Neue Polizei-Computer: In der Praxis häufen sich die Probleme
Das Innenministerium will die IT-Ausstattung der Polizei verbessern und die Wartungsprozesse verschlanken, doch bei vielen Beamten kommt keine Jubelstimmung auf. Denn der neue „PolizeiClient“ könnte mehr Probleme bereiten als lösen, heißt es. Momentan wird die Neuerung in der Polizeiinspektion Diepholz getestet, bevor alle Behörden im Land schrittweise mit neuen Computern ausgerüstet werden. Doch im Testlabor soll es schon Startschwierigkeiten geben.
Derzeit arbeiten Niedersachsens Polizisten an rund 33.000 Computern, die entweder mit dem Betriebssystem Linux oder einer älteren Version von Windows ausgestattet sind. „Das bindet Ressourcen und ist aufwändig, weshalb wir eine Ein-Plattformen-Strategie entwickelt haben“, sagt Thomas Kirchner, stellvertretender Projektleiter des „PolizeiClient“. Das Projekt soll diese Aufgaben bündeln. Statt der Beamten sollen künftig die Spezialisten des landeseigenen Dienstleisters IT.Niedersachsen die Wartungsarbeiten des Computers und des Betriebssystems übernehmen. Bis Ende 2018 sollen 19.000 Computer landesweit gegen Mietgeräte von IT.Niedersachsen getauscht und in eine spezielle Sicherheitsarchitektur eingebunden werden. „Die Polizei verfügt dann über eine leistungsstarke, sichere und moderne Computerausstattung“, sagt Kirchner. Rund 120 Euro soll die Polizei dafür jährlich pro Gerät an IT.Niedersachsen zahlen, der Wartungsservice ist inklusive. Laut einer internen Aufstellung, die dem Rundblick vorliegt, rechnet das Innenministerium mit Gesamtkosten von rund 22,5 Millionen Euro pro Jahr, wenn die Anfangsphase vorbei ist.
„Die versprochene Entlastung wird es so nicht geben.“ – Frank Jürges Personalratsvorsitzender der ZPD
Allerdings hört die Zuständigkeit von IT.Niedersachsen hier schon auf. Für die polizeispezifischen Programme wie das Vorgangserfassungssystem Nivadis ist weiterhin die Polizei selbst zuständig. Hauptansprechpartner dafür ist das Dezernat 42 bei der Zentralen Polizeidirektion (ZPD). Hier ist man derzeit nicht besonders gut auf das Projekt zu sprechen. „Das hat mehrere Gründe“, sagt Frank Jürges, Personalratsvorsitzender der ZPD. Zum einen habe Innenminister Boris Pistorius im Januar vergangenen Jahres versprochen, dass durch die Umstellung 300 Polizisten frei für andere Aufgaben würden. „Das stimmt aber nicht, wie sich herausgestellt hat“, meint Jürges. Das Innenministerium verweist darauf, dass Pistorius von einem Ziel für die damals noch anstehenden Haushaltsverhandlungen gesprochen hat. Letztlich wurde eine Freisetzung von nur 135 IT-Spezialisten vereinbart. Unter denen seien nicht nur Polizeibeamte, sondern auch Tarifbeschäftigte. Diese könnten nun für die Cybercrime-Ermittlungen eingesetzt werden. Allerdings sollen Jürges zufolge auch 165 IT-Experten zu IT.Niedersachsen wechseln. „Da viele Beamte die IT ohnehin neben anderen Aufgaben gepflegt haben, wird es die versprochene Entlastung so nicht geben“, mutmaßt Jürges. Dazu komme, dass die Stellen beim IT-Dienstleister offenbar nicht besonders reizvoll sind. „Die Ausschreibungen laufen, aber es haben sich erst sehr wenige Interessenten gefunden“, sagt Jürges. Bleibt es dabei, müsse die Polizei zusätzliche IT-Fachleute anmieten, was die jährlichen Kosten in die Höhe treibe.
Verärgert ist Jürges in diesem Zusammenhang auch über den Umgang der Politik mit den nötigen Informationen. „Uns ist vom Landespolizeipräsidenten im vergangenen Jahr volle Einsicht in den Wirtschaftlichkeitsbericht des ,PolizeiClient‘ versprochen worden“, sagt der Personalratsvorsitzende. Bekommen habe er den Bericht erst vor wenigen Tagen und nach massivem Druck. „Die Kollegen haben ihn aber bis heute nicht gesehen.“ Dem Landespolizeipräsidenten sei damals nicht bekannt gewesen, dass der Bericht als vertraulich eingestuft worden ist, sagt eine Sprecherin des Innenministeriums. Da der 100 Seiten umfassende Bericht detaillierte Angaben über die Infrastruktur der Polizei enthalte, dürften ihn nur Personen lesen, die mit den Entscheidungen zum „PolizeiClient“ unmittelbar zu tun hätten. Jürges fordert dennoch vom Landespolizeipräsidium umfassendere Aufklärung. Über die Hintergründe des Programms und wie die Aufgaben des Dezernats 42 künftig aussehen sollen. „Das Präsidium muss uns zugestehen, dass wir mehr Personal brauchen, wenn wir künftig den Betrieb der polizeieigenen Programme sicherstellen sollen.“ Das könnte jedoch später werden als bisher vorgesehen. Nach Rundblick-Informationen verzögert sich der Testbetrieb in der Inspektion Diepholz, weil die von IT.Niedersachsen gestellte Grundstruktur noch nicht fehlerfrei läuft. (isc)