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Skeptisch zeigte sich CDU-Fraktionsvize Jörg Hillmer. Es gebe in der Summe bereits zu wenig Ärzte, die überhaupt ausgebildet würden. Fast 10.800 Ärzte würden bis zum Jahr 2030 65 Jahre alt und dann vermutlich in Rente gehen. Trotz der Erhöhung der Zahl der Studienanfängerplätze könne man im Land, wenn alle Plätze besetzt werden könnten, nur 10.500 Ärzte ausbilden. Hinzu käme, dass der Frauenanteil im Medizin-Studium derzeit bei über zwei Dritteln liege, die Teilzeitquote bei Ärztinnen aber 40 Prozent betrage. „Deren Berufswunsch ist nicht unbedingt niedergelassene Ärztin mit 70-Stunden-Woche. Wir müssen für die Zukunft also drei Ärzte ausbilden, um zwei Ärzte zu ersetzen.“ Hilmer zufolge machen die Zahlen deutlich, dass man durch eine Landarztquote in der Gesamtheit nicht einen Arzt mehr bekommen wird. „Der Arzt fehlt dann irgendwo anders im System. Wenn die Decke zu kurz ist, wird es eben immer irgendwo kalt“, so der CDU-Politiker. Der AfD-Abgeordnete Stephan Bothe bezeichnete eine Landarztquote als illusorisches Konzept. „Sozialistischer Zwang wird junge Ärzte nicht dazu bringen, auf dem Land zu arbeiten. Es braucht keine Gesellschaftsprojekte a la DDR, sondern Anreize und Förderung“, so Bothe. Auch die FDP-Politikerin Susanne Schütz hält die Quote für keine gute Idee. Sie sprach sich stattdessen dafür aus, Stipendien weiter auszubauen und Studenten möglichst früh zu ermöglichen, die Arbeit in Landarztpraxen kennenzulernen. Das gebe es bereits an der European Medial School in Oldenburg, in der Studenten bereits im ersten Semester in Lehrpraxen gingen.
Auch mit einer Landarztquote fehlt der Arzt dann irgendwo anders im System. Wenn die Decke zu kurz ist, wird es eben immer irgendwo kalt.
Jörg Hillmer (CDU)
Die SPD-Abgeordnete Thela Wernstedt plädierte dafür, nicht mehr in bestehenden Strukturen zu denken, sondern innovative Konzepte zu entwickeln. In Frage stellen könne man zum Beispiel, ob das Konkurrenzprinzip in allen Lebenslagen und unter allen Umständen das beste Prinzip sei, um Versorgung zu organisieren. „In Ballungsgebieten gibt es eine große Zahl konkurrierender Pflegedienste, die zu bewerten aus Patientensicht schwer ist. In der Fläche gibt es dagegen zu wenige oder personell unterbesetzte Pflegedienste.“ Man könnte Wernstedt zufolge auch Abschied nehmen von der westdeutschen Doktrin, dass nur ein Einzelkämpfer-Hausarzt richtig sei. Um die hausärztliche Versorgung auf dem Land zu sichern, könnte man stattdessen mehr angestellte Ärzte mit Zeitverträgen beschäftigen.
Sowohl Wernstedt als auch die Grünen-Politikerin Meta Janssen-Kucz sprachen sich für eine bessere Bedarfsplanung aus. Die Welt habe sich weitergedreht, die Bedarfsplanung nicht, kritisierte Janssen-Kucz.
