Nach einer stundenlangen, von mehreren Unterbrechungen geprägten Krisensitzung haben sich gestern Landtagspräsident Bernd Busemann, Ministerpräsident Stephan Weil, die Fraktionschefs und die Landesvorsitzenden der im Landtag vertretenen Parteien auf den Termin der vorgezogenen Neuwahlen des Landtags verständigt: Am 15. Oktober, also drei Wochen nach der Bundestagswahl und am letzten Sonntag der Herbstferien, soll dies der Fall sein.

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Ministerpräsident Stephan Weil hatte zwar am vergangenen Freitag gesagt, er würde einen Wahltermin „am Tag der Bundestagswahl befürworten“, doch müsse es eine intensive rechtliche Prüfung geben. Das Ergebnis dieser Prüfung stellte Landeswahlleiterin Ulrike Sachs, die ebenso wie Vertreter der Landtags-Juristen an dem Krisentreffen teilnahm, am Montag intern vor. Sie betonte, dass ein Termin am 24. September „rechtlich problematisch“ sei und der 12. November zu bevorzugen wäre. Die kleinen Parteien müssten ausreichend Zeit zur Vorbereitung und für das Sammeln und Unterstützer-Unterschriften haben, ansonsten könnten sie später erfolgversprechend die Wahl beim Staatsgerichtshof anfechten, außerdem wäre ein zu knapper Termin schwierig wegen der aufwendigen Vorbereitung der Briefwahlen. Während Vertreter von SPD und Grünen Sachs‘ Argumentation akzeptierten, zeigten sich CDU und FDP skeptisch. Einige hegen den Verdacht, Sachs sei in ihrer Haltung vom Innenminister beeinflusst worden, da es bei Rot-Grün viele Strategen gebe, die für einen Wahltermin deutlich nach dem 24. September befürworteten. SPD und Grüne meinten wohl, dann bessere Chancen zu haben. Sachs wies diesen Verdacht vehement zurück.

Machtprobe zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün

In der Krisensitzung im Sitzungsraum 1108 des Landtagsanbaus, die von 12.30 Uhr bis 15.45 Uhr dauerte, kam es auch zu einer Machtprobe zwischen der neuen CDU/FDP-Landtagsmehrheit und dem Ministerpräsidenten mit seiner rot-grünen Koalition. Wie Teilnehmer berichten, wurden gleich zu Beginn die Spielregeln geklärt. Weil habe eröffnen wollen, sei aber von Busemann unterbrochen worden, der von einem „Recht des Parlaments“ sprach und die Sitzungsleitung beanspruchte. In der Folge, so heißt es, habe Weil CDU und FDP zugestanden, beide künftige Mehrheitsfraktionen vorab zu unterrichten, wenn das Kabinett wichtige Stellenbesetzungen – abseits der Regelbeförderungen – plane. CDU-Landeschef Bernd Althusmann und CDU-Fraktionschef Björn Thümler erklärten, in den kommenden Tagen mit der FDP festlegen zu wollen, welche bisher parlamentarisch noch nicht abschließend beratenen Gesetzentwürfe den Landtag noch passieren sollen. Dazu zählen auf jeden Fall die Schulgesetznovelle und der Nachtragsetat, wobei Schwarz-Gelb überlegt, die bisher auf 25 Millionen Euro taxierten Fluthilfen noch weiter zu erhöhen. Denkbar wäre auch, im Nachtragsetat weitere Ausgaben vorzusehen, beispielsweise für die Krankenhäuser. Ausgeschlossen sei auch eine Novelle des Polizeigesetzes nicht, erklärte der CDU-Innenpolitiker Jens Nacke. Der FDP-Landesvorsitzende Stefan Birkner betonte: „Die Landesregierung ist jetzt nur noch geschäftsführend im Amt, das wird man in der nächsten Zeit merken.“

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Die Abläufe sind nun so: Am morgigen Donnerstag, 10. August, kommt der Landtag zu einer Sondersitzung zusammen und berät über den Antrag auf Auflösung. Am 16. August ist dann die reguläre Landtagssitzung, für eine neue Parlamentssondersitzung lädt Busemann dann für den 21. August ein, an diesem Tag soll die Selbstauflösung beschlossen werden. Dann schließt sich eine zweimonatige Frist an, in der die Landesregierung den Neuwahltermin definiert – und dies soll dann nach der Verständigung der Fraktionen der 15. Oktober sein. Einen Monat später, Mitte November, könnte der nächste Ministerpräsident im Landtag gewählt werden. Bis dahin hat Niedersachsen jetzt das, was die Franzosen eine „Kohabitation“ nennen – das Zusammenwirken unterschiedlicher politischer Lager in der Exekutive. Mit der Zusage von Weil, vor wichtigen Kabinettsentscheidungen die schwarz-gelbe Landtagsmehrheit zu unterrichten, ist die bisherige Landtagsopposition nun faktisch an der Regierungsmacht beteiligt.