18. Mai 2022 · Inneres

Moskau-Connection: Weil will nicht, dass die FDP seine SPD ausforscht

Seit längerem schon treibt die FDP die Frage um, ob Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in den zurückliegenden Jahren eine besondere Nähe zu den Mächtigen in Russland hatte – eine größere als die, die für viele Bundes- und Landespolitiker aller etablierter Parteien zutrifft. In einer „dringlichen Anfrage“ wollten die Freidemokraten jetzt mehr Licht in das Dunkel bringen, nachdem ein umfangreicher Fragenkatalog, der mit langen Antworten der Staatskanzlei quittiert worden war, aus Sicht der FDP Ende April nicht die nötige Klarheit gebracht hatte.

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) verteidigt seine SPD gegen Angriffe der FDP. (Archivbild) | Foto: Kleinwächter

So stand am Mittwoch im Plenum Weil selbst Rede und Antwort – und startete seine Antwort mit einem Vorwurf: Da die Fragesteller „selbst nicht wissen, welche Information sie haben wollen“, falle seine Antwort sehr knapp aus. Er habe auf verschiedenen Russland-Reisen mit Wirtschaftsdelegationen bestimmte Unternehmen besucht, und von einer möglichen „Moskau-Connection“ sei der Staatskanzlei nichts bekannt.


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Dann hakten FDP-Fraktionsgeschäftsführer Christian Grascha und der FDP-Abgeordnete Jörg Bode nach: Die FDP interessiere sich vor allem dafür, ob Weil in seiner Eigenschaft als SPD-Landesvorsitzender (und nicht in der als Ministerpräsident) mit staatlichen oder privaten russischen Firmen Kontakt gehabt habe – etwa auch mit dem früheren Kanzler und heutigen pro-russischen Gas-Lobbyisten Gerhard Schröder. Weil meinte zunächst, als SPD-Landeschef habe er „überhaupt keinen Kontakt“ zu russischen Firmen gehabt.

Mit Blick auf Schröder reagierte er zunächst etwas irritiert und erkundigte sich beim Sitzungsleiter, Landtagsvizepräsident Bernd Busemann (CDU), ob diese Nachfrage noch als Ergänzung zur Ursprungsfrage anzusehen sei, die sich um Wirtschaftskontakte gedreht hatte. Dann fügte Weil hinzu: „Ich werde es nicht zulassen, dass eine konkurrierende Partei versucht, Ausforschungen über innerparteiliche Diskussionen in meiner Partei anzustellen.“ Es sei eben nicht Sache des Ministerpräsidenten, über parteiinterne Willensbildung im Landtag zu berichten.

Spielten Menschenrechte kaum eine Rolle bei Weils Russlandreisen?

Die nächste Frage von FDP-Fraktionschef Stefan Birkner richtete sich auf die Tatsache, dass offenbar nur in der ersten von vier Russland-Reisen von Ministerpräsident Weil ein Gespräch mit Menschenrechtsgruppen geplant worden war. Darauf sagte Weil, er meine sich zu erinnern, dass auch bei den anderen Treffen diese Fragen durchaus ebenfalls auf der Tagesordnung gestanden hätten. Er meine aber, dass man den Inhalt solcher diplomatischen Gespräche „nicht bis ins letzte Detail offenlegen sollte“.

Bode erkundigte sich daraufhin, ob bekannt sei, dass der frühere russische Honorarkonsul in Hannover, Heino Wiese, für Veranstaltungen – zu denen Weil als Redner auftrat – auch Teilnehmerbeiträge erbeten hatte. Daraufhin meinte Weil, dies sei „keine Seltenheit“. Er trete zuweilen auf Kongressen auf, zu denen die Teilnehmer höhere Summen entrichteten. Heino Wiese sei „seit 30 Jahren in der Landespolitik bekannt“, und dass er auch Spenden an die SPD geleistet habe, könne nicht mit seinen Veranstaltungen zur Russlandpolitik in Verbindung gebracht werden.

„Jede Partei sollte vor ihrer eigenen Haustür kehren“

Zu einer Zuspitzung kam es, als Wiard Siebels (SPD) Weil fragte, ob auch über FDP-Politiker russlandfreundliche Haltungen aus der Vergangenheit bekannt seien. Weil antwortete an dieser Stelle plötzlich sehr ausführlich und zitierte Wolfgang Kubicki und Parteichef Christian Lindner, sowie die durchweg zustimmende Haltung der FDP-Bundestagsfraktion zur Pipeline „Nord-Stream II“.

Der Ministerpräsident ergänzte das mit dem Hinweis, in der Russland-Politik habe bisher eine große Einigkeit bestanden und „jede Partei sollte vor ihrer eigenen Haustür kehren“. Als daraufhin dann Birkner noch einmal nach vorn ging und auf frühere Aussagen der Migrationsbeauftragten Doris Schröder-Köpf abhob und auf kritische Aussagen von Weil zu Russland-Sanktionen nach der Krim-Annexion, wurde es im Landtag unruhig, mehrere SPD-Abgeordnete starteten laute Zwischenrufe.

Weil verteidigte daraufhin die Außenpolitik „von Angela Merkel, Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel“ als „im Kern richtig“, räumte aber ein, man habe „nicht früh, klar und konsequent genug die aggressive und brutale“ Politik Putins erkannt. Zum Schluss fragte Jens Nacke (CDU) gezielt nach Kontakten zwischen Weil und Gerhard Schröder in dessen Rolle als Lobbyist für „Nord-Stream II“. Eine jetzt wieder sehr knappe Antwort von Weil war die Reaktion: Hier gehe es um die Kategorie der Kontakte innerhalb der SPD, und darüber müsse er als Ministerpräsident keine Auskünfte geben.

Dieser Artikel erschien am 19.5.2022 in Ausgabe #094.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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