24. Feb. 2020 · 
Inneres

Mängel in der Kommunikation: MHH-Vizepräsident Tecklenburg verliert seinen Vertrag mit dem Land

Die massiven Pannen rund um die Behandlung des verletzten mutmaßlichen Mafia-Bosses Igor K. in der MHH haben personelle Konsequenzen. Wissenschaftsminister Björn Thümler (CDU) teilte gestern in einer Sitzung des Wissenschafts- und des Innenausschusses mit, dass der langjährige MHH-Vizepräsident Andreas Tecklenburg gehen muss. Tecklenburg gehörte 16 Jahre lang zur Führungsebene der Medizinischen Hochschule, der OP-Bereich gehörte zu seinem Zuständigkeitsbereich.
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Wie Thümler erklärte, habe man sich einvernehmlich mit Tecklenburg über eine Beendigung seines Vertrages geeinigt, über die Gründe schweige man. Allerdings sprach der Minister in der Sitzung allgemein von einem „Informations- und Kommunikationsversagen“ der Hochschule,  beim Controlling und bei den Meldewegen gebe es „großen Handlungsbedarf“. Igor K., der in Montenegro Opfer einer Schießerei geworden war, kam am 7. Februar zur Behandlung in die MHH, organisiert hatten das ein Oberarzt und der Leiter der Unfallchirurgie, bei dem K. als Privatpatient aufgenommen wurde. Am gleichen Tag wurde die Polizei über die Schutzbedürftigkeit von K. informiert. Aus bisherigen, aber noch nicht vollständigen Unterlagen geht hervor, dass Tecklenburg offenbar erst am 10. Februar abends um 21.24 Uhr über die Anwesenheit des umstrittenen Patienten unterrichtet wurde – und der MHH-Vizepräsident soll dann erst am 11. Februar nach 17 Uhr das Ministerium davon in Kenntnis gesetzt haben. Diese Verzögerung gilt wegen der massiven Gefährdung der Sicherheitslage als nicht hinnehmbar. Allerdings heißt es auch, die Vorgänge rund um Igor K. hätten in Sachen Tecklenburg „ein Fass zum Überlaufen gebracht“. Der MHH-Vizepräsident, der in der Hochschule sehr einflussreich gewesen sein soll, war auch sehr umstritten, sein Verhältnis zur Landespolitik soll zuweilen gespannt gewesen sein. Susanne Schütz und Marco Genthe (FDP) sehen in ihm „ein Bauernopfer“, Eva Viehoff (Grüne) sieht seine Ablösung als ein „Ablenkungsmanöver“.

Unklar: Warum wurde K. nicht nach Lingen verlegt?

Noch nicht völlig geklärt ist, warum der Wunsch der Polizei, K. ins besser geschützte Justizkrankenhaus Lingen zu verlegen, nicht vollzogen wurde. Das Amtsgericht Hannover hatte eine entsprechende Verfügung am 13. Februar erlassen, offenbar auf Grundlage von Hinweisen der Polizei, aus denen hervorging, dass die JVA Lingen zur Aufnahme bereit sei. Wie Justiz-Staatssekretär Stefan von der Beck im Ausschuss erläuterte, beruhte dies auf Hinweisen von Tecklenburg, die sich aber die JVA Lingen nach näherer Prüfung ihrer medizinischen Leistungsfähigkeit nicht zu eigen gemacht habe. https://www.youtube.com/watch?v=9opGZSaBpqg Die Polizei  versuchte dann – ebenfalls erfolglos – K. an ein Justizkrankenhaus in NRW, eine US-Militärstation in Ramstein, eine Einrichtung der Bundeswehr und eine Berliner Unfallklinik zu vermitteln, wie Hannovers Polizeipräsident Volker Kluwe erklärte. Später lehnte jedoch das Amtsgericht einen erneuten Antrag auf K.s Ingewahrsamnahme ab. Er verließ nach der Behandlung am 21. Februar Hannover in Richtung Türkei.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #037.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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