Natura-2000-Pläne erzeugen negative Schwingungen in der Koalition
Das Vorgehen von Umweltminister Olaf Lies (SPD) in der mit den Landkreisen geführten Debatte über den Erlass zu „Natura 2000“-Gebieten hat beim Koalitionspartner CDU offenbar Irritationen ausgelöst. Nach Informationen des Politikjournals Rundblick gibt es in der CDU-Landtagsfraktion Befürchtungen, Lies wolle die bisherige Praxis der alten rot-grünen Landesregierung weitgehend unverändert fortsetzen – obwohl doch im Koalitionsvertrag zwischen Sozial- und Christdemokraten eine Überprüfung des grundlegenden „Sicherungserlasses“ angekündigt worden war. Gegen diesen Erlass protestieren vor allem Waldbauern, die monieren, ihre Flächen würden bei einer Klassifizierung als Natura-Areal zu starken Nutzungseinschränkungen unterworfen. Das betrifft beispielsweise die Frage, ob genügend Schneisen zum Abtransport von Bäumen angelegt oder ob ein Wald mit Fahrzeugen befahren werden darf.
Die Diskussion ist koalitionsintern eskaliert, als der Landkreistag in dieser Woche den Umweltminister zu einer Informationsveranstaltung eingeladen hatte, an der ursprünglich auch die Umweltexperten der beiden Koalitionsparteien erscheinen sollten. Ein CDU-Vertreter war dann nach holprigen Vorabsprachen nicht erschienen. Lies kündigte in dieser Veranstaltung an, dass es einen Erschwernisausgleich für jene Grundbesitzer geben soll, deren Flächen als Landschaftsschutz- oder Naturschutzgebiet gewidmet sind. Das erweitert den Kreis der Empfänger solcher Leistungen – und entspricht auch dem, was SPD und CDU in den Koalitionsverhandlungen festgelegt hatten.
Allerdings soll Lies bei diesem Treffen, wie Teilnehmer berichten, auch von der Fortexistenz des bisherigen „Sicherungserlasses“ gesprochen haben. Es solle also bei der alten Praxis bleiben, dass der Erlass des Landes-Umweltministeriums die Nutzungen in den Natura-Gebieten vorzeichnet – und zwar als Orientierungsrahmen für die Landkreise, die aber noch schärfere Auflagen erteilen dürfen. Die CDU schlägt schon seit Monaten einen anderen Weg vor, nämlich die Flächen zunächst mit einer „Grundverordnung“ nur zu sichern und sich mit den Nutzungsauflagen, die in kommunaler Eigenregie festgelegt werden könnten, anschließend Zeit zu lassen. Der Konflikt kam bei den Koalitionsgesprächen auf den Tisch – und beide Regierungspartner verständigten sich darauf, den alten Sicherungserlass zu überprüfen. So steht es im Koalitionsvertrag. Als Lies jetzt vor dem Landkreistag auftrat, war aber von einer solchen Überprüfung nicht mehr die Rede.
Liegt es an der ungeübten Agrarministerin?
Hat sich der Umweltminister nun über die Bedenken des Koalitionspartners hinweggesetzt? Es gibt Hinweise, dass er das nicht tat, sondern der Mangel eher in einer Schwäche eines CDU-geführten Ministeriums besteht. Denn schon vorige Woche hatte Lies schriftlich auf eine FDP-Landtagsanfrage erwidert, dass er nicht plane, den Sicherungserlass zu verändern. Eine solche Auskunft wäre normalerweise ein Affront gegen die CDU gewesen, doch angeblich hat Lies seine Antwort zuvor mit Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) abgestimmt. Hat die im Politikgeschäft noch ungeübte Ministerin die Tragweite nicht erkannt und ihre Fachleute leichtfertig nicht einbezogen – oder sich vom gewieften Lies über den Tisch ziehen lassen?
Wie es heißt, soll es in diesem Konflikt in den nächsten Tagen noch weitere Gespräche geben. Es geht darum, die vom Umweltminister ausgelösten Irritationen auszuräumen. Immerhin scheint der SPD-Politiker aber einen starken Partner auf seiner Seite zu haben: Der Landkreistag hat sich in den vergangenen Wochen wiederholt intern dafür stark gemacht, möglichst wenig an den Vorgaben für die Natura-2000-Gebiete zu ändern – und das offenbar aus rein pragmatischen Gründen. Falls der Sicherungserlass tatsächlich überarbeitet würde, wie es im Koalitionsvertrag steht, droht kostbare Zeit zu vergehen. Es gilt aber, die Gebiete jetzt zügig festzulegen und zu melden, denn die von der EU dafür gesetzte Frist endet in elf Monaten. Danach könnte Brüssel Strafzahlungen verlangen.