Nord/LB: Chancen für eigene Braunschweiger Sparkasse stehen schlecht
Hinter den Kulissen wird gerungen, und mit einem Resultat könnte noch in dieser Woche zu rechnen sein: Es geht um das Rettungskonzept für die angeschlagene Nord/LB. Das Ergebnis einer Überprüfung durch die EU-Kommission war eigentlich bis Ende Oktober erwartet worden. Wie es aus Regierungskreisen heißt, sind inzwischen aus Brüssel „erste positive Signale“ gekommen, der genaue Wortlaut der Mitteilung ist aber noch unbekannt. Eine offizielle Bestätigung gibt es bisher auch nicht. Sehr vorsichtig agieren in diesem Fall die beiden Landesregierungen von Niedersachsen und Sachsen-Anhalt: Es könnte durchaus sein, dass Brüssel kurz vor der Entscheidung noch weitreichende Änderungen verlangt, etwa ein weiteres Schrumpfen der Landesbank. Kern der EU-Prüfung ist die Frage, ob die Investitionen der beiden Länder (Niedersachsen 1,5 Milliarden Euro und Sachsen-Anhalt 198 Millionen Euro) mit dem Beihilferecht der EU übereinstimmen. Das wäre aus Brüsseler Sicht dann der Fall, wenn das staatliche Engagement zu Bedingungen passiert, die auch private Investoren einzugehen bereit gewesen wären. Die Rede war zunächst von einer Rendite von acht Prozent. Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers, zugleich Aufsichtsratschef der Nord/LB, hat aber gegenüber EU-Kommissarin Margrethe Vestager erst kürzlich noch einmal hervorgehoben, dass eine achtprozentige Rendite gegenwärtig bei keiner deutschen Bank zu haben wäre. Das war verbunden mit der Bitte an Brüssel, die Prüfung nicht zu streng anzusetzen.
Ob Hilbers‘ Intervention den gewünschten Erfolg haben wird, bleibt bisher im Reich der Spekulationen. Das gilt umso mehr, als hinter den Kulissen noch politischer Streit über die Ausrichtung der geretteten Nord/LB herrscht – und die Akteure einige Taktiken und Strategien anwenden. Die beiden Länder möchten gern eine leistungsfähige Landesbank erhalten, dazu gehört die Ausstattung mit einer gewissen Breite an Geschäftsfeldern. Eine weitere Schrumpfung stünde dem entgegen. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) und im Hintergrund der Verbund der anderen Landesbanken, künftig ebenfalls Nord/LB-Miteigentümer, drängen hingegen auf eine möglichst kleine Bank, die als Konkurrent zu den übrigen Landesbanken nicht weiter stört. Sie hoffen daher auf eine zügige Herauslösung der „Braunschweigischen Landessparkasse“ (BLSK) mit ihren rund 100 Mitarbeitern aus der Nord/LB. Auf dem Papier wäre das eine recht einfache Lösung, denn 100 Mitarbeiter sind viel – bisher hat die Nord/LB noch rund 5500 Stellen, nach dem Plan soll sie nach der Sanierung etwa 2800 bis 3000 haben. Doch hinter beiden Lagern stehen noch andere Interessen. Die gleiche Ansicht wie der DSGV vertreten auch Kommunalpolitiker aus dem Braunschweiger Land, vor allem aus der Stadt Braunschweig. Sie wünschen sich seit langem eine selbstständige Sparkasse und sehen im Zuge der Schrumpfung der Nord/LB die Chance dazu. Das Problem ist nur: Sie müssten dazu eine finanzielle Stützung des Landes haben. Zu einer solchen hat sich Hilbers als Finanzminister bisher allerdings – mit Rücksicht auf seinen Haushalt - nicht bereit erklärt.
So sieht es gegenwärtig nicht nach einer zügigen Herauslösung der BLSK aus – zumal dies außerdem noch technisch auf andere Schwierigkeiten stoßen würde. Einige Kommunen im Braunschweiger Land, etwa Salzgitter, müssten eine Sondergenehmigung für weitere Verschuldungen vom Innenministerium erhalten, wenn sie Kredite für einen Einstieg in eine kommunalisierte BLSK aufnehmen wollten. Auch über eine zinslose Finanzhilfe des Landes wird diskutiert. Manche in der Landesregierung sträuben sich dagegen. Da eine eigenständige BLSK aber eine eigene IT bräuchte und noch dazu eine Banklizenz, käme als Variante auch die Kooperation mit einer bereits bestehenden Bank in Betracht. Doch mehrere große Sparkassen, etwa die in Hannover oder die in Fusion befindliche in Celle und Uelzen, sollen dankend abgelehnt haben. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass jeder Neustart einer verselbständigten BLSK mit einem Sanierungsprogramm verbunden sein müsste: Die BLSK verfügt bisher über eines der dichtesten Filialnetze aller Sparkassen – die Frage der Wirtschaftlichkeit stellt sich also. Jeder Übernehmer würde sich mit einem Stellenabbauprogramm unbeliebt machen.
Unterdessen kommt die Politik langsam in Zeitdruck: Stündlich wartet man in Hannover und Magdeburg auf eine förmliche Mitteilung aus Brüssel: In Hannover hat man sich schon darauf verständigt, dass binnen 48 Stunden eine Kabinettssitzung einberufen werden könnte. Diese müsste dann den Staatsvertragsentwurf absegnen, der dann eilig nächste Woche im Landtag beschlossen werden könnte. Schwieriger ist es noch in Sachsen-Anhalt, denn dort sind formal sogar zwei zeitlich versetzte Landtagssitzungen nötig, um den Staatsvertrag unter Dach und Fach zu bringen. Bisher hatte es immer geheißen, bis Ende November müsse das Rettungspaket feststehen und parlamentarisch abgesichert sein, da sonst die Bankenaufsicht unruhig werden könnte. Inzwischen mehren sich Zweifel, dass dies bis Monatsende noch zu schaffen sein wird.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #199.