12. März 2023 · Inneres

Landräte mit acht Jahren Amtszeit? Weil und Behrens machen Kreisen Hoffnung

Die Rufe der Kommunalverbände ertönen schon lange – und jetzt auch wieder. Viele Bürgermeister und Landräte meinen, die Amtszeit der Verwaltungschefs (in der Regel fünf Jahre nach Wahl durch die Bürger, und das vorzugsweise parallel zur Kommunalwahl) müsse ausgeweitet werden. „Das ist für uns ein großes Anliegen“, sagt Frieslands Landrat Sven Ambrosy (SPD), Präsident des Niedersächsischen Landkreistages (NLT), in der Landkreisversammlung in Lüneburg.

„Die Haushaltsplanung ist so dramatisch wie seit Jahrzehnten nicht mehr“, sagt NLT-Präsident Sven Ambrosy bei der Landkreisversammlung in Lüneburg. | Foto: NLT

Man finde für die wichtige Aufgabe immer weniger geeignete Leute, da die Amtszeiten mit fünf Jahren zu kurz seien. Nun hatte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) schon im Sommer vergangenen Jahres vor dem Städte- und Gemeindebund Gesprächsbereitschaft über eine Verlängerung angedeutet. Nach der diesjährigen internen Zusammenkunft der 38 Landräte in Lüneburg, an der auch die neue Innenministerin Daniela Behrens (SPD) teilnahm, sagte Ambrosy: „Wir freuen uns über erste Signale, dass es hier Veränderungen geben kann.“ Teilnehmer berichten, Behrens habe keine konkreten Zusagen mitgeteilt, sondern lediglich noch einmal die Offenheit für Reformen unterstrichen.

Das tat auch Weil, der am zweiten Tag der Versammlung ein Grußwort hielt und seinerseits „Gesprächsbereitschaft mit offenem Ergebnis“ äußerte. Aus SPD-Kreisen hatte es in den vergangenen Monaten wiederholt geheißen, eine achtjährige Amtszeit werde von vielen als „zu lang“ angesehen, da damit das Übergewicht der Macht des Verwaltungschefs gegenüber den ehrenamtlichen Rats- und Kreistagsmitgliedern noch zunehme. Sechs oder sieben Jahre seien aber vorstellbar. Denkbar, aber noch nicht offen ausgesprochen ist parallel eine Verlängerung der Wahlzeiten der Gemeinde- und Kreisvertretungen auf sechs Jahre statt bisher fünf.

Im Mittelpunkt der diesjährigen Kreisversammlung stand jedoch die Gesundheitsversorgung. Viel Lob erfuhr dabei zunächst das noch von der Großen Koalition im Landtag beschlossene Krankenhausgesetz, das die Einteilung der Kliniken in Versorgungsstufen vorsieht – und eine Auffanglösung für jene kleinen und unwirtschaftlichen Kliniken, die dann nicht mehr Krankenhäuser bleiben können, sondern „Regionale Gesundheitszentren“ werden sollen. Scharfe Kritik ernteten in Lüneburg gleichzeitig die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) entwickelten, aber noch sehr groben Reformideen für die Bundesebene. Auch dort ist eine Einteilung in Versorgungsstufen vorgesehen, allerdings weit komplizierter zugeordnet. „Komplex und unübersichtlich“ nennt der NLT die Überlegungen des Bundes, da die Fallpauschalen-Erstattung nur an Krankenhäuser gehen soll, die eine Versorgungsstufe haben.

Die Landkreisversammlung hat bei ihrem Treffen in der Hansestadt den "Lüneburger Appell" beschlossen. | Foto: NLT

62 Krankenhäuser könnten Finanzierung verlieren

Wie vor wenigen Tagen die CDU ausgerechnet hat, könnten somit im schlimmsten Fall 62 der 164 niedersächsischen Krankenhäuser ganz den Anspruch auf eine Finanzierung verlieren. Der NLT schlägt in seiner Landräteversammlung Alarm und sieht noch schlimmere Szenarien: „Keinesfalls darf es zu einer kalten Strukturbereinigung durch ungesteuerte Schließung von Kliniken kommen.“ NLT-Präsident Ambrosy zitierte Landes-Gesundheitsminister Andreas Philippi, der gemeint habe: „Der erste Aufschlag des Bundes landet im Aus.“ Ambrosy meinte, Lauterbachs Überlegungen würden „verheerende Auswirkungen auf viele Krankenhäuser in Niedersachsen“ haben, am Ende könne das Land womöglich „nur sieben echte und 15 halbwegs ausgestattete Krankenhäuser behalten“. Er fügte hinzu: „Das ist nicht ansatzweise akzeptabel und muss vom Tisch.“ Auch Weil sagte in seiner Rede, die Regierung sei sich hier in vielen Punkten mit dem NLT einig.

Streit über Finanzen und Anhörung

Ambrosy erklärte, der NLT werde vor dem Staatsgerichtshof klären lassen, ob die zu Corona-Zeiten gewährte Anhörungsfrist für eine Änderung der Kommunalverfassung – damals nur zwei Werktage – überhaupt noch hingenommen werden müsse. Das Anhörungsrecht sei damit missachtet worden. Was die Landes-Zuschüsse für bestimmte Bereiche angehe, gebe es einen großen Nachholbedarf: Die 58-Prozent-Erstattung bei den Kindergarten-Personalkosten decke nicht mal die Hälfte der Aufwendungen ab, mindestens 66 Prozent seien nötig – und über die Finanzierung und Ausbildung der Drittkräfte müsse noch gesprochen werden. Die Standards müssten befristet ausgesetzt werden. Nötig sei außerdem ein „Pakt für den Katastrophenschutz“ mit „fünf mal 100 Millionen Euro“ gestreckt über mehrere Jahre. Im internen Teil der Versammlung wurde diskutiert, ob das Land die stärkere Ausstattung der Kommunen mit modernen Sirenenanlagen finanziell großzügig unterstützen sollte.

Dieser Artikel erschien am 13.3.2023 in Ausgabe #046.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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