10. Okt. 2021 · Wirtschaft

Landesregierung prüft Chancen für Wasserstoff-Züge

Beim Klimaschutz, der das große politische Ziel der nächsten Jahre sein soll, gibt es einen Grundsatz: Fossile Energieträger sollen in den Hintergrund treten, neue Energieformen mit möglichst geringem CO2-Ausstoß sollen an ihre Stelle kommen. Das könnte nun bei einem Großprojekt konkret werden, für das in den nächsten Wochen buchstäblich die Weichen gestellt werden sollen. Die Neuausschreibung für das Weser-Ems-Schienennetz steht an, 2026 laufen die bisherigen Verträge aus. Wie das niedersächsische Wirtschaftsministerium auf Anfrage des Politikjournals Rundblick erklärte, liegt dazu inzwischen ein Gutachten der Landesnahverkehrsgesellschaft vor, das „gerade ausgewertet wird“. Sobald das Ergebnis ermittelt sei, biete das die Grundlage für die Ausschreibung. Tatsächlich kommen wohl im wesentlichen zwei Varianten in Betracht. Ein Weg wäre, die Züge mit grünem Wasserstoff zu betreiben – also mit einer Technologie der Zukunft, über die gegenwärtig in allen politischen Bereichen gesprochen wird, auch in den sich entwickelnden Koalitionsgesprächen auf Bundesebene. Die Alternative könnten Elektrozüge sein, also batteriebetriebene Wagen.

Foto: Alstom

Die Weichenstellung, die bei den Fachleuten von Wirtschaftsminister Bernd Althusmann gegenwärtig geprüft wird, ist schon enorm. Die Wasserstoff-Befürworter, zu denen man auch den wiedergewählten Oldenburger Oberbürgermeister Jürgen Krogmann rechnen kann, sieht die Vorzüge in der raschen Handlungsfähigkeit. Obwohl die Strecke Oldenburg-Wilhelmshaven mit Oberleitungen versehen wurde und damit als „elektrifiziert“ gilt, trifft diese Voraussetzung für 70 Prozent des Weser-Ems-Schienennetzes, also den weit überwiegenden Teil, nicht zu. Der OB von Oldenburg meint nun, mit Wasserstoff könne man rasch eine Ergänzungstechnologie finden – die dann pünktlich mit Ende der bisherigen Verträge 2026 verfügbar wäre. Der Energieversorger EWE will im Raum Oldenburg die größte Tankstelle mit grünem Wasserstoff bauen, sie könnte schon 2023 fertig sein. Das Projekt würde sich wohl vor allem dann lohnen, wenn die Züge in der Region ein Großabnehmer wären. Die Alternative eines Batteriebetriebs hätte den Nachteil, dass spätestens nach 90 Kilometern Fahrt die Züge wieder neu aufgeladen werden müssten. Das wäre natürlich dann zu leisten, wenn weitere Oberleitungen eingerichtet werden – doch diese Variante geht ins Geld, für die Elektrifizierung der Strecke Wilhelmshaven-Oldenburg mussten mehr als 430 Millionen Euro investiert werden.

Vor gut zwei Jahren hatten die Grünen das Thema schon einmal im Landtag aufgeworfen, damals erklärte die Landesregierung, man werde den damals schon gelaufenen Probebetriebe mit Wasserstoffzügen sorgfältig auswerten und gewichten. Manche fragen sich nun, warum seither noch keine Ergebnisse vorliegen. Die Form des Ersatzes für die bisher dieselbetriebenen Züge auf dem Weser-Ems-Netz zeichnet sich immer noch nicht ab. Wie es heißt, kann das auch am nicht optimalen Zustand des Netzes liegen, die Schienen sind veraltet. Wenn aber die Züge mit neuer Antriebsart auf einem Schienennetz verkehren, das Lücken und Probleme hat, kann eine gewünschte Verbesserung des Angebots für die Bahnkunden kaum mit garantierten Anschluss- und Abfahrtzeiten einhergehen. Immerhin hat die Landesregierung im Juli 2019 auf eine Anfrage von Detlef Schulz-Hendel (Grüne) im Landtag versprochen: „Angesichts der bisher im Verlauf des Probebetriebs gesammelten positiven Erfahrungen steht die Landesregierung einer künftigen Ausweitung des Einsatzes von Brennstoffzellenfahrzeugen im Schienenpersonennahverkehr auch auf anderen nicht-elektrifizierten Strecken grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber und befürwortet diese.“

Auf Antrag der SPD wird der Landtag an diesem Mittwoch über die Wasserstoff-Strategie der Landesregierung diskutieren. Dabei dürften auch die vom Bund geförderten Projekte, für die dann vermutlich Ko-Finanzierungen der Länder erforderlich werden, zur Sprache kommen.

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #179.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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