Neue Studie: Auch schwache Covid-Erkrankung kann Herz, Lunge und Nieren stark schädigen
Während die Landesregierung eine Omikron-Welle auf Niedersachsen zukommen sieht, sich um die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Infrastruktur sorgt und neue bundesweite Kontaktbeschränkungen erwartet, löst eine neue Studie zusätzliche Befürchtungen aus: Forscher des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben herausgefunden, dass auch ein schwacher Verlauf einer Covid-19-Erkrankung langfristige negative Folgen für die Funktion des Herzens, der Lunge und der Nieren nach sich ziehen kann. Das heißt: Auch Menschen, die nach einem eher milden Verlauf einer Erkrankung zunächst beruhigt sind, müssen damit rechnen, dass Langzeitschäden auftauchen und ihre Lebensqualität damit dauerhaft beeinträchtigt wird. In der Landesregierung hat diese Untersuchung am Mittwoch zu angespannten Reaktionen geführt. Erwartet wird für die kommenden Wochen eine neue Welle der hochansteckenden Omikron-Variante des Corona-Virus, und gemeinhin geht man von schwachen Krankheitsverläufen aus. Da aber die neue Variante sich schneller als alle vorherigen verbreiten dürfte und auch mehrfach geimpfte Personen angesteckt werden können, dürften die Langzeitfolgen der Covid-Erkrankung stärker als bisher in den Blick geraten. In dieser Hinsicht bringt die neue Studie keine Entwarnung.
Lungenvolumen sinkt, Atemwegswiderstand steigt
Seit Mitte 2020 hat das UKE in Hamburg 443 Menschen zwischen 45 und 73 Jahren, die eine Covid-Erkrankung überstanden haben und nur schwache Symptome hatten, eingehend untersucht. Als sie erkrankt waren, sind sie überwiegend nur ambulant behandelt worden, keiner von ihnen benötigte eine intensivmedizinische Betreuung. Da die Forscher wissen wollten, inwieweit Langzeitschäden auftreten, ist gleichzeitig zum Vergleich eine andere Gruppe von 1328 Menschen untersucht worden, die vorher nicht an Covid erkrankt waren. Die Gruppe der Genesenen hatte vergleichsweise weit höhere Anzeichen von Organschädigungen. So sei bei diesen Teilnehmern ein um drei Prozent reduziertes Lungenvolumen sowie ein leicht erhöhter Atemwegswiderstand dokumentiert worden. Bei der Herzuntersuchung zeigte sich, dass die Genesenen eine Abnahme der Pumpkraft um ein bis zwei Prozent, sowie eine Erhöhung des Markerproteins im Blut um 41 Prozent aufwiesen – beides im Unterschied zu den nicht Erkrankten. Durch die Ultraschalluntersuchung der Beine konnten bei der Gruppe der Genesenen zwei- bis dreimal häufiger eine Beinvenenthrombose festgestellt werden. Was ihre Nierenfunktion angeht, fiel sie um ein bis zwei Prozent geringer aus als bei denen, die vorher keine Covid-Erkrankung hatten. Nur bei der Frage, wie leistungsfähig das Gehirn ist, stellten die Forscher keine Abweichung zwischen beiden untersuchten Gruppen fest.
Auch die Virologen ändern derzeit ständig ihre Meinung, oft mehrfach am Tag.
Heiger Scholz, Chef des Corona-Krisenstabs
Diese neuen Hinweise auf Langzeitschäden verstärken nun in der Landesregierung den Eindruck von Ratlosigkeit. Heiger Scholz, Chef des Corona-Krisenstabes, erklärte: „Es ist derzeit wie am Anfang der Pandemie: Vieles wissen wir nicht. Auch die Virologen ändern derzeit ständig ihre Meinung, oft mehrfach am Tag.“ Klar sei, dass Omikron, die jetzt auch in Niedersachsen dominierende Variante, deutlich ansteckender sei. Dass in Großbritannien aber vergleichsweise wenig an Omikron erkrankte Menschen ins Krankenhaus müssten, könne auch daran liegen, dass dort die Zahl der geimpften älteren Menschen viel höher liege als in Deutschland. Wenn nun eine sehr hohe Ansteckung auf eine – im Vergleich zu Großbritannien – größere Zahl von nicht-geimpften älteren Menschen treffe, könne das die Kliniken und auch die dortigen Intensivstationen schnell an den Rand der Möglichkeiten bringen. Regierungssprecherin Anke Pörksen sagte, das Problem bei einer starken Ansteckung sei auch, dass viele infizierte Menschen zuhause in Quarantäne verbringen müssten, also in Behörden, Kliniken, Elektrizitätswerken oder im Lebensmittelhandel nicht mehr tätig sein dürften. „Viele Einrichtungen bereiten sich daher schon auf die Krisen-Situation vor.“ Pörksen sagte, sie könne sich nicht vorstellen, dass es in einer Lage wie der derzeitigen zu geplanten Lockerungen der Kontaktbeschränkungen kommen könne. Auch auf eine vierte Impfung müsse man sich vorbereiten – „denn nach drei, vier oder fünf Monaten kann auch die Wirkung der Booster-Impfung schon wieder nachlassen“. Krisenstab-Chef Scholz sagte: „Die vierte Impfung zur Abwehr von Omikron wird irgendwann kommen.“
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