12. März 2020 · 
Soziales

Landesregierung stellt sich auf hohe Ausgaben wegen Corona ein

Die Corona-Krise hat auch am Donnerstag die Landespolitik in Atem gehalten. Am Nachmittag sickerte die Entscheidung des Krisenstabes durch, schon ab Montag die Schulen zu schließen und sie erst nach den Osterferien am 18. April wieder zu öffnen. Die Landesregierung hat sich allerdings bis gestern Abend diese Position noch nicht zu eigen gemacht. Unterdessen laufen die Vorbereitungen für einen Nachtragshaushaltsplan auf Hochtouren. Wie es heißt, soll im Einzelplan 13 des Finanzressorts ein Globaltitel eingerichtet werden, der zwischen 200 und 400 Millionen Euro ausmachen kann. Nicht vorrangig die Beschaffung von medizinischem Gerät soll damit finanziert werden, denn die Engpässe etwa an Beatmungsgeräten seien überschaubar, heißt es. Es geht aber um Entschädigungen: Wenn Berufstätige davon abgehalten werden, ihre Arbeit auszuüben, weil sie beispielsweise auf behördliche Weisung zuhause bleiben sollen, können sie vom Staat eine Entschädigung als Verdienstausfall verlangen. Das steht in Paragraph 56 den Infektionsschutzgesetzes. Nun könnte es sein, dass das Land im größeren Umfang Menschen verpflichten wird, ihrem Arbeitsplatz (etwa in größeren Einheiten) fern zu bleiben. Dann können Forderungen auf den Staat zukommen, die vermutlich das Land zunächst erfüllen müsste.
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Die Krankenhäuser, teilte Gesundheitsabteilungsleiterin Claudia Schröder gestern im Sozialausschuss mit, seien gut vorbereitet. Entscheidend sei, die Geschwindigkeit der Ansteckung so lange wie möglich unter Kontrolle zu halten. Man sehe das Worst-Case-Szenario, bei dem sich 70 Prozent der Bürger ansteckten, es hierbei 20 Prozent schwere Verläufe gebe und ein Teil davon ins Krankenhaus müsse. „Das kriegen wir hin, wenn sich das über einen längeren Zeitraum erstreckt. Wir haben die Strukturen dafür“, sagte Schröder. „Wenn das aber alles in zehn Tagen passiert, sieht das anders aus.“ Die Explosion der Ansteckungsverläufe sei auch das Problem in Italien. https://www.youtube.com/watch?v=3VJ1l0ZZ-nQ&t=11s Krisenstab: Niedersachsen setzt laut Schröder alles daran, die Verbreitung so lange wie möglich hinauszuzögern. An diesem Donnerstag wird zum ersten Mal der neue Krisenstab zusammentreten, an dessen Spitze Heiger Scholz, Staatssekretär im Sozialministerium, stehen wird. Die Geschäftsführung übernimmt das Innenministerium. Es werde eine Besetzung in zwei Schichten geben, damit das Gremium zu jeder Zeit voll einsatzfähig sei. Scholz und seine Kollegen tagen dann regelmäßig im Lagezentrum des Innenministeriums. Dort sind auch Polizei und Katastrophenschutz zur Stelle. Schutzmaßnahmen: Laut Sozialministerium wird man sich in Niedersachsen auf weitere Verschärfungen der Schutzmaßnahmen einstellen müssen. Man habe bereits Kaskaden vorbereitet. „Unser gesellschaftliches Leben wird temporär zum Erliegen kommen“, erklärte Schröder im Sozialausschuss. Sie appellierte an die Kommunen, Veranstaltungen ganz eng und restriktiv zu prüfen und im Zweifel abzusagen. Zudem sollen die Hausärzte darüber informiert werden, Reiserückkehrer aus Österreich auf das Virus zu testen. „Wir sehen die Fallzahlentwicklung in Österreich und gehen davon aus, dass das Land sehr schnell zum Risikogebiet erklärt wird.“ Schulen: Die ersten Schulen sind bereits gestern aufgrund von Anweisungen lokaler Behörden geschlossen worden. Landesweit dürften die Schulen nun ab dem kommenden Montag bis zum 14. April in die Osterferien gehen. Das hat der Krisenstab nach Rundblick-Informationen gestern beschlossen, doch von der Landesregierung wurde diese Empfehlung bisher noch nicht abgesegnet. Urlaub: Man wolle an das Landespersonal noch einmal den Appell richten, sich gut zu überlegen, ob man über die Osterferien verreisen wolle, erklärte Schröder. Heute sollen auch alle Personalverantwortlichen an einer Lagebesprechung teilnehmen. „Es geht nicht nur um das Ansteckungsrisiko, sondern auch um die Frage, ob man überhaupt wieder zurückkommt oder vielleicht für eine Zeit in einem Hotel oder an einem Flughafen strandet.“ Schröder wies auch darauf hin, dass die Verantwortlichen im Gesundheitssystem bei den Dienstplänen darauf achten müssten, dass Personal im Notfall zurückgeholt werden könne. „Im Moment ist es eine gute Empfehlung, seinen Urlaub zu Hause zu verbringen. Genießen Sie ihren Urlaub und genießen Sie ihn am besten ganz entspannt zuhause“, sagte die Leiterin der Corona-Koordinierung. Schutzkleidung: Die Kassenärztliche Vereinigung hat sich Schröder zufolge für die nächsten sechs Monate eingedeckt. Das sei auch aktuell der Zeitraum, auf den man sich einstellen müsse. Es werde aber selbstverständlich in dem Zeitraum weiteres Material beschafft. Bei der Verteilung würden zunächst die Testzentren bedacht, die es bis zum Vormittag in 23 von 37 Landkreisen gab. Dann folgten Hausarztpraxen, die die Abstriche vornehmen können.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #050.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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