Mit zusätzlichen sieben Millionen Euro will Niedersachsens Landesregierung im kommenden Jahr den Rückbau der Schweinehaltung im Land fördern. Der entsprechende Betrag soll nach aktuellem Stand in den nächsten Landeshaushalt eingestellt werden, wenn der Landtag dem Etatentwurf so zustimmt. Dem Vorhaben an sich hat der Gesetzgeber bereits in seiner jüngsten Plenartagung die prinzipielle Zustimmung erteilt.

Die Landesregierung will die Schweinehaltung in Niedersachsen reduzieren. | Foto: Anant Kasetsinsombut

Mit den Stimmen von SPD, Grünen und CDU wurde der Entschließungsantrag zum sogenannten „Zukunftsprogramm Diversifizierung“ angenommen. Darin fordert das Parlament die Regierung auf, ein entsprechendes Förderprogramm aufzulegen, woran im Agrarministerium bereits parallel gearbeitet wird. Das Ziel ist es, den stetig voranschreitenden Rückgang der durch multiple Krisen geschwächten Schweinehaltung in Niedersachsen zu gestalten und den betroffenen Betrieben durch eine Anschubfinanzierung den Wechsel zu anderen Erwerbsformen zu erleichtern.


Lesen Sie auch:

Tierwohl: In Niedersachsen steht der Nachfolger der Ringelschwanzprämie in den Startlöchern

Agrarministerium will Plan zum Teilausstieg für Schweinehalter stufenweise umsetzen

Ministerin Staudte: „Wir dürfen beim Höfesterben nicht einfach zugucken“


Die Abgeordneten fordern, eine finanzielle Förderung für schweinehaltende Betriebe dann zu gewähren, wenn die Unternehmer in räumlicher Nähe zu ihrer bisherigen Betriebsstätte einen neuen Betriebszweig aufbauen. Dadurch sollen Abwanderungen in andere Bundesländer vermieden werden. Als weiteres Kriterium für die Förderwürdigkeit soll die örtlich vorherrschende Tierdichte herangezogen werden: Wo mehr Schweine in den Ställen stehen, soll der Ausstieg eher gefördert werden. Beim Umstieg auf andere Produktionsspaten soll es zudem Beratungsangebote geben, damit sich nicht zu viele Betriebe auf dasselbe neue Produkt spezialisieren und so schädliche Konkurrenzen entstehen.

Die Parlamentarier wünschen zudem von der Regierung, bis zu 80 Prozent der Investitionssumme zu fördern und dabei mindestens die Hälfte der Landesförderung als nicht rückzahlbaren Zuschuss zu gewähren. Die Höchstfördersumme je Betrieb soll sich jedoch an der Haushaltslage orientieren und so möglichst vielen Landwirten eine Förderung ihres Teil- oder Komplettausstiegs aus der Schweinehaltung ermöglichen.  

Begrenzung der Grundvieheinheiten wurde gestrichen

Aufgrund der parlamentarischen Beratungen und der Verbändeanhörung im Agrarausschuss haben die Agrarpolitiker zudem noch Änderungen an ihrem ursprünglichen Antrag vorgenommen. So heißt es in der nun angenommenen Fassung, dass der Wechsel zur Haltung anderer Tierarten nur in Ausnahmefällen erlaubt sein soll und auch nur dann, wenn sich die Gesamtzahl des Viehbesatzes je Betrieb nicht erhöht. Der Ausstieg aus der Schweinehaltung soll also im Idealfall in Richtung pflanzlicher Lebensmittel oder gänzlich anderer Einkommensmöglichkeiten gehen, wie Bildungsangebote oder Hofläden. Eine Begrenzung auf zwei Grundvieheinheiten pro Hektar wurde allerdings gestrichen.

Ergänzt wurde im Entschließungsantrag außerdem, dass der Rückbau des Schweinebestands nachweisbar von Dauer sein muss. Zuletzt haben die Abgeordneten noch die Forderung ergänzt, dass die Landesregierung die Option prüfen solle, bereits bestehende Förderprogramme dahingehend anzupassen, dass sie demselben Zwecke dienen können.

Diesen Ansatz hatte das Landesagrarministerium bereits in die Beratung mit einfließen lassen, da man auf diese Weise einen Weg gefunden hatte, schon früher mit dem Diversifizierungsprogramm zu starten als mit dem Haushalt 2024. So werden bereits in der diesjährigen Förderrunde des Agrarinvestitions-Förderungsprogramms schweinehaltende Betriebe, die ihre Bestände reduzieren oder ganz aufgeben wollen, bevorzugt ausgewählt.



Gleiches gilt für die Förderung regionaler Verarbeitungs- und Vermarktungseinrichtungen, die es seit 2022 in Niedersachsen gibt und bei der bereits zum Stichtag 1. Juni 2023 eine Bevorzugung jener Betriebe, die die Schweinezahlen verringern, festgeschrieben wurde. Die neue Fördermaßnahme „Diversifizierung“, für die dann im Haushalt die sieben Millionen Euro bereitgestellt werden sollen und die als mehrjährige Förderung geplant ist, soll ab 2024 zu wirken beginnen.

Als „kleinen, aber wichtigen Schritt“ bezeichnete Christian Schroeder, Agrarpolitiker der Grünen-Landtagsfraktion, das Diversifizierungsprogramm und kündigte an, die konkrete Ausgestaltung nun „kritisch und konstruktiv“ begleiten zu wollen. Christoph Willeke von der SPD-Fraktion lobte das Programm als „Anschubfinanzierung für Innovation“: „Ich denke, wir haben hier eine runde Sache geschaffen, die es den schweinehaltenden Betrieben ermöglicht, wenn gewünscht, sich neu zu erfinden und neue Märkte zu erschließen.“

„Ich denke, wir haben hier eine runde Sache geschaffen, die es den schweinehaltenden Betrieben ermöglicht, wenn gewünscht, sich neu zu erfinden und neue Märkte zu erschließen.“

Christoph Willeke

Weil sich Rot-Grün in Details auf die CDU zubewegt habe, haben auch die Christdemokraten dem Entschließungsantrag zugestimmt. Deren Agrarpolitikerin Katharina Jensen betonte, dass der Umstieg unterstützt werden sollte, weil es ein Verlust für den ländlichen Raum sei, wenn Betriebe ihre Arbeit komplett einstellten, beklagte aber auch, dass die Regierungskoalition den Niedergang der Schweinehaltung billigend in Kaufe nehme. Sie kritisierte, dass das Programm nur jenen helfe, die den Ausstieg ohnehin schon beschlossen hätten.



Dass Agrarministerin Staudte den Anbau von Edelpilzen, Chicorée oder Cannabis als Alternative zum Schwein angesprochen hat, habe in der Praxis für Verunsicherung gesorgt, bemängelte Jensen. Zudem sei die maximale Fördersumme noch unklar und die langfristige Finanzierung ungeklärt. Diese Kritik deckt sich mit den Sorgen des niedersächsischen Landvolks. Deren Vizepräsident Jörn Ehlers äußerte gegenüber dem Politikjournal Rundblick, dass sein Verband das Programm zwar unterstütze, die Ausgestaltung der Finanzierung den Landwirten allerdings noch schwammig erscheine.

Alfred Dannenberg (AfD), dessen Fraktion sich bei der Abstimmung enthalten hat, kritisierte, dass der Antrag keine Alternativen für die Betriebe aufzeige. Die Expertenanhörung habe zudem deutlich gemacht, dass das Bau- und Emissionsrecht Veränderungen in den Betrieben häufig im Weg stünden. Agrarministerin Miriam Staudte (Grüne) sieht in ihrem Programm unterdessen einen Ausweg aus der bisherigen Spezialisierung der Agrarbetriebe, die zwar eine massenhafte und billige Produktion gewährleisten sollte, aber am Ende auch sehr risikobehaftet gewesen sei. Sie kann sich ähnliche Diversifizierungsprogramme noch für viele weitere Branchen vorstellen.