
So funktioniert Payment Blocking
Der zweite Hebel, um gegen illegale Glücksspielanbieter vorzugehen, ist das sogenannte Payment Blocking. Damit werden Zahlungen von Kunden an den Anbieter blockiert. Das Payment Blocking ist für die Behörden eine Art Nothebel, weil Untersagungsverfügungen gegen Anbieter im Regelfall nur schwer vollstreckt werden können. Denn diese sitzen nicht ohne Grund auf Malta oder in Gibraltar. Niedersachsen hat die zentrale bundesweite Zuständigkeit, es hat auch bereits erfolgreiche Verfahren gegeben. Der Weg ist allerdings bei jedem einzelnen Verfahren immer wieder lang: Zunächst muss dem Anbieter eine Verfügung zugestellt werden. Schon das ist oftmals nicht ganz einfach, weil der im Ausland sitzende Anbieter nicht immer das internationale Einschreiben annimmt – schließlich kann er bereits ahnen, was sich im Umschlag befindet. Wenn die Verfügung aber zugestellt wurde, wird der Zahlungsanbieter kontaktiert, um Geldströme zu blockieren. Der Ansprechpartner muss dabei nicht unbedingt die Hausbank der Spieler sein, schließlich bieten Anbieter auch Zahlungen über Visa oder Mastercard an. Man verfolge einen „kooperativen Ansatz“ und arbeite derzeit mit mehreren betroffenen Zahlungsanbietern im In- und Ausland zusammen, heißt es aus dem Innenministerium. Die Kreditinstitute sind durchaus kooperationsbereit, weil sie ein eigenes Informationsinteresse haben. Auch für sie ist es schwer zu überblicken, was im Glücksspielmarkt legal und was illegal ist. Und sie wollen ihre eigene Marke schützen.FDP warnt vor „chinesischen Verhältnissen“
Dennoch bleibt es bei einem aufwendigen Hase-und-Igel-Spiel zwischen Behörden und den ausländischen Lotto-Anbietern. „Das ist Ausdruck der verkorksten Gesetzgebung im Glücksspielwesen“, kritisiert Christian Grascha, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion, der die Glücksspielanfrage an die Landesregierung gestellt hat. „Der Staat wird immer in der ‚Hase-Rolle‘ bleiben, solange es keinen regulierten Markt mit legalen Anbietern gibt.“ Das Sperren von Internetseiten ist für Grascha keine Lösung, er spricht von „chinesischen Verhältnissen“. Aus dem Innenministerium heißt es, aus fachlicher Sicht seien auch andere Regulierungsmodelle des Online-Glücksspielmarktes denkbar. Es ließe sich aber nicht eindeutig feststellen, ob sie besser funktionierten. Einen konkreten Verbesserungsvorschlag gibt es allerdings aus dem Ministerium: „Die Aufsicht über Online-Glücksspielangebote wäre durch eine länderübergreifend zuständige Behörde grundsätzlich effektiver leistbar.“Hessen und Nordrhein-Westfalen könnten im bundesweiten Kampf gegen illegales Glücksspiel die neuen Sorgenkinder sein.
Die Bekämpfung des Online-Glückspiel bleibt derweil nicht nur komplex, sondern auch fragil. „Sonderwege einzelner Länder bei der Glücksspielregulierung gilt es zu vermeiden; sie drohen den Vollzug in allen Ländern zu schwächen“, heißt es in der Antwort des Ministeriums auf die FDP-Anfrage. Hessen und Nordrhein-Westfalen könnten die neuen Sorgenkinder sein. Denn während Schleswig-Holstein schon seit längerer Zeit eigene Wege geht, stimmten jetzt auch Hessen und NRW gegen einen geänderten Glücksspielstaatsvertrag, in dem es allerdings lediglich um die Sportwetten ging.
Sollten mehrere Länder beim Glücksspiel künftig unterschiedliche Wege verfolgen, bekommen die Behörden gleich zwei Probleme. Zum einen könnten die Anbieter die Länder gegeneinander ausspielen. Zum anderen könnte auch der Europäische Gerichtshof dem aktuellen Vorgehen einen Strich durch die Rechnung machen. Denn dann gäbe es in Deutschland keine kohärenten Glücksspielregulierung und Verfolgung mehr.
„Gefahren rechtzeitig erkennen!“, steht über der Internetseite zur Spielsuchtprävention von Lotto Niedersachsen. Für die Behörden ist das im Kampf gegen illegales Glücksspiel gar nicht so einfach – denn die Gegner agieren 2700 Kilometer entfernt im Steuerparadies Gibraltar. (MB.)