4. Juni 2024 · 
Wirtschaft

Ministerium legt Glasfaserstrategie vor und plant Gütesiegel für Unternehmen

Mehr Tempo beim Breitbandausbau: Das ist das Ziel der neuen Glasfaserstrategie, die gestern das niedersächsische Wirtschaftsministerium bei einem Branchentreffen der Telekommunikationswirtschaft in Hannover vorgestellt hat. Niedersachsen liegt bei den Glasfaseranschlüssen zwar über dem Bundesdurchschnitt. „78 Prozent der Haushalte werden demnächst angeschlossen sein“, sagte die Digitalisierungsexpertin des Ministeriums, Annegret Friedrichs. Je weniger Adressen übrigbleiben, desto geringer ist jedoch die Chance, dass sich dort für Privatunternehmen ein eigenwirtschaftlicher Ausbau ohne öffentliche Förderung lohnt. Hier setzt die Glasfaserstrategie an, die Verfahren vereinfachen und Kosten reduzieren soll. „Das Ziel ist ganz klar die Förderung des eigenwirtschaftlichen Ausbaus. Wir wollen Begeisterung für Glasfaser und Glasfaser-Ausbau wecken“, sagte Torsten Eule, Abteilungsleiter für Digitalisierung, Finanzen und Fördermanagement im Wirtschaftsministerium. Nach den Rückmeldungen aus der Branche soll der Strategieentwurf im Sommer fertiggestellt und veröffentlicht werden.

Torsten Eule, Finanzchef im Wirtschaftsministerium, ist zuversichtlich, dass auch in Zukunft viele Mittel für den Breitbandausbau in Niedersachsen zur Verfügung stehen. | Foto: Link

Die neue Glasfaserstrategie richtet sich nicht nur an die Telekommunikationsunternehmen und die Kommunen, sondern auch an die Bürger. „Kein Netz finanziert sich ohne Kunden, die buchen. Wir hören, dass es mitunter schleppend läuft, die Leute davon zu überzeugen, Glasfaser zu buchen“, berichtete Friedrichs. Hier will das Land mit einem neuen Gütesiegel für vertrauenswürdige Ausbau-Unternehmen entgegensteuern, um bei den Verbrauchern mehr Vertrauen zu schaffen. Außerdem will das Land ein neutrales Informationsangebot für Verbrauchen schaffen, um diese unabhängig zu beraten. „Es ist nicht so, dass jeder eine Glasfaserleitung braucht. Es ist eher so, dass man das für die Zukunft baut“, sagte die Digitalisierungsexpertin. Ihr Kollege Klaus Albrecht appellierte allerdings auch an die Bürger, sich der neuen Technologie zu öffnen: „Wenn keiner mitmacht, findet die Zukunft hier auch nicht statt.“ Glasfaser erlaubt im Vergleich zu Kupferleitungen nicht nur höhere Geschwindigkeiten, sondern hat auch einen niedrigeren Energieverbrauch und eine bessere Ausfallsicherheit.

Klaus Albrecht (von links) und Annegret Friedrichs aus dem Wirtschaftsministerium sprechen mit Moderatorin Teresa Sickert über den Breitbandausbau in Niedersachsen. | Foto: Link
  • Lückenschluss-Programm startet: Für sehr kleine Gebiete, in denen der Glasfaseranschluss bisher nicht wirtschaftlich war und wo er es auch zukünftig wohl nie sein wird, hat der Bund das neue Lückenschluss-Programm aufgelegt. „Das ist ein Pilotprogramm, dass der zügigen Bewilligung von Projekten geringer Größe dient“, erläuterte Michael Krüger, Chefjurist beim Projektentwickler Aconium, der öffentliche Auftraggeber bei der Digitalisierung unterstützt. Das können zum Beispiel abgelegene Hofstellen, Weiler oder sehr kleine Siedlungen sein. Gefördert werden Projekte mit Gesamtkosten von bis zu 500.000 Euro, wobei der Bund die Hälfte bezahlt, während jeweils 25 Prozent von Land und Kommune getragen werden müssen. Es ist jedoch Tempo gefragt: In diesem Jahr werden nur höchstens 100 Projekte vom Bund gefördert, wobei das Windhund-Prinzip gilt. Abteilungsleiter Eule kündigte an, in Niedersachsen bis zu 20 Projekte bei der Antragsstellung unterstützen zu wollen. „Die Co-Finanzierung durch das Land ist heute schon sicher“, versprach er.

  • Wenig Förderanträge aus Niedersachsen: Als Teil der Gigabitförderung hat der Bund bereits 16,1 Milliarden Euro in rund 3000 Infrastrukturprojekte investiert, berichtete Krüger. Für die 250 Projekte In Niedersachsen seien dabei 1,5 Milliarden Euro ausgezahlt worden. In diesem Jahr wurden acht neue Förderanträge aus den Landkreisen Cuxhaven, Uelzen, Celle, Osnabrück und Heidekreis bewilligt, die zusammen 267 Millionen Euro erhalten. „Wir konnten unser Förderbudget mehr als ausschöpfen“, freute sich Eule. Auch bei der „Gigabitförderung 2.0“ gilt der Finanzierungsgrundsatz: 50 Prozent vom Bund, jeweils 25 Prozent von Land und Kommune. Krüger beobachtete allerdings eine Auffälligkeit: Während aus Niedersachsen acht von neun Projekten bewilligt wurden, waren die Ländertöpfe für Bayern und Baden-Württemberg um 250 Prozent überzeichnet. Referent Albrecht sieht diesen Trend nicht ohne Sorge. „In Niedersachsen ist jeder Schuss ein Treffer, in Süddeutschland gilt eher das Prinzip Schrotflinte“, sagte er und forderte von den Norddeutschen mehr „Mut zum Antrag“. Sein Tipp für die Kommunen und Unternehmen: „Einfach mal einreichen und gucken. Es wird am Ende auch an der Begründung liegen und da helfen wir im Ministerium gerne weiter.“
Dieser Artikel erschien am 5.6.2024 in Ausgabe #102.
Christian Wilhelm Link
AutorChristian Wilhelm Link

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