Seit dem vergangenen Jahr gilt Deutschland nach einer Richtlinie der Europäischen Union als frei von dem Rinderseuche-Virus BHV1. Dennoch tritt die Herpeskrankheit immer noch vereinzelt auf. Jetzt ist ein Hof in Bramsche im Landkreis Osnabrück betroffen, 500 Rinder müssen hier in den nächsten Tagen geschlachtet werden. Das Veterinäramt hat einen Sicherheitsradius von einem Kilometer um den betroffenen Hof herum gezogen, doch in diesem Gebiet befinden sich vier weitere Rinderzuchtställe, deren Tiere nun untersucht werden müssen. Auf den Status bei der EU hat dieser Fall allerdings keine Auswirkungen. „Der Freiheitsstatus von einer Tierseuche ist dann erfüllt, wenn 99,8 Prozent der Bestände im Land nicht befallen sind“, sagt Sabine Hildebrandt, Sprecherin des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums. Diesen Puffer habe die EU-Kommission eingebaut, weil die Krankheit in Deutschland immer seltener auftritt. Gab es 2016 deutschlandweit noch 20 Fälle von BHV1, waren es im vergangenen Jahr nur noch 17. Auch Niedersachsen folgt dem Trend. Hier trat das Virus 2016 insgesamt siebenmal auf, im vergangenen Jahr nur noch dreimal.

Impfung ist verboten

Das Bovine Herpesvirus 1, auch BHV1 abgekürzt, ist eine Krankheit, die nur Rinder befällt, für diese aber hochansteckend ist. Die Symptome sind ähnlich einer Grippe, die Tiere bekommen Fieber, geben weniger Milch und ihre Lungen und Atemwege werden angegriffen. Für Menschen dagegen ist das Virus nicht gefährlich. Bis 2014 wurden die Rinder in Niedersachsen gegen das Virus geimpft. Allerdings kam es immer wieder vor, dass die Impfung kaschierte, dass ein Tier von dem Virus befallen war und erst spät Symptome zeigte. „Mit dem Freiheitsstatus der EU ist das Impfen gegen BHV1 ohnehin verboten“, sagt Hildebrandt. Statt der Impfung geht Niedersachsen mit der sogenannten Sanierung gegen das Virus vor. Dabei werden die Rinder regelmäßig untersucht. Tiere, die den Erreger in sich tragen und Antikörper gebildet haben, ohne erkrankt zu sein, gelten als sogenannte Reagenten. Sie müssen auf Anordnung der Veterinärbehörde sofort aussortiert und getötet werden, um zu verhindern, dass sie das Virus an andere Rinder weitergeben. Daher seien die Tiere jetzt besonders empfindlich gegenüber dem Erreger und es zeige sich schon früh, ob ein Rind daran erkrankt ist.

Wie kam Virus in den Stall?

Wie viele Rinder auf dem Hof in Bramsche vom Virus befallen sind, kann Hildebrandt nicht sagen. Dazu werde der gesamte Bestand derzeit gründlich untersucht. Tiere, die erkrankt sind oder das Virus in sich tragen ohne erkrankt zu sein, müssten anschließend getötet werden. Darüber hinaus versuchen die Veterinäre, den Weg des Virus in den Stall nachzuvollziehen. Das dürfte allerdings kompliziert sein, denn das Virus kann durch den Menschen auf der Kleidung oder Gerätschaften ebenso eingeschleppt werden wie durch den Zukauf von neuen Rindern, die den Erreger schon in sich tragen. Auch in Schleswig-Holstein hat es in diesem Jahr schon mehrere Fälle von Erkrankungen an dem BHV1-Virus gegeben, vier Höfe mit insgesamt 1800 Rindern waren betroffen.

Gefahr durch Saisonarbeiter

Auch bei der „afrikanischen Schweinepest“ ist die Alarmbereitschaft im Landwirtschaftsministerium unverändert hoch. „Wir müssen nach wie vor damit rechnen, dass die Krankheit nach Deutschland kommt“, sagt Hildebrandt. Daran werde auch die Aussicht auf die wärmeren Jahreszeiten nichts ändern. Denn nun sind es nicht mehr in erster Linie die Wildschweine, die auf ihrer Suche nach Nahrung in der Winterlandschaft weite Strecken mit dem Virus zurücklegen, sondern der Mensch werde nun zur Hauptgefahrenquelle. Denn bald würden zahlreiche Saisonarbeiter aus den osteuropäischen Staaten, in denen das Virus verbreitet ist, nach Deutschland kommen. Und in der Regel brächten sie sich Fleisch und Wurst als Proviant aus der Heimat mit, in denen der Erreger vorhanden sein könne. „Die Gefahr, dass die Schweinepest in Deutschland auftritt, wächst also sogar noch“, sagt Hildebrandt.