
Zu Trocken, zu warm, zu windig
Wann der Weg holprig wurde, lässt sich hingegen noch ziemlich gut rekonstruieren: Über den Jahreswechsel von 2017 zu 2018 belastete eine ungünstige Kombination aus viel Niederschlag und vielen Stürmen die Wälder. Der Boden wurde weich und die Bäume fielen einfach um. Die darauffolgenden Jahre waren dann von Wärmer und extremer Trockenheit gekennzeichnet. Immer wieder kamen auch Stürme hinzu. Und dann, als die Bäume eh angeschlagen waren, kamen die „biotischen Faktoren“, wie Prof. Eichhorn Borkenkäfer- und Pilzbefall nennt. Ein besonders beliebtes Opfer der kleinen Käfer, die ihre Eier im weichen Material zwischen Baum und Borke legen, waren die Fichten. In normalen Zeiten können sich Fichten zwar mithilfe ihres Baumharzes wehren – doch nicht, wenn sie eh schon zu trocken sind. Inzwischen können aber sogar die mächtigen Buchen den äußeren Einflüssen kaum noch etwas entgegenhalten.Lesen Sie auch: Wie die Wissenschaft versucht, den Wald der Zukunft zu entwerfen CDU fordert Saatgut-Offensive zur Wiederaufforstung der Wälder
Während Stürme, Regenfälle, Sonnenschein und sogar der Borkenkäfer noch von außen wahrgenommen werden können, spielt sich ein weiteres Drama im Verborgenen ab. In normalen Zeiten war es so, dass der Niederschlag im Winter im Waldboden gespeichert wurde. Im Sommer diente die feuchte Erde dann als Reserve für die Bäume. Selbst wenn es einmal nicht so viel regnete, war der Waldboden noch feucht genug. Doch diese Aufteilung funktioniert nicht mehr – der Boden ist nachhaltig zu trocken. Prof. Eichhorn prophezeit daher, dass die Auswirkungen der vergangenen drei Jahre auch noch in den kommenden Jahren im Wald zu spüren sein werden. Der Wald ist träge – und, was das angeht, auch nachtragend.
Das Regenwasser perlt nur noch ab
Aber warum spielt der Boden nicht mehr mit? Das hat verschiedene Ursachen, nicht alle davon können nun vom Menschen beeinflusst werden. Ein Problem ist etwa eine Folge aus Niederschlägen und Stürmen der früheren Jahre. Wo die Bäume erst einmal fehlen, gerät auch die gesamte Architektur des Waldbodens ins Wanken. Erst recht dann, wenn sich der Wald an einer Hanglage befindet. Je weiter oben man sich an einem Hang bewegt, desto dünner ist dort der Boden. Am Fuße eines Berghangs ist der Boden hingegen häufig ein bis zwei Meter dick. Starke Regenfälle an einem nicht mehr durch Baumwurzeln befestigten Hang haben dann zur Folge, dass immer mehr Erde hinuntergespült wird und sich das natürliche Ungleichgewicht der Verteilung noch verstärkt. [caption id="attachment_42268" align="alignnone" width="780"]
Stickstoff belastet den Waldboden
Doch auch der Mensch hat Einfluss darauf, wie sich der Waldboden entwickelt. Ein wichtiger Faktor ist dabei etwa, wie sich das Wurzelgeflecht entwickelt hat. Liegen die Wurzeln nur in den oberen Schichten des Erdbodens oder ragen sie tief hinein? Beeinflusst wird diese Ausprägung der Bäume auch vom Stickstoffhaushalt des Waldbodens. Und hier schlägt Prof. Eichhorn Alarm: „Stickstoff ist eine Größe, die ungemeinen Einfluss auf Wälder hat“, sagt er. Viel Stickstoff sorgt etwa auch für viel Bodenvegetation. Diese wiederum hindert den Wald daran, sich natürlich zu verjüngen, weil die großen Pflanzen am Boden den Sprösslingen der Bäume alles rauben, was sie bräuchten: Sonne, Wasser, Platz. Doch was kann der Mensch nun ändern am Stickstoffgehalt des Waldbodens? „Wir steuern das mit über unser Verhalten“, sagt Prof. Eichhorn diplomatisch. Er möchte niemandem den schwarzen Peter zuschieben – das sei ein gesamtgesellschaftliches Problem. Viele Stickstoffe kämen aber als Nitrat aus der Verbrennung oder als Ammoniak aus der Intensivlandwirtschaft. Weniger Tiermist und weniger Dünger wären also nicht nur gut für das Grundwasser – sondern auch für den heimischen Wald.Bund gibt Millionen aus Corona-Konjunkturpaket
Wie geht es nun weiter im Wald? Die Forstliche Versuchsanstalt versucht so gut es geht, für ihren gesamten Zuständigkeitsbereich Empfehlungen abzugeben, was dort sinnvollerweise gepflanzt werden sollte. Doch das bleibt alles ein Spiel mit der Zukunft. Wie das Klima in einhundert Jahren aussieht, können auch die Wissenschaftler nicht sagen. Daher setzen sie generell auf Mischwälder – als sichere Bank. Auf Samenplantagen und in Mutterquartieren sorgen die Forst-Wissenschaftler derweil für reichlich Nachschub an vielfältigen Samen und Setzlingen. Das Land fördert zudem mit viel Geld zum einen die Klimafolgen-Beratung der Waldbesitzer. Zum anderen gibt es Geld für die klimaangepasste Wiederaufforstung. Auch das Bundeslandwirtschaftsministerium reagiert nun mit einer sogenannten Nachhaltigkeitsprämie auf die wirtschaftliche Notlage zahlreicher Forstbetriebe. Ab Ende der Woche können Waldbesitzer Mittel aus dem Corona-Konjunkturpaket beziehen. Die Prämie in Höhe von 100 Euro pro Hektar kann beziehen, wer mindestens einen Hektar Wald besitzt – und eine Nachhaltigkeits-Zertifizierung nachweisen kann.Mit der Nachhaltigkeitsprämie geben wir den Wäldern und der Forstwirtschaft eine Perspektive in schweren Zeiten.
Insgesamt 700 Millionen Euro aus dem Corona-Konjunkturpaket sind für den Bereich Wald und Holz vorgesehen. Der Löwenanteil, nämlich 500 Millionen Euro, stehen nun für die Nachhaltigkeitsprämie zur Verfügung. Mit den weiteren 200 Millionen Euro sollen Investitionen in die moderne Forst- und Holzwirtschaft finanziert, sowie das Bauen mit Holz unterstützt werden. Zu Beginn des Monats hat das Bundesministerium dazu ein 50-Millionen-Euro-Programm angeschoben, mit dem die Anschaffung von Hard- und Software, Maschinen und Anlagen gefördert wurde. Auch hier liegt der Fokus auf der Nachhaltigkeit, die von Bundesministerin Julia Klöckner (CDU) zur Maßgabe für alle Förderprogramme gemacht wurde.
