Massen-Petition zur Elbbrücke spaltet Parteien – reicht eine neue Fähre?
Soll es eine Autobrücke über die Elbe geben – zwischen Neu Darchau (Kreis Lüchow-Dannenberg) und Darchau (früher DDR, jetzt Kreis Lüneburg)? Die Aussichten sind gegenwärtig schlecht, denn trotz eifriger Planung des Kreises Lüneburg bremst inzwischen das Land. Im Juli vergangenen Jahres wurde angekündigt, das Landesraumordnungsprogramm (LROP) ändern zu wollen. Damit rückt das Projekt in weite Ferne.
Damit das nicht so bleibt, mobilisieren im Kreis Lüneburg viele Akteure. Sie haben mehr als 6600 Unterschriften für eine Massen-Eingabe gesammelt, die am Mittwoch in einer öffentlichen Erörterung im Petitionsausschuss des Landtags diskutiert werden soll. Die Argumente sind diese: Die Fähre müsse wegen Niedrig- oder Hochwasser immer wieder aussetzen, 2023 war das an 80 Tagen. Das heiße dann für Menschen, die vom Amt Neuhaus nach Neu Darchau kommen wollen, einen Umweg von 80 Kilometern in Kauf nehmen zu müssen. Die nächsten Brücken sind in Dömitz und in Lauenburg, also weit weg. Betroffen seien viele – Handwerker, Landwirte, Spediteure und Kinder, die eine weiterführende Schule in Lüneburg besuchen wollen. Die Gegner der Brücke verweisen auf das bislang überschaubare Verkehrsaufkommen – und auf das Biosphärenreservat an der Elbe, ein Stück idyllischer, weitgehend unberührter Natur.
Vergangene Woche ist die Debatte über die Brücke auch im Landtag aufgeflammt. Auslöser war ein Antrag von Stephan Bothe (AfD), der einen Verzicht auf die geplante LROP-Änderung vorsah und sich auf die Seite der Brücken-Befürworter stellte. Da dieser Vorstoß der Fraktion bedeutet hätte, dass sich der Landtag dem Thema annimmt, wäre zwangsläufig die in diese Richtung zielende Petition hinfällig gewesen – einschließlich der Chance für die Petenten, ihr Anliegen im Landtagsausschuss vorzustellen. Deshalb zog Bothe seinen Antrag wieder zurück.
Ein Disput entwickelte sich dann zwischen Detlev Schulz-Hendel (Grüne) und Uwe Dorendorf (CDU). Schulz-Hendel erklärte, ein Bau der Brücke an der geplanten Stelle wäre ein „erheblicher Eingriff“ in die Natur, allein deshalb sei mit einer langen und aufwendigen Planung zu rechnen. Dorendorf erinnerte daran, dass den Menschen im Amt Neuhaus 1993 eine Anbindung an Niedersachsen versprochen worden sei, immer wieder habe man auch den Bau der Brücke in Aussicht gestellt. „Der Landkreis Lüneburg will das Projekt jetzt mit aller Kraft vorantreiben – und das ist auch gut so.“
Es sei nicht hinnehmbar, dass Leute aus dem Amt Neuhaus, die in den Westen wollen, spätestens 21 Uhr wieder an der Elbe sein müssten – da dann die letzte Fähre ablege. Dorendorf verstieg sich zu der Bemerkung: „Die Grünen wollen mit den Menschen im Amt Neuhaus nichts zu tun haben.“ Unerwähnt blieb in der Debatte, dass die Vorantreiber des Vorhabens mehrheitlich aus dem Westen kommen und nicht dort leben, wo früher mal die DDR war. Nach Ansicht von Dorendorf ist das Konzept einer neuen und besseren Fährverbindung nicht überzeugend. „Fähren haben lediglich einen idyllischen Wert, aber keinen wirklichen wirtschaftlichen Nutzen.“
Schulz-Hendel widersprach: „Sie benutzen die Menschen im Amt Neuhaus für Ihren ideologischen Brückenwahn.“ Das wiederum brachte Dorendorf dazu, dem Grünen-Politiker ein wirkliches Interesse an der Vollendung der deutschen Einheit abzusprechen. SPD-Generalsekretärin Dörte Liebetruth sagte, die Koalitionsparteien wollten „eine schnelle zukunftsorientierte Lösung“, und die könne auch in einem Fährkonzept bestehen. Das sei besser als „ein teures Luftschloss in Form einer Brücke“.
Die CDU-Abgeordnete Anna Bauseneick wies Liebetruth auf die Position der SPD-Kreistagsfraktion in Lüneburg hin, die sich noch im August 2023 klar für den Brückenbau ausgesprochen habe. Es sei unehrlich, wenn die SPD im Landtag einen völlig anderen Weg vertrete als die Genossen vor Ort es vermittelten. „Warten wir erst einmal die Anhörung der Petenten ab, dann sehen wir weiter“, meinte Liebetruth.
Dieser Artikel erschien am 21.05.2024 in der Ausgabe #091.
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