1. Feb. 2024 · TagesKolumne

TagesKolumne: Kühe gegen Romantik

Noch bin ich völlig damit ausgelastet, Weihnachtsdeko und Süßkram zum Schnäppchenpreis zu jagen. Doch die Ostereier vor der Supermarktkasse erinnern unerbittlich daran, dass das Leben weitergeht. Energisch mahnen die Werbeanzeigen lokaler Gastwirte, dass es höchste Zeit wird, den wichtigsten Feiertag dazwischen zu planen: Valentinstag. Und dass wir mit den Gastronomen solidarisch sein sollen, ist ja inzwischen überall angekommen.

Jetzt wird es romantisch. | Foto: Sondem

Im vorigen Jahr platzte in diese penetrant nach Rosen duftende Jahreszeit die Meldung, dass sich das indische Ministerium für Fischerei, Viehzucht und Milchwirtschaft eine Alternative überlegt hat: Der 14. Februar wurde kurzerhand zum „Umarme eine Kuh-Tag“ deklariert. Eine Kuh zu umarmen mache glücklich, argumentierten die Fachleute, die es ja wissen müssen. „Super Idee für Niedersachsen“, war mein erster Gedanke. Oder auf jeden Fall besser, als Mäusespeck und Tiefkühlpizza in Herzform zu verkaufen.
 
Doch dann erfuhr ich, dass die Sache einen ernsten Hintergrund hat. In Indien werden junge Paare, die am 14. Februar zusammen ausgehen, übelst bedroht und attackiert von Hindu-Nationalisten, die den Valentinstag für eine Ausgeburt westlicher Unmoral halten. Mit ihrem Kuh-Kuschel-Vorstoß goss die Regierung noch einmal Öl ins Feuer. Doch die Idee ging in Gelächter unter. In indischen Medien tauchten massenhaft Memes, Karikaturen und Witze auf, in denen sich Spaßvögel ausmalten, wie diese plumpen Flirtversuche wohl bei den Kühen ankommen werden. Die Regierung ruderte zurück, um sich weitere Blamagen zu ersparen. 2024 wird es keinen Kuh-Umarmungs-Tag geben.

Rundblick-Chef vom Dienst Niklas Kleinwächter zeigt auch ein Herz für Kühe. Dieses Exemplar hängt in seinem Büro. | Foto: Beelte-Altwig


 
Was heißt das? Einerseits: Die Pizza Amore und die pinken Pralinen sind politisch. Wenn Sie sich Ihre herzförmige Margherita in den Ofen schieben, können Sie jetzt sagen: Sie zeigen Ihre Solidarität mit jungen Frauen in Indien, die sich ihren Partner und ihren Lebensstil selbst aussuchen wollen. Und andererseits: Lachen verändert doch die Geschichte. Es stürzt vielleicht keine Regierungen, aber es kann sie ziemlich verunsichern.
 
Jetzt ist es ein bisschen unpassend, nach Niedersachsen überzuleiten. Allerdings läuft dort gerade auch nicht alles rund:
 
·      Kultusministerin Julia Willie Hamburg stellte ihre Bilanz zum Schulhalbjahr vor, nachdem Lehrer und Schüler schon am Vortag verkündet hatten, dass es keinen Grund zum Optimismus gebe.
·      Niedersachsen hat 2000 Kilometer Deichlinie zu ertüchtigen, gibt dafür aber weniger aus als Sachsen-Anhalt mit seinen 300 Kilometern.
·      Nach Rundblick-Recherchen hat Innen-Staatssekretär Stephan Manke Einfluss auf die Oberbürgermeisterwahl in Goslar genommen.
 
Aus dem Haushaltsausschuss, der sich mit den Deichen befasste, haben wir noch folgenden Rat für Sie mitgenommen: Planen Sie das Undenkbare! Gut, oder? Zum Beispiel könnten Sie eine Pizza auf Vorrat einfrieren, falls Sie am Valentinstag überraschenden Besuch bekommen.
 
Ich wünsche Ihnen einen romantischen Donnerstag!
Ihre Anne Beelte-Altwig

Dieser Artikel erschien am 1.2.2024 in Ausgabe #19.
Anne Beelte-Altwig
AutorinAnne Beelte-Altwig

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