkreise beliefert. Meyer hob hervor, aus seiner Sicht wäre „eine staatliche verantwortete Impfkampagne viel besser“.

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #116.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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