Wenn die Kirchen Anfang März ihre Türen für den „Weltgebetstag der Frauen“ öffnen, wird die große Weltpolitik mit in die Gotteshäuser einziehen. Eine politische Note ist bei diesem ökumenischen Gottesdienstformat christlicher Frauengruppen zwar ohnehin immer vorgesehen. In diesem Jahr droht allerdings ein aktueller Konflikt die Lage noch einmal mehr zu verkomplizieren. Denn das diesjährige Partnerland ist ausgerechnet Palästina. Ein Land also, auf das seit dem 7. Oktober ohnehin wieder die ganze Welt schaut – wenn auch aus unterschiedlichen Perspektiven: Sei es, weil von dort der bestialische Angriff der Hamas-Terroristen auf Israel ausging, oder weil die israelische Gegenoffensive aktuell eine humanitäre Katastrophe in dem ohnehin komplett verarmten und desolaten „Staat“ zu verursachen droht.

Sowohl der Hamas-Angriff als auch die Reaktion darauf sorgten im vergangenen Herbst für zahlreiche Demonstrationen und Solidaritätskundgebungen auf Deutschlands Straßen. Aktuell werden die deutschen Demokratie-Demonstrationen immer wieder von Pro-Palästina-Gruppen begleitet, um nicht zu sagen: unterwandert. Neben dem Ukraine-Krieg ist der Krieg zwischen Israel und Palästina zum zweiten großen internationalen Brandherd geworden, der den Westen herausfordert; militärisch, wie demnächst im Roten Meer, aber auch ideologisch.
Schließlich wurde das Existenzrecht Israels zur deutschen Staatsräson erklärt, gleichzeitig drängt die Bundesregierung seit jeher auf eine Zwei-Staaten-Lösung, die von Israel aktuell mehr denn je ausgeschlossen wird. Die Kämpfe in Nahost haben zudem die Konflikte vor der eigenen Haustür wieder aufflammen lassen: Mitmenschen, deren Familien aus islamisch geprägten Ländern stammen, verstehen die deutsche Sympathie für Israel nicht. Jüdische Mitbürger hingegen fürchten wieder mehr denn je um ihr Leben in diesem Land und sitzen auf gepackten Koffern.
War es angesichts dieser komplizierten Gemengelage nun eine kluge Idee, den diesjährigen „Weltgebetstag der Frauen“ ausgerechnet von einer Gruppe palästinensischer Christinnen vorbereiten zu lassen?
Zunächst muss festgestellt werden, dass diese Entscheidung schon vor langem getroffen wurde. Bereits 2017 hat die internationale Weltgebetstags-Konferenz das Partnerland für 2024 bestimmt. Auch damals schon gab es kritische Stimmen. Dennoch wurde von 2020 bis 2022 von einer Gruppe Christinnen in Palästina die Gottesdienst-Ordnung für den 1. März erarbeitet. Wie üblich, wurden der Gottesdienstablauf, die Lieder, Ansprachen und andere Texte dann in die jeweiligen Landessprachen übersetzt.
„Grundsätzlich empfiehlt das Organisations-Team für die Landeskirche Hannovers, den Weltgebetstag mit der überarbeiteten Ordnung zu feiern und dabei die Schwierigkeit, die sich in diesem Jahr ergibt, im Gottesdienst selbst zu thematisieren.“
Angesichts des Hamas-Überfalls auf Israel am 7. Oktober entschied man sich allerdings – zumindest im deutschsprachigen Raum – für eine Überarbeitung der Gottesdienstordnung. Die Landeskirche Hannovers und das Bistum Hildesheim erklärten dem Politikjournal Rundblick auf Nachfrage, die Gottesdienste unter ihrem Dach in dieser veränderten Ordnung durchführen zu lassen. „Grundsätzlich empfiehlt das Organisations-Team für die Landeskirche Hannovers, den Weltgebetstag mit der überarbeiteten Ordnung zu feiern und dabei die Schwierigkeit, die sich in diesem Jahr ergibt, im Gottesdienst selbst zu thematisieren“, sagte Pressesprecher Benjamin Simon-Hinkelmann.
Auf der Website vom „Haus kirchlicher Dienste“ in Hannover ist dazu zu lesen: „Wenn weltweit am Weltgebetstag die Stimmen der Palästinenserinnen gehört werden, wird unsere Solidarität mit Israel dadurch nicht geschmälert. Um dies deutlich zu machen, hat das Deutsche Weltgebetstags-Komitee in der überarbeiteten Gottesdienstordnung ergänzende Texte eingefügt und kleine Veränderungen vorgenommen.“
Im einleitenden Text des Liturgie-Heftes ist nun zu lesen, dass eine Arbeitsgruppe des deutschen Komitees „verantwortungsvoll und behutsam“ die Liturgie „kontextualisiert“ habe, zum Beispiel in der Einführung zum Psalm 85, in der es nun heißt, dass Psalmen Bitte und Klage, Lob und Dank seien, „mit denen ihnen eigenen Begrifflichkeiten und Widersprüchen.“ Eines nur sei unumstößlich: „Gott steht auf der Seite der Menschen, die Armut und Bedrängnis erfahren.“ In den einleitenden Worten zu den drei Erfahrungsberichten der Palästinenserinnen haben die Verantwortlichen in der Neufassung insbesondere betont, dass es sich um persönliche Schilderungen handelt, die als solche anerkannt aber nicht verallgemeinert werden sollen.
Von den Verantwortlichen wurde zudem das Titelbild zum diesjährigen Weltgebetstag zurückgezogen. Gestaltet hatte dieses die Künstlerin Halima Aziz und es zeigt drei Frauen, die unter einem Olivenbaum sitzen. Nach dem 7. Oktober brachte Aziz allerdings öffentlich ihre Unterstützung für die Hamas-Terroristen zum Ausdruck.
Geblieben ist allerdings der Titel des Weltgebetstags selbst: „…durch das Band des Friedens“. Volker Bauerfeld, Pressesprecher des Bistums Hildesheim erklärte: „Für den Frieden zu beten, scheint in diesen Zeiten jedenfalls aktueller denn je, damit Verständigung und Versöhnung eine Chance bekommen, in Israel und Palästina, im Nahen Osten, in der Ukraine und vielen weiteren Ländern.“