Landesbranddirektor Jörg Schallhorn und Innenminister Boris Pistorius stellen auf der „Interschutz“ die Jahresbilanz für den Brand- und Katastrophenschutz 2021 vor. | Foto: Link

Die Mitgliederzahlen steigen, die Einsatzzahlen stagnieren – so lautet die Jahresbilanz des niedersächsischen Brand- und Katastrophenschutzes 2021 in der Kurzversion. „Wir haben die Strukturen des Katastrophen- und Bevölkerungsschutzes widerstandsfähiger gemacht und werden sie weiter stärken. Den Feuerwehren gelingt es immer besser, sich personell breit aufzustellen“, stellte Innenminister Boris Pistorius (SPD) gestern zufrieden auf der Blaulicht-Messe „Interschutz“ in Hannover fest. Mit 129.845 aktiven ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen sind die Mitgliederzahlen in Niedersachsen auf dem höchsten Stand seit Jahren.

Die Zahl der weiblichen Einsatzkräfte hat einen neuen Höchststand erreicht, der Frauenanteil liegt nun bei 13,8 Prozent. Die Mitgliederentwicklung in den Kinder- und Jugendfeuerwehren hat sich nach einem leichten Einbruch im Corona-Jahr 2020 wieder stabilisiert. Allerdings bedeuten mehr Mitglieder nicht auch mehr Feuerwehren – im Gegenteil. „Die Zahl der Feuerwehrstandorte geht zurück“, berichtete der Innenminister. Immer mehr Ortsfeuerwehren werden zusammengelegt. Die Zahl der Standorte ist auf 3193 gesunken, 2013 gab es noch 138 Feuerwehrstützpunkte mehr.


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Die Zahl der Einsätze ist auf 97.079 gesunken (minus 275). Der Rückgang betrifft fast alle Einsatzarten – vom Entstehungs- über den Großbrand bis hin zur technischen Hilfeleistung, worunter mehr als die Hälfte aller Einsätze fallen. Nur bei den Fehlalarmen verzeichneten die Feuerwehren einen Anstieg von über 6 Prozent (plus 841 Einsätze). „Größere Wald- und Vegetationsbrände gab es im vergangenen Jahr glücklicherweise nicht“, sagte Pistorius. Er machte dafür sowohl das Wetter, aber auch die bessere Früherkennung verantwortlich. So habe der Flugfeuerwehrdienst, der in Lüneburg und Hildesheim stationiert ist, sechs Brände frühzeitig entdeckt.

Um Niedersachsen im Kampf gegen Wald- und Vegetationsbrände noch besser aufzustellen, sollen bis 2024 vier spezialisierte Landeseinheiten aufgestellt werden. Die erste Einheit wurde bereits an die Landkreise Celle und Heidekreis übergeben. Weitere Spezialfahrzeuge werden in den waldbrandgefährdeten Gebieten Gifhorn, Uelzen, Lüneburg und Lüchow-Dannenberg sowie in den Landkreisen Göttingen und Goslar stationiert. Ebenfalls neu: Die Polizeihubschrauberstaffel kann jetzt bei der Waldbrandbekämpfung mittels Außenlasthaken und Löschwasserbehälter aktiv mitwirken.

Der CCFM 3000 „Niedersachsen“ ist speziell für den Waldbrandeinsatz optimiert. | Foto: Link

In den kommenden Jahren erwartet der Innenminister aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels wieder mehr Großschadenslagen in Niedersachsen. „Alle Experten sagen: Es wird weniger Dauerregen geben und mehr Starkregen“, sagte Pistorius und bekräftigte seine Ankündigung, den Katastrophen- und Bevölkerungsschutz noch weiter ausbauen zu wollen. Das niedersächsische Ad-hoc-Paket in Höhe von 40 Millionen Euro sei dabei nur ein erster Schritt gewesen, denn man habe angesichts der neuen Herausforderungen auch durch den verbrecherischen Angriff auf die Ukraine nicht auf den nächsten Landeshaushalt warten können. „Viele Gerätschaften haben Lieferzeiten von zwei bis vier Jahren“, merkte der SPD-Politiker an und erneuerte seine Forderung nach einem 10-Milliarden-Euro-Paket für den Katastrophenschutz durch den Bund. Einen entsprechenden Beschluss hatte die Innenministerkonferenz bei ihrem Treffen in Würzburg Anfang Juni auf den Vorschlag von Pistorius hin beschlossen.