Noch zehrt die Meyer-Werft in Papenburg von bestehenden Aufträgen, aber die Zukunft des Großunternehmens mit allein 3500 Beschäftigten am emsländischen Sitz ist alles andere als rosig. „Die Inflation macht uns zu schaffen. Die Tonne Stahl hat vor der Ukraine-Krise zwischen 600 und 700 Euro gekostet, jetzt sind es 1800“, sagte Juniorchef Jan Meyer beim Besuch einer Delegation der SPD-Landtagsfraktion. Da die Produktion von Kreuzfahrtschiffen auf Festpreisen beruht und keine Flexibilität bei der Verteuerung zulässt, ist die extreme Teuerung aus Sicht der Geschäftsleitung ein großes Problem. Seniorchef Bernard Meyer ergänzt: „Früher hat es zwei bis drei Wochen gedauert, bis der Stahl geliefert wurde – jetzt sind es zwei bis drei Monate.“ Aus ukrainischen Werken erhält die Werft jedoch keinen Stahl.

Der Besuch der SPD-Delegation bei der traditionsreichen, 1795 gegründeten Werft mit einer Stammbelegschaft von 3500 Arbeitsplätzen in Papenburg ist schon etwas Besonderes. Noch zu Jahresbeginn hatte es zwischen der Geschäftsleitung und der IG Metall eine heftige Kontroverse gegeben. Die Corona-Krise setzte dem Kreuzfahrt-Tourismus kräftig zu, sodass die Unternehmensleitung Mitte 2021 den Abbau von 450 Arbeitsplätzen anvisierte. Zunächst wurde darüber angeblich auch ein Einvernehmen mit der IG Metall erzielt, dieses stellte sich jedoch als brüchig heraus. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) wurden als Vermittler engagiert, dann wurde noch der frühere Finanzminister Peter-Jürgen Schneider eingeschaltet.
Doch der Konflikt kochte hoch. Das war so heftig, dass die Kontakte zwischen Seniorchef Bernard Meyer und seinem Sohn Jan Meyer auf der einen Seite, dem Betriebsrat unter dem jungen Vorsitzenden Nico Bloem auf der anderen Seite fast schon abgebrochen, auf jeden Fall aber extrem belastet waren. Jetzt, im Mai, sieht die Sache ganz anders aus. Viele Beschäftigte auf der Werft, die Rede ist von einigen hundert, haben neue Arbeitsplätze außerhalb des Unternehmens gefunden. Bloem wurde als Betriebsratschef im Amt bestätigt, dürfte dieses aber im Herbst abgeben, weil er am 9. Oktober im Wahlkreis Leer-Borkum in der Nachfolge von SPD-Fraktionschefin Johanne Modder für die SPD kandidiert. Am Dienstag haben die beiden Meyers und Bloem sogar gemeinsam die SPD-Delegation im Werk empfangen, diese wurde angeführt von Fraktionsvize Christoph Bratmann aus Braunschweig – und Europaministerin Birgit Honé. Intern, so hieß es später, habe Bratmann gegenüber dem Betriebsrat noch einmal den Unmut gegenüber der Zuspitzung des Konflikts im Frühjahr geäußert.
Aber auch wenn die atmosphärischen Probleme bereinigt zu sein scheinen: Die Botschaften der Werksleitung an die Politiker sind indes alles andere als beruhigend gewesen. Nachdem man zwischen 2015 und 2019, während des Booms, 1300 neue Mitarbeiter eingestellt habe, hätten seit 2020 insgesamt 600 Arbeitsplätze wieder abgebaut werden müssen. Zwischen 2019 und 2021 sei das Auftragsvolumen um 78 Prozent zurückgegangen. „Man braucht etwa 3,5 Jahre, bis ein bestelltes Schiff fertiggestellt ist“, sagt Jan Meyer und fügt hinzu: „Es ist jetzt schon klar, dass wir für 2024 und 2025 nicht genügend Aufträge haben.“ Betriebsratschef Bloem meint dazu: „Die Sicherung der Arbeitsplätze steht ganz oben bei unseren Aufgaben. Wir wollen das gemeinsam wuppen.“
Jan Meyer zeigt indes, wie innovativ die Meyer-Werft auch in der Krise ist: Man arbeite intensiv an modernen Schiffsantrieben von LNG über Brennstoffzellen bis Methanol. In Kooperation mit der Lürssen-Werft werde an Marinebetriebsstoffversorgern gearbeitet. Auch eine „schwimmende Stadt“ zähle zu den Angeboten – nämlich eine Plattform, auf der Wohnungen entstehen und die im Meer liegt. Kooperation gibt es auch für Forschungsschiffe. „Die vier erfolgreichen Werften in Niedersachsen arbeiten eng zusammen“, betont Bernard Meyer.