Von Isabel Christian

Dieser Sommer wirkt wie etwas Besonderes. Tagelang Temperaturen um die 30 Grad, wenig Regen, dafür viel Sonnenschein. Und alles schon seit Mitte Mai. Doch der Sommer 2018 dürfte eher eine Blaupause dafür sein, wie die zukünftigen Sommer sein werden. Denn eine neue Studie des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und des niedersächsischen Umweltministeriums, die dem Politikjournal Rundblick exklusiv vorliegt, belegt, dass der Klimawandel sich auch auf Niedersachsens Wetter auswirken wird. Mit positiven und negativen Folgen. Umweltminister Olaf Lies wird die Ergebnisse des „Klimareports Niedersachsen“ heute zusammen mit DWD-Vizepräsident Paul Becker vorstellen. Konkret lassen sich die Ergebnisse auf zwei Kernbotschaften zusammenfassen: Die Winter in Niedersachsen werden nasser und milder, die Sommer trockener.

Temperatur: Seit Beginn der systematischen Messungen 1881 ist die Durchschnittstemperatur in Niedersachsen um knapp 1,5 Grad angestiegen. Lag die Temperatur zu Beginn der Aufzeichnungen noch bei 8,2 Grad, wurden für den Zeitraum 1961 bis 1990 schon 8,6 Grad im Durschnitt gemessen. Vor allem ab den achtziger Jahren macht die Temperaturentwicklung einen Sprung, für die Jahre zwischen 1981 und 2010 wurde eine Durchschnittstemperatur von 9,3 Grad errechnet. Dass der Trend weiter aufwärts weist, zeigt der Blick auf die Jahresmitteltemperaturen. „In Niedersachsen traten sieben der zehn wärmsten Jahre seit Beginn der systematischen Messungen im 21. Jahrhundert auf“, sagt Meteorologe Becker. Das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen ist 2014, hier war es im Schnitt 10,8 Grad warm. Und auch das vergangene Jahr war nicht so kalt, wie mancher sich erinnern mag. Mit 10 Grad Durchschnittstemperatur hat es 2017 auf den elften Platz der wärmsten Jahre gebracht.

Über die Entwicklung freuen können sich auch all jene, für die der Sommer die schönste Zeit des Jahres ist. Denn die Zahl der Sommertage, also jenen Tagen, an denen Temperaturen von mindestens 25 Grad gemessen werden, ist seit 1961 um etwa sieben Tage gestiegen. Waren in den Sechzigern noch 22,3 Tage als Sommertage zu verbuchen, gab es im die Jahrtausendwende schon 29,2 Tage mit sommerlichen Temperaturen. Allerdings steigt auch die Zahl der Hitzetage. Gab es vor 1951 im Schnitt nur zwei Tage, an denen Temperaturen von über 30 Grad herrschten, so gab es 2017 insgesamt sieben heiße Tage. Das bisherige Maximum erreichte 1994 mit 16 heißen Tagen, 1995, 2003, 2006 und 2010 gab es jeweils zehn Hitzetage. Frosttage mit Temperaturen unter 0 Grad gibt es dagegen weniger, seit 1951 hat es mit 60 insgesamt 23 Frosttage weniger als noch 1881 gegeben.


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Die Meteorologen des DWD gehen davon aus, dass die Temperatur weiter steigen wird, bis 2050 um etwa 0,9 bis 1,4 Grad. Die langfristige Temperaturentwicklung bis 2100 ist davon abhängig, ob nun stärkere Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt werden oder nicht. Gibt es ein umfangreiches Klimaschutzprogramm, so gehen die Experten davon aus, dass die Temperaturerhöhung bei einem Grad gehalten werden kann. Dazu müsse aber die Treibhausgasemission in den kommenden 30 Jahren extrem verringert werden. Wird dagegen nichts gegen den Klimawandel getan, so könne die Durchschnittstemperatur Ende des Jahrhunderts um 3,5 Grad angestiegen sein.

Niederschlag und Wasserhaushalt: Wo es wie oft und wie viel in Niedersachsen regnet, bestimmt sich durch den Wechsel von atlantischen und kontinentalen Luftmassen. So regnet es im Wendland und im ostbraunschweigischem Hügelland am wenigsten, im Harz und in Teilen des Weser-Leine-Berglands am häufigsten. Im Mittel regnet es in Niedersachsen rund 750 Millimeter Wasser auf einen Quadratkilometer. Auch hier gibt es einen Anstieg von 100 Millimeter seit 1881 zu verzeichnen, allerdings schwankt die Regenmenge von Jahr zu Jahr stark. Doch es ist ein Trend bei der Verteilung auf die Jahreszeiten zu erkennen. So erhöhte sich die Niederschlagsmenge mit etwa 52 Millimeter im Winter am stärkste, darauf folgte der Herbst mit 28 Millimetern und das Frühjahr mit 16 Millimetern. Im Sommer regnete es nur 2 Millimeter mehr als noch 1881.

Mit dem Anstieg der Temperatur erhöht sich aber auch der Grad der Wasserverdunstung. Verdunsteten zwischen 1971 und 2000 etwa 561 Millimeter Wasser pro Jahr, so erwarten die Meteorologen, dass bis Ende des Jahrhunderts etwa 19 Prozent mehr Wasser verdunstet. Die klimatische Wasserbilanz, die sich aus Niederschlag und Verdunstung berechnet, liegt dennoch mit 185 Millimetern weitgehend im positiven Bereich.  Im Sommer allerdings verdunstet mehr Wasser als durch Regen zurückkommt, im Mittel fehlen Niedersachsen dadurch im Sommerhalbjahr 69 Millimeter Wasser. Mit dem Anstieg der Temperaturen wird nach Einschätzung der Experten auch die Verdunstung stärker werden, bis Ende des Jahrhunderts dürfte der Wasserhaushalt um etwa ein Drittel geringer ausfallen. Besonders heftig wird sich die Klimaerwärmung aber im Sommer bemerkbar machen. Hier rechnen die Meteorologen damit, dass das Wasserdefizit bis 2050 um etwa ein Viertel höher ausfällt, bis 2100 könnte sich das Defizit sogar verdoppeln.

Meeresspiegel: 610 Kilometer lang ist die Deichlinie an der Nordsee, die rund 1,2 Millionen Niedersachsen vor Sturmfluten schützt. Mit dem Anstieg des durchschnittlichen Tidehochwassers um rund 25 Zentimetern in den vergangenen 120 Jahren steigt auch der Druck auf die Deiche. Und der Trend setzt sich fort. Die Experten gehen davon aus, dass sich der Meeresspiegelanstieg in den kommenden Jahrhunderten auf einen bis drei Meter pro 100 Jahre erhöhen kann. Auch hier können Klimaschutzmaßnahmen etwas bewirken, um das Abschmelzen der Polkappen zu verlangsamen, damit weniger Schmelzwasser ins Meer fließt.

Hintergrund der Studie ist die Anpassung an die mit dem Klimawandel einhergehenden, wetterbedingten Veränderungen und des Katastrophenschutzes. Durch die Verschiebung der Niederschläge in das Winterhalbjahr sind den Experten zufolge mehr Hochwasser zu erwarten, die vor allem das Harzvorland und das Mittelgebirge treffen könnten. Auch die Landwirtschaft wird stark betroffen sein. Umweltminister Lies sieht in den Ergebnissen eine Aufforderung, endlich konsequent und schnell Maßnahmen zum Klimaschutz zu treffen. „Bei dieser Datenlage muss uns allen klar sein: Der Klimaschutz duldet keinen Aufschub mehr“, sagte er dem Rundblick. „Wichtig ist, das Ausmaß des Klimawandels in beherrschbaren Grenzen zu halten. Das muss auch in der Umweltpolitik bundesweit höchste Priorität haben.“ So müssten fossile Kraftwerke möglichst bald abgeschaltet werden, appelliert Lies, der seit kurzem Niedersachsen in der umstrittenen Kohlekommission vertritt. „Ohne den Kohleausstieg wird Deutschland sämtliche Klimaschutzziele verfehlen“, sagt Lies. Allerdings sieht Lies darin auch eine Chance: „Die Industrie wird in Zukunft sehr viel schneller als gedacht auf die Nutzung erneuerbarer Energien setzen.“ Wenn Niedersachsen jetzt auf den Ausbau und die Nutzung von erneuerbaren Energien setze, könne das Land auch als Wirtschafts- und Industriestandort profitieren.