Lehrer in Niedersachsen: Hochmotiviert und hochbelastet
Die Lehrer in Niedersachsen sind hochmotiviert, fühlen sich aber gleichzeitig hochbelastet. Das ist das Ergebnis einer sogenannten Arbeitsbelastungsstudie der Universität Göttingen. In Auftrag gegeben hatte die Studie die Lehrer-Gewerkschaft GEW. Der Befragung zufolge sind 85 Prozent der Lehrer mit ihrer Arbeit zufrieden. Das sind deutlich mehr als in vergleichbaren Berufsgruppen. Zugleich gibt es eine hohe Identifikation mit der Arbeit. 90 Prozent sind der Überzeugung, einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten. Und 80 Prozent sehen die Beschäftigungssicherheit als großen Pluspunkt.
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Auf der anderen Seite klagt die breite Mehrheit über eine große Belastung und schlechte Arbeitsbedingungen. 94 Prozent sehen die Arbeitsbedingungen im unteren Mittelfeld oder geben die Bewertung „schlechte Arbeit“ ab. Als besonders belastende Tätigkeiten werden Abschlussprüfungen, Schulleitungsfunktionen und Korrekturzeiten genannt. Die Lehrer kritisieren darüber hinaus eine durchweg hohe Beanspruchung. So erklären 86 Prozent, sich in der Schulpause nicht erholen zu können. 77 Prozent geben an, dass von ihnen Erziehungsarbeit erwartet werde. Genauso viele Lehrer sehen in schwierigen Schülern eine Belastung. Drei Viertel nennen die Dokumentationsaufgaben. Vor allem ältere Lehrer fühlen sich der Studie zufolge belastet. Sie müssen den Zahlen zufolge mehr arbeiten als jüngere Lehrer. Ab einem Alter von 55 Jahren seien mehr als 50 Stunden die Regel, heißt es.
Für Frank Mußmann von der Universität Göttingen, der die Studie mit anderen Wissenschaftlern erstellt hat, steht fest, dass man Arbeitsintensität und Anforderungen insgesamt reduzieren muss. Das müsse in einem partizipativen Prozess mit den betroffenen vor Ort angehen. Die stellvertretende GEW-Landesvorsitzende Laura Pooth sieht die Landesregierung in der Pflicht. „Die größte Belastung ist die Arbeitshetze und die Arbeit am Wochenende. Daran kann das Ministerium durch die Reduktion von Arbeitszeit etwas ändern. Vor allem das ist die Stellschraube“, sagte Pooth dem Rundblick. Die GEW plädiert außerdem dafür, die Altersermäßigung für Lehrer wieder einzuführen. Die Regelung, dass über 55-jährige Lehrer eine Stunde weniger unterrichten müssen, war vor drei Jahren abgeschafft worden.
An der Befragung hatten sich mehr als 2.100 Lehrer aus sechs Schulformen beteiligt. Für Grundschulen, Gesamtschulen und Gymnasien sind die Ergebnisse repräsentativ.
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