11. Feb. 2024 · 
Wirtschaft

Nach Metronom-Kündigung: Olaf Lies hat einen Zwei-Stufen-Plan für das Hansenetz

Wer zwischen Hamburg und Göttingen mit dem Zug reist, „nimmt den Metronom“. Die erst 2002 gegründete Eisenbahngesellschaft steht in Teilen von Niedersachsen inzwischen synonym für den Schienennahverkehr, doch der Stern des Uelzener Unternehmens sinkt. In einer vertraulichen Sitzung des Wirtschaftsausschusses berichtete Wirtschaftsminister Olaf Lies am vergangenen Freitag zur geplanten Auflösung des Verkehrsvertrags für das Hansenetz. Noch im Februar soll die Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) die Kündigung klar machen, um eine Neuausschreibung für 2026 zu ermöglichen. Kürzere Taktfrequenzen und zusätzliche Direktverbindungen werden darin zwar noch nicht enthalten sein. Im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick betont Lies jedoch: „Unser Ziel ist es, die Qualität weiter zu verbessern. Wir wollen mit attraktiven Bedingungen noch mehr Menschen für die Bahn begeistern.“

Wirtschaftsminister Olaf Lies will nach den Problemen von Metronom im Hansenetz wieder Verlässlichkeit für die Fahrgäste schaffen. | Foto: Götz Schleser, Jan Sieg, Montage: Link

Der Zwei-Stufen-Plan des Verkehrsministers für das Hansenetz sieht zunächst eine Rückkehr zum Normalbetrieb vor, der durch die Neuausschreibung 2026 gefestigt werden soll. Die neuen Verkehrsverträge sollen darüber hinaus aber auch „Zusatzoptionen“ zur Angebotserweiterung ermöglichen. „Mit Abschluss der Generalsanierung werden wir zusätzliche Trassenkapazitäten haben“, sagt Lies. Er ist zuversichtlich, dass der anvisierte Bestandsstreckenausbau zwischen Hamburg und Hannover bis 2029 stattfinden wird.

Allerdings werde das allein nicht ausreichen, um im Hansenetz zusätzliche Möglichkeiten zu schaffen. „Der Hamburger Hauptbahnhof ist eine weitere Engstelle“, seufzt der Verkehrsminister. Erst wenn die zentrale Bahnstation der Hansestadt zusätzliche Bahnsteige bekommt, können dort auch weitere Züge aus Niedersachsen halten. Die Deutsche Bahn hat den Um- und Ausbau des Hamburger Hauptbahnhofs zwar auf der Agenda, befindet sich aktuell allerdings noch in der Grundlagenermittlung. Es gilt als unwahrscheinlich, dass sich die Kapazitäten vor 2030 wesentlich verbessern.

Enno muss Hansenetz-Verluste ausgleichen

Auf den Strecken Hamburg–Bremen, Hamburg–Lüneburg–Uelzen, Uelzen–Celle–Hannover und Hannover–Northeim–Göttingen läuft es schon seit Längerem nicht mehr richtig rund. Seit Sommer 2023 gelten abgespeckte Ersatzfahrpläne, um die Zahl der ungeplanten Zugausfälle auf ein Minimum zu reduzieren. Nach Rundblick-Informationen schreibt das Hansenetz nicht erst seit dem vergangenen Jahr rote Zahlen, wobei die Verluste durch die Gewinne aus dem sehr erfolgreichen Enno-Netz zwischen Hannover und Wolfsburg wett gemacht werden konnten. Dass das Hansenetz nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden kann, hängt zum einen mit kaum absehbaren Preissteigerungen infolge der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg zusammen.

Es liegt aber auch daran, dass Metronom bei der Hansenetz-Ausschreibung 2017 mit einer knappen Marge kalkulierte. Bereits im Geschäftsbericht 2019 beklagte das Unternehmen einen Gewinnrückgang aufgrund des „im intensiven Preiswettbewerb gewonnenen neuen Verkehrsvertrags Hansenetz“. Der Wirtschaftsminister nimmt keine Schuldzuweisungen vor. „Die Kostenentwicklung ist inzwischen sicherlich ganz anders als in den vergangenen Jahrzehnten“, sagt Lies. Dafür, dass es zur Vertragsauflösung kommt, macht er vor allem strukturelle Gründe verantwortlich. „Enno ist sehr erfolgreich. Das Hansenetz ist ein von sehr vielen Störungen betroffenes Netz. Das eine lässt sich viel einfacher betreiben als das andere“, sagt der SPD-Politiker.

Für Metronom könnten ganz harte Zeiten anbrechen, denn auch der Vertrag für das gewinnträchtige Enno-Netz läuft 2025 aus und muss neu ausgeschrieben werden. Dass das Uelzener Unternehmen beide Streckennetze verliert, glaubt Lies jedoch noch. „Metronom ist ein starker Partner mit dem italienischen Staat im Hintergrund“, sagt der Wirtschaftsminister. Zu 74 Prozent gehört Metronom der „Niedersachsenbahn GmbH“, die wiederum mehrheitlich (60 Prozent) zur „Osthannoversche Eisenbahnen AG“ (OHE) gehört. Haupteigentümer der OHE ist der Netinera-Konzern mit 88 Prozent der Anteile, hinter dem die italienische Staatsbahn „Ferrovie dello Stato Italiane“ steckt. Das Land Niedersachsen ist ebenfalls über die Niedersachsenbahn an Metronom beteiligt. Zweiter Anteilseigner neben OHE sind nämlich die „Eisenbahnen- und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser (EVB)“, die ihrerseits vom Land kontrolliert werden.

Dieser Artikel erschien am 12.2.2024 in Ausgabe #026.
Christian Wilhelm Link
AutorChristian Wilhelm Link

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