3. Mai 2025 · 
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Landtagspräsidentin Naber: Armut ist ein Stresstest für die Demokratie

Hans-Joachim Lenke und Hanna Naber im Gespräch mit NDR-Moderatorin Christina von Saß. | Foto: Kleinwächter

Hanna Naber, Landtagspräsidentin, sieht in der wachsenden Armutsquote im Land einen „Stresstest für die Demokratie“. „Dass die Menschen unterschiedlich viel Geld verdienen, ist im Kapitalismus so – aber die Schere klafft schon weit auseinander“, sagte die SPD-Politikerin bei einem Gesprächsformat auf dem „Forum Diakonie“ beim Kirchentag. „Ein funktionierender Sozialstaat leistet einen wichtigen Beitrag für die Demokratie“, erwiderte Hans-Joachim Lenke, Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen. Zuvor bezeichnete er die Arbeit der Diakonie als Reparaturbetrieb, die zumindest die Symptome der Ungerechtigkeit bearbeiten könne. Allerdings stehe die Finanzierung der diakonischen Arbeit zunehmend unter Druck. Dass die künftige Bundesregierung nun einen größeren finanziellen Spielraum haben wird, lobte Lenke. Auch Naber sieht in den angekündigten Investitionen in die Infrastruktur ein Instrument, um die Enttäuschten von der AfD zurückzugewinnen. „Studie zeigen, dass die Menschen dort, wo weniger Busse halten, eher bereit sind, rechtsextrem zu wählen“, sagte die Landtagspräsidentin und fügte an: „Nur Reiche können sich einen armen Staat leisten.“ Das Aufstiegsversprechen, das ihre eigene Vita geprägt habe, müsse wieder eingelöst werden. „Wir können es uns nicht leisten, 20 Prozent der Bevölkerung auf Dauer aufzugeben und mit denen nicht zu reden“, sagte Lenke in Bezug auf die AfD-Wähler. „Das ist anstrengend, aber da kommen wir nicht drum herum.“ Naber forderte, Formate zu suchen, mit denen jene erreicht werden, die sonst nicht mehr die Angebote der Diakonie wahrnehmen, nicht zur Kirche gingen oder wählten. Sie selbst habe in der Corona-Zeit Menschen zum Gespräch geladen, die in ihren Mails besonders viele Ausrufezeichen und Großbuchstaben verwendet hätten. Anschließend sei man zwar nicht immer einer Meinung gewesen, aber man habe sich anständig voneinander verabschiedet. Als Problem der Politik beschrieb Naber den Umstand, dass politisches Handeln lange viel zu kurzfristig angelegt gewesen sei. „Der Fokus muss sein, dass es den Menschen gut geht, und nicht, dass die eigene Partei in ihrer Regierungszeit noch von den eingeleiteten Schritten profitiert.“ Die Bürger entlässt die Landtagspräsidentin dabei allerdings auch nicht aus ihrer Pflicht: „Der Staat ist kein Pizzaservice“, sagte Naber – wie kürzlich auch Thomas de Maizière (CDU). „Der Staat muss zwar funktionieren, aber die Gesellschaft muss auch ihren Beitrag leisten.“ Das Pizza-Beispiel denkt sie dementsprechend weiter: „Die Menschen müssen den Teig kneten oder den Belag vorbereiten. Und manchmal bekommt man dann auch mal Paprika obwohl man Champignons wollte – aber dann muss man akzeptieren, dass auch das trotzdem ein gutes Gericht ist.“

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #082.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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